Vor Monaten hatte er eine Ballade komponiert. Dazu passten die Formulierungen, die traurig, aber zugleich voller Hoffnung waren. Er musste sie sofort niederschreiben.
Leon textete ausschließlich in Englisch. Nach dem Abitur hatte er ein Jahr in einem Musikverlag in London gejobbt. Hatte in der Zeit nicht nur die Sprache fließend sprechen gelernt, sondern sich auch ein breites Fachwissen angeeignet.
Er las die Zeilen über eine unerwiderte Liebe erneut und ihm wurde klar, dass ihn die Frau vom Strand dazu inspiriert hatte. Versonnen betrachtete er die Gitarre und hatte das Gefühl, das Instrument nicke ihm freundlich zu.
„Schön, dass wir beide uns noch immer so gut verstehen“, dachte Leon. Er hielt die Finger erneut über das Feuer, um seine Hände geschmeidig zu machen. Dann spielte er weiter. Sparky und Tschaikowski dösten auf dem Schlafsack. Plötzlich schreckte der Hund hoch und knurrte. Auch der Kater blickte in Richtung der großen Treppe. Seine Schnurrbarthaare zitterten. Nachtschwärmer, die sich ans dunkle Meer setzen wollten? Leon konzentrierte sich wieder auf den Song. Vom Strandabschnitt direkt unter der Höhle erklangen Stimmen. Ehe er sich’s versah, kletterten drei Männer die Felsstufen zu seiner Behausung hoch und bauten sich vor ihm auf.
Er hatte noch nie Besuch von Menschen in dieser Grotte bekommen. Für eine Person mit zwei Haustieren bot sie ausreichend Platz. Doch nun fühlte er sich in die Enge getrieben. Er sprang auf. Sparkys Knurren ging in aggressives Bellen über. Von Tschaikowski, dem Feigling, fehlte jede Spur. Leon schob das Instrument, das für ihn einen unschätzbaren Wert darstellte, in den Hintergrund.
„Nur über meine Leiche“, dachte er. Nie wäre er auf den Gedanken gekommen, dass er eines Tages hier überfallen werden könnte. Pass und EC-Karte lagen bei Bjarne im Safe. In einem Felsspalt hatte Leon ein wenig Bargeld versteckt. Sollten die Eindringlinge also Wertsachen fordern, würde er den Betrag opfern.
Die Männer steckten in dunklen Steppjacken, Jeans und ausgetretenen Turnschuhen. Einer von ihnen trug Vollbart und eine schwarze Wollmütze. Die anderen waren glattrasiert. Sparky stellte sich vor die Männer und hörte nicht mehr auf zu bellen.
Einer der Bartlosen deutete einen Fußtritt in seine Richtung an. „Shut up, bloody dog!“
Der Bärtige ignorierte Sparky, stattdessen funkelte er Leon an. „You have to leave this cave!“ Ihr Akzent ließ vermuten, dass es sich um Einheimische handelte. Also doch kein Überfall. Sie fühlten sich offenbar von seinem Aussehen provoziert. Leon sollte die Höhle räumen.
Ihm fiel absolut kein Argument ein, mit dem er den Eindringlingen seine Anwesenheit an diesem Platz hätte plausibel machen können. Er konnte ihnen schlecht seine traurige Geschichte erzählen. Andererseits störte er hier niemanden. Er hinterließ keinen Müll und machte keinen Lärm. Leon roch eine Alkoholfahne. Der Bartmann schwankte leicht. Er schnaubte wie ein Stier. Leon wollte beschwichtigen und zusichern, dass er seinen Unterschlupf schnellstens räumen werde. Der kräftige Mann sah jedoch nicht so aus, als könne man mit ihm diskutieren. Er drängte sich unsanft an Leon vorbei und trat gegen die Gitarre.
„Please, don’t!“, rief er. Der Typ drehte sich um und kam auf ihn zu. Er musste einen Schritt zur Seite machen, um nicht von seinem Widersacher niedergewalzt zu werden. Dabei stolperte Leon über Sparky, der ein Jaulen ausstieß, kippte nach hinten und knallte mit dem Kopf auf eine Felskante. Dann wurde es dunkel.
Конец ознакомительного фрагмента.
Текст предоставлен ООО «ЛитРес».
Прочитайте эту книгу целиком, купив полную легальную версию на ЛитРес.
Безопасно оплатить книгу можно банковской картой Visa, MasterCard, Maestro, со счета мобильного телефона, с платежного терминала, в салоне МТС или Связной, через PayPal, WebMoney, Яндекс.Деньги, QIWI Кошелек, бонусными картами или другим удобным Вам способом.