Pat, der Dank gebührt ihm, versuchte sein Möglichstes, um die Show am Laufen zu halten. Mit dem Namen Traffic Jam sicherte er uns mehr Gigs und brachte die Band sogar in den Saturday Club von Radio 1, die beliebte Samstagmorgensendung mit Brian Matthew. Wir ergatterten auch einige Auftritte als Begleitmusiker für amerikanische Künstler wie P. J. Proby, damals weniger berühmt für seine Gesangskünste, sondern eher dafür, dass er die Hosennaht bei fast jedem Konzert im Schritt platzen ließ! Die Band arbeitete auch für eine weibliche Gesangsformation mit dem Namen Dixie Cups, die mit „Chapel Of Love“ und „Iko Iko“ zwei bekannte Hits hatte – großartige Mädels. Ich erinnere mich speziell an ihren Gitarristen, einen sehr coolen schwarzen Typen und zugleich die erste Person, die mich auf die große Rolle aufmerksam machte, die Marihuana und Amphetamine im Leben vieler Musiker spielten.
Bis dahin waren wir jeglichen Drogen immer aus dem Weg gegangen. Wir wussten von „Uppers“, wie man sie nannte, und hatten auch schon von „Kiffern“ gehört. Doch wie bei den meisten Teenagern Mitte der Sechziger beschränkte sich das Wissen darauf, dass Drogen „schlecht“ sind und einen dazu bringen, von einem Dach zu springen. Es sollte noch einige Jahre dauern, bis wir tatsächlich da drin steckten.
Der Wendepunkt kam während einer Tour mit den Small Faces. Sie rauchten Joints so oft wie Zigaretten, warfen täglich Speed und standen total auf psychedelische Drogen, obwohl mir persönlich die ganze Sache mit LSD nie gefiel und ich mich davon fernhielt. Stattdessen brachte Steve Marriott, der brillante Sänger und Gitarrist der Band, Rick und mich dazu, dass wir vor jedem Gig mit ihm eine halbe Flasche Brandy kippten. Und nach dem Gig drehte ein Joint die Runde. Bis zu dem Zeitpunkt war John Coghlan der Einzige, der sich einige Bier genehmigte, während der Rest immer noch Tizer trank, eine Limonade.
Ich hatte einen Wahnsinnsspaß, mit den Kerlen zu touren. Stevie, seine Jungs und ich teilten denselben Geschmack für Klamotten. Aufgrund des in den Siebzigern auftauchenden Quo-Images – Jeans und Jeanswesten, lange Haare – wissen die Leute nicht, was für ein Modefreak ich bin. Als wir die ersten Platten in den Sixties einspielten, war ich verrückt nach Kleidung. Die richtigen Schuhe, die passenden Hemden und die besten Jacketts. Man befand sich zum Beispiel in einer Modeboutique in der Carnaby Street und rannte Rod Stewart oder Steve Marriott über den Weg, woraufhin ein Wettstreit entbrannte, wer am schnellsten die besten Klamotten in der Hand hielt. Bis zum heutigen Tag kleide ich mich immer schick, sogar wenn ich nur zuhause bin und entspanne. Man kann mich keinesfalls als Trainingshosen-und-Turnschuh-Typen beschreiben. Ich mag anständige Hemden mit zugeknöpftem oberen Knopf und blitzblank geputzte Schuhe. Auch bei anderen Leuten missfällt mir Schlampigkeit. Sie dürfen mich ruhig als oberflächlich einordnen, aber ich glaube fest daran, dass „Kleider Leute machen“.
1967 ereignete sich noch ein weiterer Wandel in meinem Leben, denn ich heiratete meine „Butlin’s-Herzallerliebste“ Jean Smith. Auch sie war ein Mod – und ich vom ersten Augenblick an wie besessen von dem Mädchen. Zurückblickend erkenne ich aber auch, dass es eine Art On-Off-Beziehung war, was den Reiz erhöhte. Hat man das erreicht, was man sich am intensivsten auf der Welt wünschte, versucht man danach, noch mehr zu bekommen, besonders wenn es sich um Angelegenheiten des Herzens dreht.
Und so lief es ab: Nachdem die Vermieterin uns zusammen im Bett erwischt hatte und ich rausgeworfen worden war, verdrückte sich Jean einfach. Während ich mit Rick an der rauen See übernachtete, hatte sie ihren Job gekündigt und war mit einem Kumpel abgehauen, um sich einen Job in einem anderen am Meer gelegenen Freizeit-Resort zu suchen. Ich fühlte mich wie am Boden zerstört, als ich davon erfuhr. In jenen Tagen gab es natürlich noch keine Handys, also keine Möglichkeit der direkten Kontaktaufnahme, und somit hörte ich drei Wochen lang kein Sterbenswörtchen von ihr. Ich nahm an, sie hätte mich sitzengelassen und wäre fortgelaufen. Plötzlich aber war Jean wieder da! Ich fühlte mich überglücklich und dachte, all meine Sorgen hätten sich in Luft aufgelöst. Stattdessen war es nur der Anfang einer Beziehung, bei der Jean immer weglief, wenn es brenzlig wurde, dann wieder zurückkam und sich herzzerreißend dankbar gab. Teenager-Liebe. Gott sei Dank muss ich das alles nie mehr durchmachen.
