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Barbara Cartland: Drache und Diamant

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Barbara Cartland Drache und Diamant

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Ein Roman aus der schillernden Welt Chinas zur Zeit des Boxeraufstandes. Stanton Ware, ein englischer Major, ist in geheimer Mission unterwegs, um die von den Boxern drohende Gefahr abzuwenden. Begleitet wird er von Zivana, Tochter eines emigrierten russischen Prinzen, einer bildhübschen und hochintelligenten Frau. Aus dem Team zur Erledigung der bisweilen äußerst schwierigen und lebensgefährlichen Rettungsmission wird allmählich ein verliebtes Paar…

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1 ~ 1900

»Ich kann Ihre Besorgnis nicht verstehen, Major Ware«, sagte Sir Claude Macdonald.

»Dem Premierminister sind Gerüchte von beträchtlichen Unruhen in den Provinzen zu Ohren gekommen.«

»In China gibt es immer irgendwelche Unruhen, und ich kann Ihnen versichern, daß ich sehr wohl in der Lage bin, mit jeder möglichen Situation fertig zu werden.«

Sir Claude sprach in beinahe scharfem Ton, als fürchte er, seine Autorität könne in Frage gestellt sein.

Stanton Ware, der ihn nachdenklich betrachtete, pflichtete insgeheim dem Premierminister bei, der ihm gegenüber einmal angedeutet hatte, daß Sir Claude nicht der richtige Mann am richtigen Platz sei.

Der Marquis von Salisbury war zu taktvoll gewesen, um deutlicher zu werden. Seine Berater im Außenministerium hingegen hatten kein Blatt vor den Mund genommen, noch weniger die Presse.

So hatte der Korrespondent der »Times« geschrieben:

Jedermann mißbilligte seine Ernennung. Man warf ihm mangelnde Bildung vor... Schwäche, Geschwätzigkeit, Leichtfertigkeit. Der Typ eines Militärbeamten der zunächst mit großen Worten herausgebracht wird und sich dann als Seifenblase entpuppt .

Stanton Ware hatte gelacht, als er den Artikel gelesen hatte. Jetzt jedoch betrachtete er Sir Claude Macdonald voller Zweifel; er spürte, daß er nicht in der Lage sein würde, die Situation zu beherrschen, wenn ihm die Dinge aus der Hand glitten. Und das war zu erwarten.

Es war wirklich eine Tragödie, daß England gerade jetzt von einem Gesandten repräsentiert werden sollte, der über keinerlei Erfahrungen mit dem chinesischen Volk verfügte, wenn man von seiner Zeit als Militärberater in Hongkong absah.

Einer seiner Kritiker hatte Sir Claude einmal als eine »große, einfältige Bohnenstange mit übertrieben langem Schnurrbart« bezeichnet.

Das letztere stand außer Zweifel, und Sir Claude zwirbelte ihn selbstgefällig.

»Sie können dem Premierminister mitteilen, Major Ware, daß wir alles unter Kontrolle haben und die wenigen Zwischenfälle, die sich zugetragen haben, wirklich kaum von Bedeutung sind.«

Stanton Ware antwortete nicht sofort.

»Ich meine, daß der Mord an Brooks schon von Bedeutung ist, insbesondere für ihn selbst«, sagte er schließlich.

»Brooks war ein Missionar«, erwiderte Sir Claude, »und die Missionare haben in China schon immer für Ärger gesorgt, seit man ihnen im Jahre 1860 die Einreise erlaubte. Die Chinesen machen ihnen zum Vorwurf, daß sie ihren Ahnenkult, der für sie von tiefer Bedeutung ist, untergraben.«

»Ich weiß das sehr genau«, entgegnete Stanton Ware, »doch leider kümmern sich die chinesischen Christen häufig nicht um die Gefühle ihrer Mitbürger.«

Er dachte daran, wie die Missionare chinesische Tempel beschlagnahmt hatten mit der Rechtfertigung, daß sie früher Eigentum der Kirche gewesen seien und die Chinesen lediglich die Erlaubnis erhalten hätten, ihre heiligen Stätten zu errichten. Die Franziskaner versuchten sogar, Mietrückstände für die letzten dreihundert Jahre einzutreiben.

»Ich wiederhole, daß ich solchen Vorkommnissen nur geringe Bedeutung beimesse«, erklärte Sir Claude. »Von viel größerer Bedeutung für uns sind die Machtverhältnisse in China, die vor vier Jahren aus dem Gleichgewicht gebracht wurden, als russische Kriegsschiffe in Port Arthur einliefen.«

In diesem Punkt mußte Stanton Ware ihm zustimmen.

Die fünf Großmächte umkämpften ihre Positionen in China und teilten es auf - wie ein Karikaturist es zutreffend darstellte - wie eine Melone.

Und so verhinderten tatsächlich nur ihre Mißgunst und die ständige Rivalität zwischen den westlichen Großmächten, daß sie sich noch mehr von China einverleibten, als bereits geschehen war.

