Es musste diese Frau sein, deren Schniefen Vicky gehört hatte, denn nun wiederholte sie es. Ein Speichelfaden löste sich aus ihrem Mund und lief den Knebel entlang. Die Blonde trug verblichene, hautenge Jeans, deren Innenseiten vom Schritt abwärts dunkel verfärbt waren. Um ihre Schuhe hatte sich eine Pfütze gebildet.
Schritte näherten sich von hinten, dann bellte eine männliche Stimme: »Noch nicht! Die Haube wieder aufsetzen!«
Vicky fuhr herum. Erst jetzt bemerkte sie die Frau, die hinter ihr stand und immer noch die Lederhaube in den Händen hielt. Sie war völlig nackt und hatte auffallend blasse, fast weiße Haut. Von einem stählernen Halsband hing eine Kette locker bis zu ihrem kahl geschorenen Schritt hinab, wo sie mit einem Karabinerhaken in einen Ring eingeklinkt war, der eine der äußeren Schamlippen durchbohrte. Die Frau mochte an die dreißig Jahre alt sein und hatte kurze braune Haare.
Ein Mann trat zu ihnen, möglicherweise der Beifahrer des Transporters. Zumindest war er identisch gekleidet und trug eine verspiegelte Sonnenbrille, sogar hier unten. Auf seine barschen Worte hin war die nackte Frau zusammengezuckt. Mit zitternden Händen machte sie sich daran, Vicky die Haube wieder aufzusetzen.
»Das wird dir noch leid tun!«, sagte der Mann kalt.
Bevor die Finsternis sich wieder um Vicky schloss, sah sie am rechten Ohrläppchen der Nackten eine blaue Plastikmarke. Darauf war in schwarzen Ziffern eine vierstellige Zahl gedruckt, und neben dieser schimmerte ein goldener Mikrochip, wie bei einer Kreditkarte.
Der Mann ergriff wieder Vickys rechten Oberarm und zog sie mit sich. »Sie werden nun an Ihren Urlaubsort gebracht«, sagte er in beruhigendem Tonfall. »Es ist nicht mehr weit.«
Vicky nickte mechanisch. Das Gesehene, das sie offensichtlich nicht hatte sehen sollen, ging ihr nicht aus dem Kopf. Die andere Frau, die mit dem Knebel und den nassen Jeans – hatte sie bekommen, was sie sich gewünscht hatte? Was sie in ihrem Urlaubsantrag geschrieben hatte? Vicky hatte ganz und gar nicht diesen Eindruck gehabt. Die Frau hatte geweint, daran bestand kein Zweifel. Aus Scham, weil sie in die Hose gemacht hatte? Oder steckte mehr dahinter?
Und wer war die Nackte gewesen, die ihr wohl aufgrund eines Missverständnisses die Haube abgenommen hatte? Was für eine Funktion hatte sie inne, und was bedeutete die seltsame Aufmachung mit Halsreif und Kette? Auf jeden Fall war sie eine Art Dienerin. Der Mann hatte ihr eindeutig gedroht, und der Reaktion der Frau nach zu urteilen war diese Drohung keine leere gewesen.
Zum ersten Mal wurde Vicky mit schmerzhafter Deutlichkeit bewusst, welches Risiko sie mit diesem Urlaub eingegangen war. Was würde geschehen, wenn diese seltsame Firma nicht daran dachte, den Kontrakt zu erfüllen? Wenn sie, Victoria Gayle Roberts, nach vierzehn Tagen, anstatt frisch erholt und entspannt wieder aufzutauchen, spurlos verschwand? Wer sollte sie dann jemals wiederfinden?
Eine Woge von Panik drohte ihr Gehirn zu überfluten und jeden klaren Gedanken zu ertränken. Sie wollte hier heraus, solange sie noch konnte! Sie wollte sich nicht mehr für zwei Wochen von wildfremden Menschen einsperren lassen, egal, was sie vorher gedacht hatte! Sie wollte …
»Wir sind da.«
Sie hatten angehalten. Vicky atmete tief ein und wieder aus. Diese drei Worte brachten sie in die Wirklichkeit zurück. Ihr würde nichts geschehen, und sie würde möglicherweise den besten, mit Sicherheit aber den ungewöhnlichsten Urlaub ihres Lebens verbringen.
Alles unter Kontrolle! , redete sie sich ein. Ich habe alles unter Kontrolle!
Außerdem war es sowieso zu spät für einen Rückzieher.
Erneut sprach der Mann: »Die Sklavin wird Sie jetzt auskleiden. Danach wird man Ihnen die Haube abnehmen.«
Sklavin? , dachte Vicky halb amüsiert, halb erschrocken. Meint er das ernst?
