249. Im Jahr der Stadt 668 (86 v.Chr.).
Als die Römer am ersten Tag des Jahres das Neujahrsopfer feierten und die Obrigkeiten nach hergebrachter Sitte ihre Ämter antraten, tötete der Sohn des Marius mit eigener Hand einen Volkstribun und schickte seinen Kopf an die Konsuln, einen anderen stürzte er vom Capitol (was noch keinem derselben widerfahren war) und erklärte zwei Prätoren in die Acht.
250. Als Sulla den Peiraieus belagerte und Mangel an Holz hatte, da die meisten seiner Maschinen durch ihr eigenes Gewicht zusammenbrachen und durch beständiges Feuerwerken der Feinde niedergebrannt wurden, vergriff er sich an den heiligen Hainen. So lichtete er die Akademie, den baumreichsten Platz unter den Vorstädten, und das Lykeion.
251. Weil er viel Geld brauchte, plünderte er die Tempel Griechenlands, indem er teils von Epidauros, teils von Olympia die schönsten und kostbarsten Weihgeschenke holen ließ. Den Amphiktyonen schrieb er damals nach Delphi, es wäre besser, wenn sie ihm die Schätze des Gottes verabfolgen ließen; denn er würde sie entweder sicherer verwahren oder, wenn er sie angreifen müsste, später in gleicher Summe zurückerstatten.
Als die Amphiktyonen das noch übrige silberne Fass, welches die Lasttiere seiner Schwere und Größe wegen nicht fortbringen konnten, zerschlagen mussten, gedachten sie des Titus Flamininus, des Manius Acilius und des Aemilius Paulus, von denen der eine nach Vertreibung des Antiochos aus Griechenland, die anderen nach dem Sieg über die makedonischen Könige sich nicht nur an den hellenischen Heiligtümern nicht vergriffen, sondern sie noch durch Geschenke und Ehrenbezeigungen verherrlicht hatten.
Allein dies waren Männer, welche über mäßige Leute, die ihren Feldherrn schweigend zu gehorchen gelernt hatten, gesetzlichen Oberbefehl führten, Männer von königlicher Seele und einfacher Lebensweise, die mäßigen und festgesetzten Aufwand machten und Schmeichelei gegen die Soldaten für noch schimpflicher hielten als Furcht vor dem Feind.
Die jetzigen Feldherren dagegen, welche durch Gewalt, nicht durch Verdienst, den Oberbefehl erhalten hatten und ihre Waffen mehr gegeneinander als gegen die Feinde gebrauchten, waren gezwungen, um die Gunst der bewaffneten Menge zu buhlen und während der Feldzüge mit ihrem Aufwand für die Ergötzlichkeiten der Soldaten deren Anstrengungen zu erkaufen, indem sie so unvermerkt das ganze Vaterland feilboten und sich selbst, um über die Besseren zu herrschen, zu Sklaven der Schlechtesten machten. Dies vertrieb Marius, führte Sulla zurück, machte Cinna zum Mörder des Octavius, den Fimbria zum Mörder des Flaccus.
Damit machte vor allen anderen Sulla den Anfang, indem er die Untergebenen der anderen bestach und verlockte und für den Unterhalt der Seinigen verschwenderischen Aufwand trieb, sodass er – die anderen zum Verrat, die Seinigen zur Schwelgerei verführend – immer und besonders jetzt bei der Belagerung von Peiraieus einer großen Summe Geldes bedurfte.
253. Aristion, der Befehlshaber von Athen, war aus Ausschweifung und Grausamkeit zusammengesetzt, der Auswurf der schlimmsten Laster und Leidenschaften des Mithridates, und war in diesen letzten Zeiten über die Stadt, die tausend Kriegen, Tyranneien und Unruhen glücklich entronnen war, wie eine tödliche Seuche gekommen. Während der Scheffel Weizen in der Stadt 1000 Drachmen 56galt, während die Einwohner das um die Burg wachsende Parthenia Sohlen und gesottene Ölschläuche aßen, schwelgte er bei hellem Tag in Trinkgelagen und Schmausereien, verhöhnte und verspottete die Feinde, ließ die heilige Lampe der Götter aus Mangel an Öl erlöschen und schickte der Oberpriesterin, die ihn um den zwölften Teil eines Scheffels Weizen bat, dieses Maß in Pfeffer. Die Senatoren und die Priester, welche ihn anflehten, sich der Stadt zu erbarmen und sich mit Sulla zu vergleichen, jagte er durch Pfeilschüsse auseinander.