Dann detonierte die sprichwörtliche Bombe: Jean erwartete ein Baby von mir. Ich war gerade erst 17, als sie das herausfand. Heutzutage wären das keine spektakulären Nachrichten mehr, doch 1967 stellte es ein großes Ereignis dar. Ein Baby nicht zu bekommen, stand außer Frage, denn in Großbritannien war Abtreibung illegal. Und als Katholik wäre ein Schwangerschaftsabbruch für mich nie eine Option gewesen. Hinzu kam noch – und das war der wohl wichtigste Grund –, dass ich sie abgöttisch liebte. Somit blieb nur eine Option: zu heiraten. Und das machten wir dann auch im Juni 1967 – dem sogenannten Summer of Love. Da Jean schon im siebten Monat war, stand eine katholische Hochzeit außer Frage, und so beschränkten wir uns auf die zügige „Ich will – Ich will auch“-Abfertigung beim örtlichen Standesamt.
Nur meine Eltern, Jeans Mum und ihre Schwestern kamen zur Vermählung. Meine Mum sträubte sich anfänglich, da sie vor Wut schäumte, weil wir keine katholische Hochzeit feierten. Sie wollte nichts damit zu tun haben. An dem Tag selbst gab sie dann aber nach. Ich war einige Wochen zuvor 18 geworden und versuchte, die ganze Angelegenheit wie ein angesagtes Swinging-London-Happening zu inszenieren. Kein Anzug! Stattdessen trug ich einen gelb/grün-gestreiften Blazer, ein pinkes Hemd und weiße Hosen. Jean, die bereits ein großes Bäuchlein hatte, trug ein mit Blümchen gemustertes Umstandskleid. Sie sah wunderbar aus.
Wir verzichteten jedoch auf Flitterwochen, und ich glaube, es wäre uns auch gar nicht in den Sinn gekommen. Alles drehte sich darum, dass das Baby nicht außerehelich zur Welt kam. Am Tag nach der Hochzeit zogen wir in ein freies Zimmer im Haus von Jeans Mutter in Dulwich. Ihr Mann war einige Jahre zuvor gestorben, wodurch genügend Raum zur Verfügung stand. Zwei Monate später wurde unser Sohn Simon geboren. Damals war es durchaus üblich, dass junge Paare schon sehr früh Kinder hatten. Für mich bedeutete das keine große Sache, da ich in einer riesigen Familie aufgewachsen war und alle Kids gleichermaßen von den verschiedenen Verwandten aufgezogen wurden. Dennoch: In unserer Situation war es noch nie leicht – Teenager-Eltern, die versuchen, ein Kind großzuziehen, während einer von ihnen auswärts arbeiten muss –, und anscheinend schienen sich auch noch alle gegen uns zu verschwören, um uns aus der Bahn zu werfen. Jeans Mutter stellte keine große Hilfe dar. Vor unserer Hochzeit hatte mich Jean immer von einem Treffen mit ihrer Mum abgehalten. Und nun fand ich heraus, warum! Die Frau konnte sehr kompliziert sein. Man hatte das Gefühl, sie sei direkt der Seite eines Les-Dawson-Witzes über Schwiegermütter entsprungen. Sie saß zusammengesackt in einem Ohrensessel und rauchte Kette, wobei das Kleid bis zur Hüfte hochgerutscht war, sodass man ihren großen Alte-Oma-Schlüpfer sehen konnte. Darüber hinaus ließ sie noch ihrem Gedärm einige der am teuflischsten stinkenden Fürze entweichen. Was ihre Tochter ärgerte und hochnotpeinlich berührte.
Sie verstand nicht – oder es war ihr egal –, was ich machte, dachte, ich würde in einer Popband herumblödeln, statt mir einen anständigen Job zu suchen. Vielleicht sah das ja auch meine Familie so, doch sie zeigte es nicht direkt. Vermutlich dachte sie, dass immer noch der Job im Eiswagen auf mich wartete, wenn das mit der Musik nicht klappte. Was Jeans Mutter hingegen wusste: Ich war den Großteil der Nacht nicht anwesend, aber zu häufig am Tag. Ständig lag sie ihrer Tochter in den Ohren.
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