Jemand machte sich an ihren Armen zu schaffen. Ein zweimaliges Klicken und ihre Handgelenke waren frei. Zierliche, aber kalte Hände knöpften ihre Bluse auf und streiften sie ab. Dieselben Hände öffneten den Verschluss des Büstenhalters. Vickys feste, aber nicht zu große Brüste waren frei. Ihr fiel auf, dass es hier deutlich wärmer war als in den Räumen, die sie passiert hatten. Sie schätzte die Temperatur auf fünfundzwanzig Grad.
Die Schuhe wurden aufgebunden. Immer noch blind, war es nicht einfach für Vicky, das Gleichgewicht zu halten, während man ihr Schuhe und Strümpfe auszog. Als sie die nackten Füße auf den Boden setzte, stellte sie zweierlei fest: Der Boden war rau und bestand entweder aus Stein oder Fliesen, und er war warm. Fußbodenheizung?
Dann wurde der Reißverschluss ihrer Hose geöffnet, sie fiel zu Boden und Vicky stieg heraus. Als Letztes kam der Slip an die Reihe.
Vicky wusste, dass ihr schwarzes Dreieck und das, was sich darunter befand, nun für jedermann sichtbar offen lag, doch das störte sie nicht. Hier bei S & M Dreams Inc. hatten die Gesetze und Konventionen der bürgerlichen Moral keine Geltung. Auf eine kuriose und nur scheinbar widersinnige Weise fühlte sie sich plötzlich frei . Frei von allen Zwängen und Verpflichtungen gegenüber anderen und sich selbst.
Endlich nahm man ihr die Haube ab. Schummriges Licht enthüllte die nackte Dienerin – ach so, Sklavin –, die dabei war, Vickys Kleider aufzusammeln. Der Schwarzuniformierte stand zwei Schritte abseits und betrachtete Vicky schweigend. In der rechten Hand hielt er einige kurze Ketten.
Vicky stand in einem düsteren, schmalen Gang. Unmittelbar vor ihr erhob sich eine aus großen Quadern gemauerte Wand. Darin waren, auf der Höhe von Vickys Füßen, in regelmäßigen Abständen Gitter eingelassen. Das Gitter vor ihr stand weit offen, dahinter verbarg sich ein augenscheinlich kleiner Raum.
Sie warf einen fragenden Blick auf den Mann, der herantrat und demonstrativ die Ketten hob. Vicky wusste, was nun kommen würde, denn sie selbst hatte es in ihrem Urlaubsantrag beschrieben.
Sie hielt still, während er ihr das stählerne Halseisen umlegte und im Nacken einrasten ließ. Sie hegte keinen Zweifel daran, dass sie das Schloss ohne entsprechende Hilfsmittel niemals würde öffnen können, und über diese Hilfsmittel würde sie natürlich nicht verfügen.
Dann kamen ihre Hände an die Reihe. Gehorsam hob Vicky die Arme. Von dem Halseisen gingen zwei kurze Ketten ab, an deren Enden jeweils eine Handschelle angebracht war. Zweimal machte es »klick«, dann waren Vickys Arme praktisch nutzlos geworden.
Der Schwarzuniformierte trat einen Schritt zurück, und Vicky zerrte probeweise an den Ketten. Natürlich gaben sie nicht den Bruchteil eines Millimeters nach. Sie konnte mit ihren Händen zwar noch ihre Brüste erreichen, aber nicht mehr ihren Nabel oder gar ihren nackten Schritt. Nicht einmal, wenn sie sich zusammenkrümmte, wäre das möglich.
Alles war genauso, wie sie vorherbestimmt hatte. Sie wollte nicht in der Lage sein, sich zwischen den Beinen zu berühren, denn diese erzwungene Enthaltsamkeit würde ihre Begierde stimulieren, ihren Hunger wachsen lassen. So lange, bis er endlich gestillt würde. Von fremder Hand.
»Bitte.« Der Mann wies mit der einladenden Geste eines Obers, der einen Gast zum Tisch geleitet, auf die offene Gittertür.
Vicky ließ sich auf die Knie nieder und kroch in den Raum dahinter. Er war anderthalb Meter breit, höchstens zwei Meter tief und wenig mehr als einen Meter hoch. Sie konnte darin sitzen oder mit eingezogenem Kopf knien, aber keinesfalls stehen. Der Boden war mehrere Zentimeter hoch mit Streu bedeckt. In den rohen Steinmauern waren in regelmäßigen Abständen eiserne Ösen eingelassen, an denen im Bedarfsfall Ketten befestigt werden konnten. Ein tönerner Napf mit Wasser stand in einer Ecke.
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