1 ...7 8 9 11 12 13 ...30 „Was ist das für eine Band?“, fragte er schließlich.
„Das ist keine Band“, antwortete Moon. „Das ist ein einzelner Typ, der singt und auch alles andere macht.“ So etwas war Husney, obwohl er schon einige Jahre im Musikgeschäft war, noch nie begegnet.
„Du machst wohl Witze!“, brüllte er. „Das ist ja verrückt, wo steckt der denn? Den müssen wir sofort anrufen!“
Husney meldete sich bei Prince in New York und stellte sich vor. Zwar hatte er noch nie wirklich eine Band gemanagt, aber er versprühte viel Selbstbewusstsein und Insiderwissen. „Ich war so was wie sein ‚Kreativitätsschützer‘“, erklärte Husney. „Er war jung, und er würde es bald mit vielen Leuten zu tun haben. Er war damals sehr schutzlos.“
Prince blieb während des Telefongesprächs sehr gelassen, aber er erklärte sich bereit, nach Minneapolis zurückzukehren und sich mit Husney zu treffen. Einige Tage später fuhr Moon ihn zu Husneys Haus, und die beiden verstanden sich sofort. „Ich habe einen Sinn für Humor, der ziemlich schwarz und fast schon ein bisschen krank ist, und er stieg sofort drauf ein“, sagte Husney. „Er lachte wahnsinnig gern.“
Husney und Prince unterschrieben eine Managementvereinbarung, und Husney machte sich daran, seinen neuen Klienten, einen talentierten, aber noch ungeschliffenen Teenager, in einen Profimusiker zu verwandeln. Zwar erzielte sein Unternehmen damals einen Umsatz von acht Millionen Dollar pro Jahr, aber Husney zögerte nicht, seinem Partner die gesamte Ad Company zu überlassen, damit er sich rund um die Uhr um Prince kümmern konnte. Gemeinsam mit dem Rechtsanwalt Gary Levinson wandte sich Husney nun an wohlhabende Bekannte, um zusätzliche Gelder aufzubringen. Nachdem er etwa fünfzigtausend Dollar gesammelt hatte, gründete er die Firma American Artists. Ein Teil des Geldes wurde dafür verwendet, Prince ein Apartment zu mieten und ihm fünfzig Dollar Taschengeld pro Woche zu zahlen. Prince, der seine Jugendjahre – geprägt von der Auflösung seiner eigentlichen Familie – hinter sich gebracht hatte, zog nun endgültig aus dem Keller der Andersons aus.
Husney bot nun auch kreative Beratung an und ermutigte Prince, den ausufernden Songs auf dem Moonsound-Demo kompaktere Strukturen zu verleihen; auch empfahl er, mehr Pop in der Art von „Soft And Wet“ zu schreiben. Prince war diesem Feedback gegenüber recht aufgeschlossen und kam schon bald mit der schlichten, beinahe an ein Kinderlied erinnernden Nummer „I Like What You’re Doing“ (das bis heute nicht veröffentlicht wurde). Husney kaufte neue Musikinstrumente und ließ einen Raum auf seiner Büroetage zum Übungsstudio umbauen, damit Prince dort mit anderen Musikern jammen konnte. Bobby Rivkin bekam einen Job bei American Artists und diente Prince oft als Fahrer; nachdem er immer wieder erwähnte, dass er auch Schlagzeug spielte, durfte er schließlich bei einem Jam mitmachen. Prince mochte seinen einfachen, schlichten Stil. Zu den Bassisten bei diesen Sessions zählte auch Robbie Paster, der später für lange Jahre sein persönlicher Assistent werden sollte, aber meistens übernahm André Anderson diese Position. Die Auflösung von Champagne hatte ihre Freundschaft nur kurzzeitig abgekühlt, und sie hatten sich ihre kraftvolle musikalische Chemie erhalten.
Nachdem Prince sein Material nun stärker geschliffen hatte, buchte ihm Husney etwas Studiozeit im Sound 80, das technisch besser ausgestattet war als das Moonsound. Chris Moon, der für seine Karriere eine entscheidende Rolle gespielt hatte, zog sich nun zurück, obwohl Prince weiterhin Fragmente seiner Texte für seine Songs verwendete. David Rivkin wurde wieder als Toningenieur angeheuert, und das Ergebnis war genau das, was Husney haben wollte: ein geschliffenes Demo, das seine Fähigkeiten als Sänger und Multiinstrumentalist bestens in Szene setzte. Der Manager stellte ein aufwändiges Promotionpaket zusammen und beschloss, dass die Zeit gekommen war, sich den großen Plattenfirmen vorzustellen.
