Der Narrenturm
SM-Thriller
von
Tomás de Torres
MARTERPFAHL VERLAG
»›Der Narrenturm‹ –
erstmals die ungekürzte Originalfassung,
exklusiv für die E-Book-Ausgabe!
2006 / 2020«
Der Autor über diese Ebook-Ausgabe (siehe ausführlicher im Nachwort)
Impressum der Ebook-Ausgabe:
© 2021 by Marterpfahl Verlag Rüdiger Happ,
Firstbergstr. 2, D-72147 Nehren
https://marterpfahlverlag.wixsite.com/erotikbuch
Marterpfahl_Verlag@gmx.de
E-Book-Herstellung und Auslieferung: readbox publishing, Dortmund, www.readbox.net
Cover: Rüdiger Happ unter Verwendung desselben Bilds wie bei der Paperback-Ausgabe
E-Book ISBN 978-3-944145-75-4
Impressum der Paperback-Ausgabe:
© 2009 by Marterpfahl Verlag Rüdiger Happ,
Postfach 8 / Firstbergstr. 2, D-72147 Nehren
www.marterpfahlverlag.com
marterpfahl-verlag@t-online.de
Umschlaggestaltung: Domlupina ( domlupina@gmx.de)
unter Verwendung eines Bilds, das das Model JosieM/
genuine zeigt
Druck: Print Com, Erlangen
ISBN 978-3-936708-64-6
1
»Alison schloss die Augen, als sie sah, wie ihr neuer Herr mit der Bullenpeitsche ausholte. Als das Ende des geflochtenen Lederriemens in ihren Körper schnitt, wenige Zentimeter unterhalb ihrer bloßen Brust, schrie sie ihren Schmerz in den bis an den Rand des Berstens aufgeblasenen Knebel. Während sich ihre Hände um die Ketten krallten, die sie unbarmherzig mit der steinernen Mauer verbanden, fühlte sie, wie sie trotz des Schmerzes ein Glücksgefühl durchströmte.
Alisons Suche hatte ein
Ende.«
Miguel Hermano, seit genau zwei Wochen 47 Jahre alt, mit kurzgeschnittenen schwarzen Haaren und einem ebensolchen Vollbart, lehnte sich zurück und schob die Tastatur des Computers bis an den Fuß des Flachbildschirms zurück. Er nahm die Brille ab und rieb sich die schmerzenden Augen. Seit dem frühen Morgen hatte er geschrieben, lediglich unterbrochen durch eine kurze Mittagspause. Wenn die Arbeit an einem Roman sich ihrem Ende zuneigte, wenn das Finale, in dem sich alle Knoten auflösten, bereits bis ins kleinste Detail feststand, vermied er jegliche Ablenkung, bis er das schöne Wort mit den vier Buchstaben niedergeschrieben hatte.
Miguel setzte die Brille – er war seit seiner Kindheit stark kurzsichtig – wieder auf und holte ein kleinformatiges Schulheft aus der obersten Schreibtischschublade. Er war in gewisser Beziehung ein altmodischer Mensch, und obwohl es keine Alternative zu dem Schreiben mit dem Computer gab, pflegte er seine bibliographischen Daten auf Papier festzuhalten. Das Schulheft öffnete sich wie aus eigenem Willen an der richtigen Stelle, und Miguel trug mit einem roten Kugelschreiber das heutige Datum neben demjenigen ein, an dem er den Roman begonnen hatte. Der Eintrag in dem Heft sagte ihm auch, dass »Alisons Suche« sein zwölfter SM-Roman war. Dann zog er die Tastatur wieder zu sich heran und setzte noch drei Zeilen unter das »Ende«:
»Torquemada«
Torelló
28. März bis 10. Juni 2006
Der Stand der Sonne, die durch das Westfenster in das kleine Türmchen lugte, in dessen Obergeschoss sich Miguels Büro befand, sagte ihm, dass es bereits auf 18 Uhr zugehen musste. Es gab keine Uhren in seinem Arbeitszimmer, die ihn ablenken konnten – sogar die Zeitanzeige am rechten unteren Bildschirmrand hatte er ausgeschaltet.
Miguel stand auf und reckte sich. Sein Blick fiel durch das Nordfenster auf den Wald, der sich etwa 100 Meter jenseits der engen und ungeteerten Straße befand, die sich in einiger Entfernung an seinem Haus vorbeiwand. Das Haus selbst, ein 200-Quadratmeter-Einfamilienhaus, befand sich weit abgelegen vom nächsten Nachbarn vier Kilometer von der kleinen Stadt Torelló im Hinterland der Costa Brava. Er hatte es vor knapp zehn Jahren gekauft, noch vor seiner Heirat mit María. Zu Beginn war die Umgewöhnung für jemanden, der in der Großstadt geboren und aufgewachsen war, ziemlich hart gewesen, doch heute konnte er sich kaum mehr vorstellen, anders zu wohnen.
