1 ...7 8 9 11 12 13 ...47 Allerdings sind die Annahmen, unter denen die Coase conjecture gilt, äußerst restriktiv und werden in der Realität im Allgemeinen nicht erfüllt sein. Weder hat ein dauerhaftes Gut in der Regel eine unendliche Lebensdauer, noch wird der Monopolist seine Preise sehr schnell senken. Weiterhin haben Konsumenten häufig eine Nutzeneinbuße, wenn sie den Kauf eines Gutes für einige Zeit zurückstellen. Außerdem verfügt ein Monopolist häufig über Strategien, mit deren Hilfe er das Problem, sich selbst Konkurrenz zu machen, lösen oder zumindest verringern kann. Wenn der Monopolist sich glaubhaft dazu verpflichten könnte, den Preis für sein Produkt in der Zukunft nicht zu senken, dann könnte er einen höheren Gewinn realisieren. Eine bloße Ankündigung, keine Preissenkungen vorzunehmen, wird in den meisten Fällen jedoch nicht überzeugen können; der Monopolist muss dafür sorgen, dass es in seinem eigenen Interesse ist, den Preis künftig nicht zu senken. Dies könnte er z.B. durch eine Meistbegünstigungsklausel erreichen, die ihn verpflichtet, den Konsumenten, die das Gut zu einem höheren Preis erworben haben, die Preisdifferenz auszuzahlen oder durch eine Verpflichtung, das Gut zum gleichen Preis zurückzukaufen, zu dem es erworben wurde. Indem er das Gut nicht verkauft, sondern nur periodenweise vermietet, würde er das dauerhafte Gut quasi in mehrere nichtdauerhafte Güter „zerlegen“, für die er jeweils den Monopolpreis fordern kann; oder er könnte es dem Nachfrager im Rahmen eines Leasingvertrages überlassen.56 Eine weitere Strategie für den Monopolisten wäre es, die Lebensdauer des Gutes durch „eingebauten Verschleiß“ zu reduzieren.57 Darüber hinaus könnte er durch den Aufbau einer Reputation, Preise nicht zu senken, dem Problem der Coase conjecture entgehen58 oder durch Kapazitätsbeschränkungen deutlich machen, dass er nicht in der Lage ist, das Gut künftig in ausreichender Menge anzubieten.59 Diese Vielzahl von Möglichkeiten, die dem Monopolisten zur Verfügung stehen, macht deutlich, dass auch ein Monopol auf dauerhafte Güter im Allgemeinen zu allokativen Ineffizienzen führen wird.
Mehrproduktmonopole.Hat ein Unternehmen ein Monopol nicht nur auf ein Gut, sondern auf mehrere, dann kann dies ebenfalls erhebliche Konsequenzen für das Verhalten des Monopolisten haben.60 Von zentraler Bedeutung ist in diesem Zusammenhang die Frage, in welcher Beziehung die vom Monopolisten hergestellten Güter sind. Wenn die Güter von den Nachfragern als völlig unabhängig voneinander betrachtet werden, wird sich das Verhalten eines Monopols nicht von dem unterscheiden, das bei zwei Monopolen auf jeweils ein Gut resultieren würde. Dies ändert sich jedoch, wenn die Konsumenten die Güter als Substitute betrachten. Wenn der Monopolist eines der Güter zu einem niedrigen Preis anbieten würde, dann macht er sich selbst Konkurrenz im Hinblick auf das andere Gut. Um dies zu vermeiden, wird er daher einen höheren Preis für beide Güter fordern als es zwei unabhängige Monopole tun würden. Sind die Güter für die Konsumenten jedoch komplementär, d.h. ergänzen sich die Güter gegenseitig, dann könnte der Monopolist durch einen niedrigen Preis für eines der Güter die Nachfrage nach dem anderen stimulieren. Dies könnte unter Umständen sogar soweit gehen, dass er ein Gut zu einem Preis unter den Grenzkosten anbietet. Preise unterhalb der Grenzkosten sind daher nicht notwendig gezielte Maßnahmen gegen aktuelle oder potentielle Konkurrenten, sondern können unabhängig davon ausschließlich aus dem Kalkül der Gewinnmaximierung resultieren.
