Der Greis sprach zwar nichts zu des Sohnes Entschuldigung, zählte aber seine und seiner Vorfahren Taten auf und verbürgte sich, dass er nichts so Unwürdiges tun werde. So besänftigte er ihren Zorn, besonders da er die Jugend seines Sohnes zur Entschuldigung anführte.
Er ging nun sogleich mit ihm zum Heer ab, schlug die auf ihren Sieg stolzen Samniten und eroberte ihr Lager nebst vieler Beute. Die Römer priesen jenen jetzt hoch und ließen dem Sohn auch künftig als Prokonsul den Oberbefehl, nur sollte er den Vater als Unterbefehlshaber bei sich behalten. Ohne Schonung des Alters unterstützte ihn dieser überall mit Rat und Tat; auch die Bundesgenossen gingen, seiner früheren Taten eingedenk, ihm willig an die Hand. Bei all dem merkte man nicht, dass alles durch ihn geschah; er blieb, als wäre er wirklich nur des Sohnes Ratgeber und Untergebener, sehr bescheiden und schrieb allen Ruhm der Taten diesem zu.
93. Im Jahr der Stadt 463 (291 v.Chr.).
Die Soldaten, welche mit Iunius und Postumius ausgezogen, erkrankten auf dem Weg; als Ursache wurden die Anstrengungen bei der Fällung des Waldes angegeben. Deswegen zurückgerufen gab er ihnen aber auch hier nicht viel Gehör, indem er sagte, dass der Senat über die Privatleute, aber nicht über die Konsuln zu befehlen habe.
94. In den Jahren der Stadt 461–468 (293–286 v.Chr.).
[…] Als ihnen endlich die Vornehmen viel mehr, als sie anfangs gehofft hatten, zugestehen wollten, gaben sie sich nicht mehr zufrieden, sondern wurden, je mehr sie jene nachgeben sahen, als hätten sie ein Recht darauf gewonnen, nur noch dreister; und wegen der fortwährenden Zugeständnisse schlugen sie diese, als wären sie notwendig, für nichts mehr an und trachteten nach anderem, indem sie das bereits Errungene als Brücke gebrauchten.
95. Im Jahr der Stadt 469 (285 v.Chr.).
Als die Feinde einen zweiten Feldherrn ankommen sahen, waren sie nicht mehr auf das gemeinsame Heil des Heers bedacht, sondern jeder suchte, wie er sich selbst retten möchte, wie es bei Heeren zu geschehen pflegt, die nicht aus einem Volk bestehen, nicht die gleichen Veranlassungen zum Krieg haben noch unter einem Feldherrn stehen; solange es gut geht, stimmen sie zusammen, bei Unglücken aber hat jeder bloß sich selbst im Auge. Sobald es dunkel wurde, ergriffen sie ohne gegenseitige Rücksprache die Flucht, denn in Masse glaubten sie sich weder durchschlagen, noch unvermerkt entkommen zu können; wenn es aber jeder für sich und, wie sie glaubten, allein täte, so würde es ihnen leichter gelingen, weshalb sie sich auch, jeder nach dem eigenen Gutdünken, mit so viel Sicherheit, wie sie konnten, auf die Flucht begaben.
96. Im Jahr der Stadt 471 (283 v.Chr.).
Als die Römer erfuhren, dass die Tarentiner und einige andere zu einem Krieg gegen sie rüsteten, schickten sie [Gaius] Fabricius [Luscinus] als Gesandten zu den verbündeten Städten, um sie vor Neuerungen zu warnen. Die aber nahmen ihn fest und verleiteten durch Gesandtschaften an die Tyrrhener, Umbrier und Gallier – die einen gleich jetzt, die anderen nicht lange danach – zum Abfall.
97. Im Jahr der Stadt 471 (283 v.Chr.).
Dolabella griff die Tyrrhener, als sie über den Tiber setzten, an, und der Fluss wurde mit Blut und Leichen angefüllt, sodass den Römern in der Stadt der Anblick der Flussströmung, ehe noch Botschaft kam, den Ausgang der Schlacht bezeichnete.
Von der Mündung des Tiber bis nach Rom sind es 18 Stadien. 15
98. Im Jahr der Stadt 472 (282 v.Chr.).
Die Tarentiner stellten sich, obgleich sie selbst den Krieg angefacht hatten, immer noch, als ob sie friedliche Gesinnung hegten. Die Römer erfuhren zwar ihre Umtriebe, ließen sie jedoch unter den gegebenen Umständen unangefochten. Als sie aber später glaubten, dass die Macht der Römer nicht bis zu ihnen reiche bzw. dass sie selbst stets unbeachtet bleiben würden, weil nicht einmal eine Beschwerde zu ihnen drang, trieben sie ihren Übermut noch weiter und zwangen die Römer gegen deren Willen in einen Krieg und bestätigten so den Ausspruch: Wen das Glück im Übermaß begünstigt, den stürzt es ins Unglück, denn es verführt zur Überhebung und zur Aufgeblasenheit und bringt ihn so zu Fall.