Er nahm einen CD-Rohling von dem Regal, das sich links an den Schreibtisch anschloss, und legte ihn auf die Tastatur. Er durfte nicht vergessen, eine Sicherung des in den letzten Tagen Geschriebenen anzufertigen. Doch zunächst …
Er hastete die enge Wendeltreppe ins Erdgeschoss hinunter. Das Türmchen, das nur etwa drei Meter durchmaß, war wohl nachträglich an die Nordwestecke des Hauses angeflanscht worden. Die Treppe mündete direkt ins Wohnzimmer, dem damit gewissermaßen eine Ecke fehlte. Dafür jedoch hatte man, direkt unter Miguels kleinem Büro, einen zusätzlichen Raum gewonnen, der größtenteils durch einen runden Tisch ausgefüllt wurde, den sechs hohe Stühle umstanden.
»María!«
Miguel durchquerte das 40 Quadratmeter messende Wohnzimmer, das beinahe die komplette Westhälfte des Grundrisses in Anspruch nahm, und betrat durch die in der entgegengesetzten Ecke liegende Tür – eine von zweien, die andere führte auf den Flur – die Kombination aus Küche und Esszimmer.
»María!«
Diesmal klang seine Stimme bereits ungeduldiger. Er hatte es sich zur Gewohnheit gemacht, jeweils nach Abschluss eines Romans in Pepes Restaurant in Torelló zu Abend zu speisen, und wie er seine Frau kannte, würden zwei Stunden für sie kaum Zeit genug sein, sich fertig zu machen. Noch dazu an einem Samstagabend.
Er passierte die andere Küchentür und stand nun auf dem breiten Flur.
»María!«
Keine Antwort.
War sie vielleicht kurz weggefahren, um etwas einzukaufen? Miguel öffnete die schwere Haustür, in die in Brusthöhe eine Scheibe aus vielfach geschliffenem Glas eingelassen war. Er ging die drei Stufen hinab, die ihn auf den gepflasterten Vorplatz führten, und betrat die Doppelgarage durch die Seitentür.
Sowohl Marías roter BMW als auch sein nur drei Monate alter, stahlblauer Audi standen unberührt da, Seite an Seite.
Wo, zum Teufel, steckte María? Machte sie vielleicht einen Spaziergang? Wenig wahrscheinlich, um diese Uhrzeit …
Er verließ die Garage wieder und wandte sich in Richtung des Gartentors, das der Haustür gegenüberlag. Er hatte es noch nicht erreicht, als er bereits das Heck von Cristinas silbergrauem Mercedes erkannte, der in der Einfahrt parkte. Unwillkürlich lachte er auf. Er war so in seine Arbeit vertieft gewesen, dass er die Ankunft von Marías »Wochenendsklavin« überhaupt nicht bemerkt hatte. Nun war auch klar, wo seine Frau steckte und warum sie ihn nicht gehört hatte!
Sekunden später befand er sich im Keller des Hauses. Treffer! Neben der Treppe lagen, säuberlich zusammengefaltet auf einem alten Stuhl, Cristinas Kleider, darunter ein Paar weißer Schuhe, Größe 37, mit hohen Absätzen. Zwei Schritte brachten Miguel zu der schweren Eisentür, die in das »Spielzimmer« führte. Er öffnete sie, und das Erste, was er im spärlichen Licht der kleinen, mit Milchglasscheiben versehenen Kellerfenster sah, war Cristina – splitternackt an allen vieren von der Decke hängend. Der Stahl des Keuschheitspiercings, das ihre sauber ausrasierte Schamgegend versperrte, blitzte Miguel an. Cristinas Kopf war zum größten Teil von einer schweren, ledernen Knebelmaske bedeckt, deren Augenklappen jedoch offen standen.
Die junge Frau – mit ihren 32 Jahren immerhin anderthalb Jahrzehnte jünger als Miguel und immer noch zehn Jahre jünger als María – blickte ihn flehend an. Sie versuchte, etwas zu sagen, doch der in die Maske eingearbeitete Ballknebel erstickte ihre Worte.
»María?«
Doch außer der hängenden Frau befand sich niemand in dem großen Raum. Immerhin war nun klar, dass María nicht weit sein konnte, denn es war nicht ihre Art, eine geknebelte Sklavin längere Zeit allein zu lassen.
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