Stanton Ware jedoch wußte, daß die Mandschus in Peking, der nördlichen Hauptstadt des Reichs des Himmels, sich selbst etwas vormachten, wenn sie glaubten, stark zu sein und daß China die fremden Einflüsse würde überwinden können.

Ein Angehöriger des Außenministeriums beschrieb diese Situation sehr treffend: »Die Mandschus sind arrogant und schwach, die Europäer arrogant und schwach. Das Resultat wird Krieg sein.«

Als wüßte er, daß Stanton Ware nicht davon überzeugt war, daß es keine Krise gab, fuhr Sir Claude fort: »Wir können hundertprozentig darauf vertrauen, daß die Witwe des Kaisers innere Schwierigkeiten im Lande erfolgreich bewältigen wird.«

»Der Witwe des Kaisers vertrauen?« wiederholte Stanton Ware erstaunt. »Das kann nicht Ihr Ernst sein! Die in London eintreffenden Berichte zeigen deutlich, daß die Kaiserin - auch wenn sie es nicht zugibt - sehr fremdenfeindlich eingestellt ist.«

Sir Claude lachte und zwirbelte erneut die Enden seines Schnurrbarts.

»Mein lieber Major, die Witwe des Kaisers lud meine Frau und die anderen Damen der Gesandtschaft in die Verbotene Stadt zum Tee ein, um ihren Geburtstag zu feiern und die guten Beziehungen zwischen Ost und West zu untermauern.«

Er nahm an, daß Stanton Ware nichts davon wußte, und fuhr lächelnd fort: »Die Kaiserin - oder der alte Buddha, wie wir sie gewöhnlich nennen - schenkte jedem ihrer Gäste einen großen, in Gold gefaßten und mit Perlen besetzten Ring und bot ihnen eigenhändig Tee aus einem kostbaren Jadebecher an.«

»Sehr großzügig«, murmelte Stanton Ware ironisch.

»Es war eine symbolische Geste«, erklärte Sir Claude. »Die Kaiserin trank zuerst und reichte den Becher mit den Worten ,Wir sind alle eine Familie' weiter.«

»Und Sie glauben ihr?«

Sir Claude zuckte die Achseln.

»Ich sehe keinen Grund, es nicht zu tun.«

»Trotz der Tatsache, daß der I Ho Ch’uan von Tag zu Tag größer wird?«

Sir Claude lachte.

»Der Bund der ,Fäuste der gerechten Harmonie', die wir kurz die Boxer nennen, besteht hauptsächlich aus Jugendlichen, von denen nur wenige älter als neunzehn Jahre sind. Sie konzentrieren sich auf die nördlichen Provinzen, insbesondere an den Grenzen von Shantung und Chihli.«

»Es heißt, daß ihr Einfluß sich weiter ausdehnt.«

»Wohin?« fragte Sir Claude mit einer weit ausholenden Bewegung seiner Hand. »Nur leichtgläubige Chinesen schließen sich den Boxern an, weil diese vorgeben, magische Kräfte zu besitzen. Doch für jeden, der auch nur ein bißchen Verstand besitzt, sind sie nicht mehr als ein Witz.«

»Ich glaube, daß wir diesen Witz überhaupt nicht lustig finden werden«, erwiderte Stanton Ware ernst. »Sie sollten unbedingt Schutztruppen anfordern, Herr Minister, wenigstens für das Gesandtschaftsviertel. «

Sir Claude lachte.

»Schutztruppen? Unsere Truppen hier haben ohnehin zu wenig zu tun. Ich kann dazu nur sagen, Major Ware, Sie machen aus einer Mücke einen Elefanten. Sie sehen Drachen, wo es nur Papierdrachen gibt.«

Er lachte über seinen eigenen Witz.

Stanton Ware erhob sich.

»Danke, daß Sie mir so viel Ihrer Zeit gewidmet haben, Herr Minister. Ich werde dem Premierminister berichten, was Sie mir gesagt haben. Ich bin sicher, es wird ihn sehr interessieren.«

»Sie fahren nach Hause?« fragte Sir Claude.

»Nicht sofort«, antwortete Stanton Ware ausweichend. »Ich habe hier ein paar Freunde, die ich besuchen möchte. Vielleicht gehe ich danach nach Tientsin und nehme ein Schiff nach Hongkong.«

»Dann gute Reise!« sagte Sir Claude. »Es war schön, Sie kennenzulernen, Major Ware. Ich hoffe, Ihr Aufenthalt in Peking gefällt Ihnen.«

Stanton Ware verbeugte sich und verließ das Gesandtschaftsgebäude.

Er hatte gewußt, daß der britische Minister ein bornierter, halsstarriger, dümmlicher Mann war, doch er hatte nicht erwartet, daß er ein solcher Narr war, als der er sich während ihrer kurzen Unterhaltung erwiesen hatte.

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