Die Aufgabe, der diese Einmannband und das Einmannmanagement gegenüberstanden, war jedoch nicht so leicht. Man konnte kaum davon ausgehen, dass die Plattenfirmen wegen eines kleinen, schüchternen Teenagers aus dem mittleren Westen in Begeisterungsstürme ausbrechen würden, dessen Musik zwar von der fachlichen Umsetzung her äußerst beeindruckend war, beim Songwriting jedoch noch Schwächen zeigte. Zudem hatte Husney bei all seinem Engagement und Geschick als Promoter noch nie jemanden gemanagt oder je einen Plattenvertrag mit einem großen Label ausgehandelt.
Dennoch hatten die beiden einen entscheidenden Vorteil: Sie waren sich über ihre Strategie vollkommen einig. Die Betonung sollte darauf liegen, dass Prince ein ganzes Album im Alleingang aufnehmen konnte; in den Siebzigern, bevor sich die ausgeklügelten Heimstudios durchsetzten und Do-it-yourself-Alben normal wurden, galt das als erstaunliche Leistung. Und sie wollten seine Schüchternheit dazu nutzen, um eine geheimnisvolle, faszinierende Atmosphäre um ihn herum zu erschaffen.
Zudem sollte der Vertrag auf alle Fälle garantieren, dass Prince die kreative Kontrolle behielt. Wenn möglich, sollte er sein erstes Album selbst produzieren, und sie wollten einen Vertrag über mehrere Alben, der es ihm ermöglichen würde, sein Talent allmählich auszubauen. Vor allem die erste Forderung war außergewöhnlich kühn; warum sollte ein Label einem noch unbekannten Künstler so viel Macht einräumen? Husneys Antwort darauf lautete, dass sich die Verantwortlichen bei den Firmen der Klarheit und Eindringlichkeit seiner Vision sofort beugen würden. Auf Prince hatte es einen enorm stärkenden Einfluss, dass Husney derart bedingungslos von ihm überzeugt war; schnell begann der junge Musiker zu glauben, dass er ein Recht darauf hatte, all das zu bekommen, was sein Manager bei den Plattenfirmen für ihn forderte.
Doch obwohl das Band zwischen Prince und Husney zunächst äußerst stark war, betrachtete Prince seinen neuen Manager ähnlich wie Moon in erster Linie als Mittel zum Erfolg. Husney musste später die Erfahrung machen – wie Moon, als sein Studio nicht mehr gebraucht wurde –, dass Prince die scheinbar so ehrliche Zuneigung gegenüber einem Menschen wie mit einem Schalter ausknipsen konnte, wenn er wollte.
Wie Chris Moon war sich auch Husney nicht zu fein, beim Erstkontakt mit den Labels ein wenig zu fabulieren. Er rief jemanden an, den er bei Warner Bros. kannte – Russ Thyret, einen hochrangigen Mitarbeiter, der ihm zuvor einen Job in der Firma angeboten hatte –, und erzählte ihm von Prince. Husney behauptete, CBS Records wollten Prince zu einem Treffen nach Los Angeles fliegen, und er überlege nun, ob Warner vielleicht auch an einem Gespräch interessiert seien. Thyret sagte ja. Daraufhin telefonierte Husney mit CBS und A&M Records, wobei er immer wieder deutlich herausstrich, was für ein musikalisches Wunderkind sein Schützling war und dass andere Firmen ebenfalls Interesse zeigten. Die Labels waren alle zu einem Treffen bereit – schließlich wollten sie keine Chance verpassen, indem sie sich einen Musiker, für den sich die Konkurrenz interessierte, nicht wenigstens ansahen. „Ich habe überall gelogen, um ihn unterzubringen“, erinnerte sich Husney. „Eifersucht ist die Energie, die dieses Business antreibt.“
Und so stiegen Husney, Prince und der Anwalt Levinson in ein Flugzeug nach Los Angeles und besuchten die eleganten Büros von fünf Plattenfirmen: Warner Bros., CBS, A&M, RSO und ABC/Dunhill. Den ersten Vorstoß übernahmen Manager und Anwalt, dann war Prince am Zug und sagte ein paar Worte. Diese Strategie funktionierte; nachdem sie das Demo geprüft hatten, waren die Verantwortlichen gespannt darauf, mehr von dem Teenager zu hören, der die Musik geschaffen hatte, und sie waren von seiner seltsam stillen Persönlichkeit fasziniert. CBS buchten das Village Recorders Studio und baten Prince, zu einer Art Vorspieltermin zu kommen. Er nahm dabei „Just As Long As We’re Together“ auf, einen der Songs von seinem Demo, während die CBS-Mitarbeiter zusahen.
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