Neben diesen Erweiterungen sind in der wirtschaftswissenschaftlichen Literatur noch zahlreiche weitere Dimensionen monopolistischen Verhaltens, wie z.B. die Werbung, die Qualitätswahl im Monopol sowie die von einem Monopolisten angebotene Produktpalette untersucht worden. Dabei konnte gezeigt werden, dass ein Monopol auch hinsichtlich dieser Aspekte Marktergebnisse herbeiführen wird, die ineffizient sind. Diese Modelle können jedoch im Rahmen dieser Einführung nicht näher diskutiert werden.61
III. Dominantes Unternehmen mit wettbewerblichem Rand
Eng verwandt mit dem Modell des Monopols ist das des dominanten Unternehmens mit wettbewerblichem Rand.62 Ein dominantes Unternehmen, das aufgrund seiner Größe den überwiegenden Teil des Marktes bedienen kann, verhält sich, ähnlich wie ein Monopol, nicht als Preisnehmer, sondern kann den Preis seines Produktes festlegen (bzw. eine Angebotsmenge wählen). Neben dem dominanten Unternehmen gibt es jedoch noch eine Reihe von kleinen Unternehmen auf dem Markt, die sich, entsprechend dem Modell des vollkommenen Wettbewerbs, als Preisnehmer verhalten. Diese Unternehmen werden daher als wettbewerblicher Rand bezeichnet. Die Existenz eines solchen dominanten Unternehmens in einem Markt kann mehrere Ursachen haben: So könnte dieses Unternehmen über eine bessere Technologie als andere Unternehmen verfügen oder es hatte über einen längeren Zeitraum eine geschützte Monopolstellung auf einem Markt, der erst vor kurzer Zeit dem Wettbewerb geöffnet wurde.
Wenn nun das dominante Unternehmen einen bestimmten Preis für sein Produkt festlegt, dann werden die Unternehmen im wettbewerblichen Rand diesen Preis als gegeben hinnehmen und werden bei diesem Preis ihr Angebot entsprechend ihrer Angebots- bzw. Grenzkostenfunktion wählen. Bei jedem Preis, den das dominante Unternehmen setzt, erfolgt also ein entsprechendes Gesamtangebot des wettbewerblichen Randes. Je höher der Preis, den das dominante Unternehmen verlangt, desto größer ist das Gesamtangebot des wettbewerblichen Randes, da im Allgemeinen seine Angebotsfunktion einen steigenden Verlauf hat. Abhängig vom gesetzten Preis wird also ein entsprechender Teil der Nachfrage vom wettbewerblichen Rand bedient. Dies wird das dominante Unternehmen in sein Kalkül einbeziehen und bei seiner Preispolitik berücksichtigen. Es muss also das Angebot des wettbewerblichen Randes von der Gesamtnachfrage abziehen und erhält dadurch die auf ihn entfallenden Rest- oder Residualnachfrage. Die Residualnachfrage hängt daher auch vom Angebotsverhalten des wettbewerblichen Randes ab. Gegenüber der Residualnachfrage ist das dominante Unternehmen nun ein Monopolist.
Daher kann man das Verhalten des dominanten Unternehmens mithilfe des Monopolmodells beschreiben, mit dem Unterschied, dass an die Stelle der Gesamtnachfrage beim Monopol nun die Residualnachfrage tritt. Es wird also seinen Preis bzw. seine Angebotsmenge so wählen, dass der Grenzerlös (bezogen auf die Residualnachfrage) gleich den Grenzkosten ist. Bei diesem Preis erfolgt nun das entsprechende Angebot des wettbewerblichen Randes. Das Marktergebnis hängt, wie beim Monopol, von der Elastizität der Nachfragefunktion ab. Je preiselastischer die Nachfrage reagiert, desto geringer wird der vom dominanten Unternehmen gesetzte Preis vom Wettbewerbspreis abweichen. Aber zusätzlich zur Nachfrage muss auch das Angebot des wettbewerblichen Randes berücksichtigt werden. Wichtig in diesem Zusammenhang ist das Konzept der Preiselastizität des Angebots. Es handelt sich dabei um ein Maß für die prozentuale Angebotsänderung bezogen auf eine 1 %ige Preiserhöhung. Verläuft die Angebotsfunktion flach, dann führt bereits eine geringe Preiserhöhung zu einer großen Ausweitung des Angebots seitens des wettbewerblichen Randes. Dies könnte dann der Fall sein, wenn die Grenzkosten bei einer Angebotsausweitung kaum zunehmen, weil z.B. unausgelastete Kapazitäten zur Verfügung stehen. Den Preissetzungsmöglichkeiten des dominanten Unternehmens werden also von zwei Seiten her Grenzen gesetzt: Zum einen durch die Ausweichreaktionen der Nachfrager, wie sie durch die Preiselastizität der Nachfrage erfasst werden und zum anderen durch die Angebotsreaktionen der Unternehmen im wettbewerblichen Rand, die in der Preiselastizität des Angebots zusammengefasst sind.63 Je größer die Preiselastizitäten der Nachfrage und des Angebots des wettbewerblichen Randes, desto geringer ist der Preissetzungsspielraum des dominanten Unternehmens. Was die Auswirkungen auf die verschiedenen Effizienzaspekte betrifft, so sind diese ähnlich wie beim Monopol, werden jedoch durch die Existenz des wettbewerblichen Randes etwas gemildert. Es ist sowohl mit allokativen als auch mit produktiven Ineffizienzen zu rechnen. Möglicherweise gibt es mehr Innovationen als beim Monopol, da das dominante Unternehmen dadurch verhindern kann, dass Unternehmen aus dem wettbewerblichen Rand seine Position gefährden.
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