Haus Nr. 14 wurde zu einem Museum renoviert, das die Geschichte der Straße und das Schicksal der meisten georgianischen Häuserzeilen in Dublin nacherleben lässt: Errichtet als repräsentative Stadtwohnungen für die politische und wirtschaftliche Elite, verkamen sie später zu Mietskasernen für arme Leute. So beginnt die Führung durch das 1749 erbaute Haus in der Belle Etage mit dem Salon von Lord Viscount Molesworth und seiner Familie. Er ist unmöbliert, nur ein maßstabgetreues Modell des Hauses und die in den Putz eingebetteten Musikinstrumente deuten auf die frühere Pracht des Hauses hin. Und sie endet im letzten Raum mit der kleinbürgerlichen Idylle einer Wohnung der 1950er-Jahre, symbolhaft das Nebeneinander von Porzellanfiguren der Gottesmutter und von chinesischen Hunden. Der Ausstellung fehlen die interaktiven Animationen, wie man sie vom Emigration Museum oder von Titanic Belfast kennt, viele Räume sind noch leere Hüllen, die nur notdürftig mit kurzen Filmen gefüllt werden. Umso mehr hängt am Geschick der Führer(innen), das Haus mit Leben zu füllen.
♦ Führungen Mi-So 10-16 Uhr jeweils zur vollen Stunde, Online-Buchung angeraten. Eintritt 9 €. 14 Henrietta St, www.14henriettastreet.ie. Luas-Station Dominick St.
Four Courts
Das Meisterwerk unter den georgianischen Repräsentativbauten entstand 1786-1802. An einem Werktag fühlt man sich in der Halle zwischen den auf ihre Verhandlung wartenden Juristen mit schwarzen Kutten und Löckchenperücken in eine vergangene, unheimliche Welt versetzt. Wie das Custom House trägt der Sitz von Irlands höchstem Gericht klassizistische Züge, strebt aber mehr in die Höhe. Über einem Zentralbau mit korinthischen Säulen thront eine Dachtrommel mit flacher Kuppel. Von ihm gehen Seitenflügel aus, die vier Höfe einfassen - daher der Name des Gebäudes. Auch die Four Courts wurden im Bürgerkrieg in Schutt und Asche gelegt, in den 1930er-Jahren aber wieder aufgebaut. Die vielen Statuen haben unter Abgasen und saurem Regen sichtbar gelitten.
♦ Die Gerichtsverhandlungen sind in der Regel öffentlich. Prozessiert wird Mo-Fr 11-13 und 14-16 Uhr.
Saint Michan’s Church
Attraktion der 1095 gegründeten, seither vielfach umgebauten Kirche ist ihre düstere Gruft, deren trockene, methanhaltige Luft die ungewöhnliche Eigenschaft hat, Leichname zu konservieren. Ein fußloser „Kreuzritter“, der allerdings „nur“ 300 Jahre alt ist, und drei weitere Leichname liegen offen. In einem anderen Raum stapeln sich die Särge der Grafen von Leitrim, und in einer dritten Gruft liegt hinter hingerichteten Rebellen die Totenmaske des Freiheitskämpfers Theobald Wolfe Tone. Die Gewölbe sind seit dem 19. Jh. eine Publikumsattraktion und haben Bram Stoker zu seinem Dracula-Roman inspiriert. Weniger beachtet wird die schöne Orgel oben in der Kirche - angeblich hat schon Händel hier gespielt, wofür es aber keine Belege gibt. Das aus einem Stück geschnitzte Paneel der Orgelbalustrade zeigt Musikinstrumente der Barockzeit.
♦ März-Okt. Mo-Fr 10-12.30 und 14-16.30, Sa 10-12.30 Uhr. Nov.-Febr. Mo-Fr 12.30-15.30, Sa 10-12.30 Uhr; Eintritt 7 €. Church St.
Smithfield Village
Westlich der Four Courts erblühte die Industriebrache der früheren Jameson-Destillerie zu neuem Leben. Ein Investor überbaute den Block mit einem futuristischen Ensemble schicker Apartmenthäuser und rüstete den alten Schornstein The Chimney zum Aussichtsturm um - da der Fahrstuhl seit geraumer Zeit stillgelegt ist, sind 244 Stufen zu erklimmen (Tickets im Generator Hostel, 5 €). Freitagabends erstrahlt der Platz in besonderem Glanz, dann flammen die Fackeln hoch oben auf den gigantischen Lichtmasten. Reflektierende Segel werfen das Licht von Strahlern an die angrenzenden Hausfassaden.
