Hella Heller - Beim nächsten Mann bleib ich solo

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Constanze verlässt den emotional blockierten Albert – wie schon vor dreißig Jahren, als sie als Studentin ihren Dozenten anhimmelte: «Beim nächsten Mann wird alles anders.» Damals kehrte sie zu Assistenzarzt Albert zurück … Nach langer Ehe will sie nun aber einen Schlussstrich ziehen. Constanze startet neu durch! Ob ihr der Absprung diesmal gelingt?
Constanze Wechselburger, keck und mit feministischem Aplomb, verkörpert eine ›emanzipierte‹ Frauengeneration des Übergangs zwischen Abhängigkeit und Eigenständigkeit.

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Hella Heller

BEIM NÄCHSTEN MANN BLEIB ICH SOLO

Roman

Inhalt 1 Erwachen 2 Heiliger Bimbam 3 Der Entschluss ist gefallen 4 - фото 1

Inhalt

1. Erwachen

2. Heiliger Bimbam!

3. Der Entschluss ist gefallen

4. Annabell, oh, Annabell

5. Der Antrag

6. Mamma Mia

7. Ein Abend mit Olivia

8. Durchblick

9. Hoppla!

10. Schwarze Romantik

11. Arbeit am Lebensglück

12. Die Mauer

13. Fraueninsel

14. Wind um die Wohnung

15. Den Abflug machen

16. Ein Schock

17. Fragen über Fragen

18. Noch ein Schock

19. Play the Opossum!

20. Step by step

21. Lebenslauf

22. Erschütterungen

23. Einen Hugo, bitte!

24. Der schwarze Kontinent

25. Bravo, bella!

26. Hellau!

27. Back to the roots

28. Schreibwut

29. Sonntag, der dreizehnte

30. Eisiger Wind

31. Frühlingserwachen

32. Zu viel des Guten

33. Hirsche und Rehe

34. Der Achtsamkeits-Kurs

35. Nachverhandlung

Lesbisch werden in sieben Tagen

36. Dramaturgischer Absturz

37. Töchter trösten

38. Die Antwort

39. Erste Hilfe

40. Der Tanzbären-Kurs

41. Der Mai ist gekommen

42. Die Blätter schlagen aus

43. Umgang mit Alphatieren

44. Der Untermieter

45. Fronleichnamsfest

46. Kontakte mit Folgen

47. Die Luft wird dünn

48. Erstaunliche Mitteilungen

49. Hausnummer

50. Sommeranfang

51. Alte und neue Bindungen

52. Geist, Esprit, Spirit und Käse

53. Überraschung!

54. Es lebe der Widerstand!

55. Da kommt was in Bewegung

56. Knallharter Deal

57. Es lebe die Unabhängigkeit

58. Briefpost

59. Auftriebe und Umtriebe

60. Glibbergene

61. Ich muss, ich muss

62. Flaschenpost

63. Faktencheck

64. Feuersbrunst

65. Geistesflügel

66. Sahneschnitte, bitte

67. So tickt die Welt

68. Einfach genial

69. Miau!

70. Der Knaller

71. Alter!

72. Diverses

73. Wunderbare neue Welt

74. Hellas!

75. Nach Lage der Dinge

76. Fundstücke

77. Gemeinheiten

78. Nestkoller

79. Bonjour, mamie!

80. Frohe Weihnachten

81. Die Jugend von heute

82. Schlussstriche

83. Begegnungen anderer Art

84. Schmalzvoll

85. Doppelpack-Terror

86. Trennungsfreuden

87. Schlechter Empfang

88. Überraschende Begegnung

89. Morgens am Main

90. Erfolgsstory

91. Träum weiter

92. America first

93. Breaking news

94. Das Fest

Noch mal von vorn

Nachwort und Dank

1. Erwachen

Der Alptraum war vorbei. Ich war nicht mehr Kate Middleton, die sich soeben mit Prinz William verlobt hat. Wobei er mir – dreißig Jahre nach der Verlobung seiner Eltern – den brilliantenbekränzten blauen Saphir der Lady Di auf den Finger steckte. »Kate! Nimm den Verlobungsring von Mum als Zeichen meiner ewigen Liebe! Ich wollte ihn dir schon lange geben, habe aber extra bis heute gewartet, damit wir diesen besonderen Tag im Geiste mit ihr teilen können!«, sagt William.

»O Willy-Darling!«, hauche ich, »how rührend! «

Und da ist es, das legendäre Kleinod, extra erweitert, damit es auf meinen Finger passt! Stolz hebe ich die Hand. Prachtvoll glitzert der Saphir in der Sonne Kenias, wohin unsere Verlobungsreise uns geführt hat.

Leider ist der Ring eine Idee zu weit geraten. Denn als ich die Hand wieder sinken lasse, rutscht er mir vom Finger und schwupp, springt das Mistding davon.