So sind auch sie aus ihrer Blüte und ihrem Glück in ebenso großes Unglück gestürzt.
99. Im Jahr der Stadt 472 (282 v.Chr.)
[Lucius] Cornelius wurde von den Römern nach Tarent gesandt. 16Die Tarentiner, welche gerade das Bacchusfest feierten und am Abend voll des Weines im Theater saßen, argwöhnten, er komme mit seinen Schiffen in feindlicher Absicht, und, von Zorn und Trunkenheit getrieben, liefen sie ohne Weiteres wider ihn aus, fielen über ihn her, der keine Hand zur Gegenwehr rührte und nicht im Geringsten eine Feindseligkeit vermutete, und warfen ihn nebst vielen anderen ins Meer. Die Römer, auf diese Kunde, wie sich denken lässt, höchst aufgebracht, beschlossen dennoch, nicht sogleich wider sie ins Feld zu rücken. Um aber nicht den Schein zu haben, als wollten sie ganz dazu schweigen, und um sie dadurch nicht noch dreister zu machen, schickten sie Gesandte ab. Die Tarentiner, weit entfernt, sie, wie es sich gebührte, aufzunehmen, oder ihnen die geeignete Antwort zu geben, verhöhnten sie, ehe sie ihnen noch Gehör gegeben hatten, sowohl wegen anderer Sachen als auch wegen ihrer Kleidung. Es war dies die städtische, die wir auf dem Markt tragen. Diese hatten sie angelegt, sei es der größeren Feierlichkeit wegen oder um denselben dadurch Ehrfurcht einzuflößen.
Sie standen nun gruppenweise zusammen und verhöhnten sie. Denn auch damals feierten sie gerade ein Fest, das sie, die auch sonst nicht sehr bescheiden waren, noch mutwilliger machte. Zuletzt stellte sich einer neben Postumius, bückte sich, verrichtete seine Notdurft und beschmutzte Postumius’ Kleid. Als alle anderen darüber aufschrien, es als eine Heldentat lobpriesen, viele mutwillige Spottlieder auf die Römer sangen und mit Hand und Fuß den Takt dazu schlugen, sprach Postumius: »Lacht nur, lacht, solange ihr noch könnt. Denn lange werdet ihr weinen, wenn ihr dies Kleid mit eurem Blut abwaschen müsst.« Auf diese Rede enthielten sie sich des Spotts, taten aber nichts, sich für die Verhöhnung zu entschuldigen, sondern rechneten es sich noch als Wohltat an, dass sie dieselben unversehrt ziehen ließen. Als Meton die Tarentiner vergeblich ermahnt hatte, keinen Krieg mit den Römern anzufangen, entfernte er sich aus der Versammlung, bekränzte sich und kehrte mit Festgenossen und einer Flötenspielerin zurück. Als er nun sang und den Cordax 17tanzte, hörten sie mit der Beratung auf und schrien und klatschten ihm zu, wie es in solchen Fällen zu geschehen pflegt. Er aber erbat sich Stille und sprach: »Jetzt noch dürfen wir uns im Wein ergehen und guter Dinge sein; wenn ihr aber tut, worüber ihr zurate geht, werden wir als Sklaven dienen.
100. Gaius Fabricius.
Gaius Fabricius war in allem dem Rufinus gleich, bezüglich der Unbestechlichkeit aber übertraf er ihn weit. Er war absolut keinem Geschenk zugänglich und fand deshalb an jenem keinen Gefallen, war vielmehr beständig mit ihm entzweit; gleichwohl gab er ihm seine Stimme zum Konsulat. Denn er hielt ihn zur Führung des Krieges für den Geeignetsten und setzte seine Privatfeindschaft dem Vorteil des Staates nach. Dadurch erwarb er sich Ruhm, da er sich auch über den Neid erhaben zeigte, den oft auch bei den verdienstvollsten Männern der Ehrgeiz in so hohem Grade erzeugt. Denn als echter Patriot, dem nichts an Auszeichnung lag, hielt er es für einerlei, ob dem Staat durch ihn selbst oder einen anderen, wenn er auch sein Feind wäre, geholfen würde.
101. Kineas.
Durch Kineas soll Pyrrhos mehr Städte als durch das eigene Schwert erobert haben. Er war, nach Plutarch 18ein guter Redner und an Stärke in der Beredsamkeit allein mit Demosthenes zu vergleichen. Weil er nun, als verständiger Mann, das Törichte des Feldzugs einsah, machte er dem Pyrrhos Vorhaltungen dagegen. Dieser plante, kraft seiner Tapferkeit, den ganzen Erdkreis sich zu unterwerfen; jener riet ihm, er sollte sich mit dem eigenen Land als hinreichend zur Glückseligkeit begnügen. Die Kriegslust des Mannes und seine Herrschsucht, mächtiger als des Kineas Rat, hatten zur Folge, dass er nach dem Verlust vieler Tausende von Kriegern in den Schlachten aus Sizilien und Italien schimpflich abziehen musste.
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