Die von portugiesischen Arbeitern mit 300.000 Kopfsteinen gepflasterte Freifläche ist am ersten Sonntag im Mai und September Schauplatz des Dubliner Pferdemarktes, des proletarischen Gegenstücks zur Dublin Horse Show. Händler und Käufer sind Bauern aus der Umgebung, Traveller und einfache Leute, oft Jugendliche aus der Nordstadt, die dort mit ihren Tieren inoffizielle Rennen veranstalten.
Old Jameson Distillery
Auf dem Gelände der 1971 geschlossenen und abgerissenen Schnapsfabrik wurde ein Brennerei-Museum installiert. Nach einem einführenden Propagandafilm über den glorreichen Firmengründer John Jameson erfährt man auf einer unterhaltsamen Führung anhand von Repliken mehr über die Stationen der Whiskey-Herstellung, auch eine Probe in der Whiskeybar und ein Souvenirshop gehören selbstverständlich dazu. Und man wird das Gefühl nicht los, gerade auf einer Werbeveranstaltung für Spirituosen zu sein und dafür auch noch bezahlt zu haben.
♦ Führungen: Tägl. 10-17.30 Uhr (Beginn letzte Führung), Fr/Sa bis 19 Uhr. Eintritt mit Degustation ab 20 €. Bow St, Bus Nr. 83 via Westmoreland St; Luas-Station Smithfield. www.tours.jamesonwhiskey.com.
Die Whiskeybar der Old Jameson Distillery
Collins Baracks
Mit 226 Jahren (1701-1997) ununterbrochener militärischer Nutzung beansprucht die Kaserne einen Eintrag ins Guinness-Buch der Rekorde. Auch der für sechs Regimenter geeignete Exerzierplatz ist wegen seiner Größe rekordverdächtig. Einen Teil des weitläufigen Gebäudes hat das National Museum of Decorative Arts & History bezogen. Diese Außenstelle des Nationalmuseums zeigt allerlei Artefakte wie Glaswaren, chinesische Porzellane, Textilien, Musikinstrumente und Möbel. Besonders sehenswert sind die 25 Exponate im Raum Curator’s Choice - die Direktoren der führenden Museen Irlands stellen hier ihre Lieblingsobjekte aus, etwa das Hochzeitsgeschenk Oliver Cromwells an seine Tochter. Out of Storage zeigt eine eklektizistische Sammlung von japanischen Rüstungen bis hin zu Edinson’schen Phonographen, allesamt mithilfe von Touchscreen-Computern erläutert.
♦ Di-Sa 10-17, So/Mo 13-17 Uhr. Eintritt frei. Luas Station Museum. www.museum.ie.
Tierschutz oder Schikane?
„Acht Smithfield-Pferde im Hinterhof gehalten!“ „Smithfield-Pferde für die Schlachter in Frankreich!“ Solche und ähnliche Schlagzeilen der Boulevardpresse haben den Pferdemarkt in Verruf gebracht. Ein neues Gesetz reglementiert die nicht unbedingt artgerechte Pferdehaltung der städtischen Unterschichten und gibt den Behörden die Handhabe, den pittoresken, doch mit dem Image des modernen Dublin kaum zu vereinbarenden Pferdehandel von Smithfield zu unterbinden. Besonders für die Kids aus Finglas wäre dies ein harter Schlag. Dort sind die Ponys mindestens so beliebt wie im vornehmen Foxrock - und werden vielleicht sogar noch mehr umsorgt. Denn die Jugendlichen der Nordstadt bekommen ihre etwa 2500 € teuren Pferde nicht von Papi geschenkt, sondern sparen sich das Geld vom Mund ab oder züchten die Tiere. Nur an genügend Platz zum Ausreiten fehlt es dem örtlichen Ponyclub. Doch die pferdevernarrten Underdogs haben, anders als die Tierschützer, keine Lobby. So darf der früher allsonntägliche Pferdemarkt jetzt nur noch zweimal im Jahr stattfinden. Unterbinden kann man den Pferdehandel kaum - die Deals laufen dann halt anderswo.
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