Williams Blick treibt mir den Angstschweiß auf die Stirn. Entschlossen werfe ich mich auf die Knie und durchwühle den kenianischen Straßenstaub nach der Preziose. Die Paparazzi, diese Aasgeier, knipsen wie blöd, wie ich im Dreck umherkrieche …

Vor Verzweiflung wurde ich wach. Und obwohl ich nun wieder Constanze Wechselburger-Auerbach hieß und mir Royals und Brillis schnurzpiepegal sind, war mir die Sache peinlich. Der Verlust dieses Ringes würde dem armen William das Herz brechen! Wo er doch gerade dabei war, mir das heilige Band der Ehe zu versprechen!

Zum Glück hat Albert mir vor dreißig Jahren genau den gleichen Ring geschenkt. Er ist zwar nicht ganz so teuer gewesen (89,– Mark bei Tchibo), sieht aber richtig echt aus. Falls William in meinen nächsten Träumen weiter um seinen Verlobungsklunker trauern würde, konnte ich ihm den von Tchibo schenken. Gesetzt den Fall, mir fiele ein, wo Alberts Ring war. Weggeworfen hatte ich ihn bestimmt nicht. Schon weil es das einzige geblieben ist, was dieser Geizhals mir überhaupt je geschenkt hat.

Gerade wollte ich beruhigt wieder eindösen, da rief ein Kuckuck. Ich wusste, was nun kam. Im Abstand von je einer Minute würden sechs weitere rufen. Die übrigen lauerten auf ihren Einsatz, mussten aber stumm bleiben. Das war eine meiner Bedingungen dafür, dass Albert im Flur unserer Wohnung achtundzwanzig Kuckucksuhren aufhängen durfte. Albert und ich bemühen uns beziehungstechnisch um Ausgewogenheit.

Unsere Altbauwohnung liegt im Frankfurter Nordend und ist riesig. Als wir von Berlin-Kreuzberg in die Mainmetropole umgezogen waren, weil Albert hier seine erste Stelle als Assistenzarzt bekam, hausten wir anfangs zu siebt in zwei Tür an Tür liegenden Etagenwohnungen. In der WG wohnten lauter Leute, die Medizin studierten oder gerade in der Chirurgie anfingen. Meist war noch ein Haufen Besuch da, der vom Job her auch Körper flickte, deshalb ging es schon beim Frühstück um unappetitliche Themen. Als Frau mit filmischem Auge war das für mich eine Herausforderung. Andererseits könnte ich seither manch eine Operation medizinisch präzise durchführen – gewusst wie!

In den Jahren darauf kamen Rosa und Ben zur Welt. Die WG löste sich auf, wir rissen die Wand zwischen den beiden Wohnungen ein, und ab da verfügten Albert und ich mit unseren Kindern über 155 Quadratmeter. Der einzige Nachteil ist, dass alle sieben Zimmer von einem endlosen dunklen Flur abgehen. An sich läuft man in unserer Wohnung ewig durch diesen Schlauch. Wir nennen ihn darum den langen Jammer.

Im langen Jammer ist die linke Wand über und über mit Kuckucksuhren behängt. Eine Uhr neben der anderen. Ich finde Kuckucksuhren völlig bescheuert, aber ich stamme auch nicht aus dem Schwarzwald. Albert dagegen kommt vom Titisee. Er behauptet aber, er sammele nicht aus Heimatverbundenheit. Das sei echte Uhrmacherkunst. Der internationale Markt lechze nach der schwäbischen Kuckucksuhr. Als Anlageobjekt! Ein Vogelhaus mit Gehängen dran … haha! In meinen Augen war und blieb das billiger Touristenkitsch.

Zum Ausgleich sicherte ich mir die Gestaltungshoheit über die rechte Flurseite. Auf der gesamten Länge der Wand habe ich selbstgefertigte Kunstobjekte verteilt – Gemälde und Zeichnungen. Mein Stil ist sozialkritisch-feministisch, bewahrt dabei aber das mädchenhaft Naive, mit dem ich als Fünfjährige zu malen anfing. Der Flair des Kindhaften steht im bewussten Spannungsbogen mit der Schärfe meiner politischen Botschaft. »Küss mich, ich bin keine Beischlafmaschine« heißt eines meiner Werke, »Henne und Ei« ein anderes. Mein größtes Kunstobjekt ist einen Meter fünfzig breit und behandelt das Thema »Jugendwahn«. Es ist eine Blümchenwiese aus Plastik, die ich mit Gold- und Silberfarbe übergossen habe, und aus dem Ganzen ragt ein dreckigweißer alter Chuck! Das Objekt trägt den Titel »Fit wie ein Turnschuh!«.

Um die sozialkritisch-feministische Note meiner Bilder noch zu unterstreichen, habe ich meine Flurwand plus Deckenhälfte himmelblau grundiert und mit Schäfchenwölkchen bepinselt. Sozialkritische Kunst gegen Wolkenkuckucksheim! Ha!

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