254. Sulla belagerte die Athener, welche die Partei des Mithridates ergriffen hatten, und es fehlte wenig, so hätte er die ganze Stadt wegen der ihm während der Belagerung angetanen Beschimpfungen gänzlich zugrunde gerichtet, wenn nicht einige verbannte Athener und die Römer in seinem Heer ihn veranlasst hätten, dem Morden Einhalt zu tun. Nach einigem Lob auf die alten Athener erklärte er, er schenke sie jenen, den vielen die wenigen, den Toten die Lebendigen.
255. Hortensius war ein geschickter Feldherr, der große Erfahrung im Kriegswesen hatte.
256. Die Römer hatten in der Schlacht gegen Mithridates bereits die Flucht ergriffen, da sprang Sulla vom Pferd, ergriff eine Fahne und stürzte durch die Fliehenden hindurch auf die Feinde, indem er ausrief: »Ich gehe, einen rühmlichen Tod gegen ein schimpfbedecktes Leben einzutauschen, ihr aber, Waffenbrüder, gedenkt meiner und, wenn man euch fragt, wo ihr den Sulla verlassen habt, saget: in Orchomenos!« Auf diese Worte wandten sie sich voller Scham und Ehrfurcht vor ihrem Feldherrn und besiegten die Feinde.
257. Der Legat des Flaccus [Gaius Flavius] Fimbria, erregte, als jener nach Byzantion kam, einen Aufstand gegen ihn. Denn er war ein tollkühner, unbesonnener Mensch, der nach jeder Art von Ruhm haschte und jeden, der besser war als er, verachtete. So suchte er seit seiner Abfahrt von Rom durch Geldspenden und andere Begünstigungen die Soldaten für sich zu gewinnen und gegen Flaccus zu erbittern. Dies wurde ihm umso leichter, weil jener unersättlich habgierig war und sich nicht damit begnügte, sich die Nebenvorteile zuzueignen, sondern auch aus dem Unterhalt der Soldaten und der Beute, die er jedes Mal als ihm allein zugehörig betrachtete, Vorteil zog.
Als Flaccus mit Fimbria vor Byzanz ankam und die Soldaten sich außerhalb der Mauer lagern hieß, er selbst sich aber in die Stadt begab, nahm Fimbria dies zum Anlass, ihn der Bestechung zu beschuldigen, und schalt ihn, dass er in der Stadt guter Dinge sei, während sie sich bei strenger Witterung unter Zelten behelfen müssten. Nun drangen die Soldaten voll Wut in die Stadt, töteten einige, die ihnen in den Weg kamen, und zerstreuten sich in die Häuser.
Als Fimbria mit dem Quästor in einen Streit geraten war, drohte ihm Flaccus, er wolle ihn nach Rom zurückschicken, und nahm ihm, als er deshalb sich Schimpfreden erlaubte, seine Stelle. Fimbria, welchem die Abreise sehr ungelegen kam, ging bei den Soldaten in Byzanz umher, als wollte er Abschied nehmen, bat sie, ihm Briefe mitzugeben, und beklagte sich über das ihm widerfahrene Unrecht, erinnerte sie an die Dienste, welche er ihnen geleistet hatte, und ermahnte sie auf der Hut zu sein, indem er Winke fallen ließ, als ob Flaccus es auch mit ihnen nicht zum Besten meinte. Als er sah, dass seine Reden Eindruck machten, dass die Soldaten ihm geneigt und gegen jenen misstrauisch waren, trat er an einen erhöhten Platz, reizte sie auf und beschuldigte unter anderem Flaccus, dass er sie für Geld verraten wolle, sodass die Soldaten den ihnen vorgesetzten [Offizier] Thermus davonjagten.
Fimbria brachte viele aus keinem gültigen Grund, noch weil es in Roms Vorteil lag, sondern aus reiner Leidenschaft und Mordlust um. So hatte er einmal viele Pfähle einschlagen lassen, an die er sie binden und zu Tode geißeln ließ; als die Zahl der Pfähle weit größer als die der zum Tode bestimmten war, befahl er aus den Umstehenden einige zu ergreifen und an die überzähligen zu binden, damit sie nicht umsonst eingeschlagen wären.
Nach der Einnahme Ilions machte er alles, dessen er habhaft wurde, ohne Schonung nieder und legte fast die ganze Stadt in Asche. Er eroberte sie aber nicht mit Sturm, sondern durch Arglist. Er lobte sie wegen der Gesandtschaft, die sie an Sulla geschickt hatte, und äußerte, dass es einerlei sei, mit welchem von beiden sie sich vertrügen, da ja sie beide Römer wären. So zog er ein, als käme er zu Freunden und beging die vorerwähnten Gräuel.
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