Bedenken Sie bitte, dass Sie bei der Berechnung Ihres monatlichen Geldbedarfs noch einen Betrag berücksichtigen sollten, der für spontane Käufe, den Besuch von Kulturveranstaltungen, Freizeitaktivitäten oder für das Nachtleben reserviert ist – für das Leben also (insofern Ihr Leben als Doktorandin aus mehr bestehen sollte als aus Arbeit und der Erhaltung der basalen Körperfunktionen).
Ein Wort noch zur Steuer: Geben Sie während Ihrer Promotionszeit jährlich eine Einkommensteuererklärung ab! Auch und gerade wenn Sie nur ein »negatives Einkommen« haben. Denn das können Sie später – wenn Sie einmal »richtiges Geld« verdienen sollten – als Verlust eintragen. Dazu zählen alle Kosten, die für Sie im Zusammenhang mit der Promotion anfallen, vom Bleistift über Kongressgebühren bis hin zu den Kosten, die für die Veröffentlichung der Dissertation anfallen. Die einzige Bedingung: Es muss für das Finanzamt plausibel sein, dass Ihre Promotion in einem Zusammenhang mit Ihrer späteren Berufswahl steht.
Denken Sie dann über mögliche Einnahmequellen nach. Einnahmequellen – neben einer eventuellen Unterstützung durch die Eltern, den Dividenden aus Ihrem Aktienportfolio oder einer solventen Partnerin – gibt es drei: eine Beschäftigung an der Universität (beziehungsweise einem Forschungsinstitut), einen Job außerhalb der Forschung, ein Stipendium. Alle drei Einnahmequellen können (in Grenzen) miteinander kombiniert werden. Zum Jobben brauche ich hier nicht viel zu sagen: Sie wissen selbst am besten, wo Sie sich in Ihrer Unistadt als studentische Aushilfe verdingen können. Deshalb rede ich hier jetzt nur über Univerträge und Stipendien.
BESCHÄFTIGUNGSVERHÄLTNISSE AN DER UNIVERSITÄT ODER AN EINEM FORSCHUNGSINSTITUT
Es gibt prinzipiell zwei Varianten: »Qualifikationsstellen« (Wissenschaftlicher Mitarbeiter), die aus den Haushaltsmitteln der Hochschule finanziert werden, und »Drittmittelstellen«, deren Finanzierung eingeworben werden muss. Die Bezahlung richtet sich im Allgemeinen nach dem Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst der Länder (TV-L; das Land Hessen hat einen eigenen Tarifvertrag, TV-H), und darin jeweils nach der Entgeltgruppe 13. Qualifikationsstellen sind auf maximal 6 Jahre befristet, sie können allerdings nach einer erfolgreichen Promotion (und beiderseitigem Wunsch nach Weiterbeschäftigung) einmalig um weitere 6 Jahre verlängert werden (bei Medizinerinnen sogar um 9 Jahre). Das ist dann die Postdoc-Phase. (Den Gesetzestext zu den Befristungen finden Sie im Wissenschaftszeitvertragsgesetz – WissZeitVG).
Das Schöne (und zugleich Belastende) an Qualifikationsstellen ist, dass Sie als wissenschaftliche Mitarbeiterin in den akademischen Betrieb eingebunden werden. Denn das Hochschulrahmengesetz (HRG) sieht vor, dass Promovierenden »ausreichend Gelegenheit zu eigener wissenschaftlicher Arbeit gegeben« werden soll, aber auch, dass Ihnen »wissenschaftliche Dienstleistungen obliegen«, die nicht näher spezifiziert werden, und dass Ihnen in »begründeten Fällen […] die selbständige Wahrnehmung von Aufgaben in Forschung und Lehre übertragen werden« kann (§ 53 HRG).
Schön daran ist, dass Sie dadurch viele Einblicke in den Hochschulalltag von der »anderen Seite«, also der nichtstudentischen Seite bekommen, dass Sie (falls Sie mit der Abhaltung von Lehrveranstaltungen beauftragt werden) Ihre pädagogischen Fähigkeiten und Ihre »Bühnenpräsenz« trainieren können, und vor allem, dass Sie eine Menge informelles Wissen aufnehmen können und Menschen treffen, die am Lehrstuhl beschäftigt sind, an die Sie sonst nie herankämen.
Belastend kann es allerdings sein, wenn Sie an eine Professorin geraten, die übergroßen Wert auf die Erbringung »wissenschaftlicher Dienstleistungen« aller Art legt und sich dabei einen sehr weiten Interpretationsspielraum vorbehält, was eine »wissenschaftliche Dienstleistung« ist und was nicht – und die dabei aus dem Blick verliert, dass eine Qualifikationsstelle hauptsächlich dazu dienen sollte, dass Sie Ihre Promotion voranbringen können. (Lesen Sie dazu auch unten den Abschnitt »Die Vielbeschäftigte«, S. 106 ff.)
Drittmittelstellen sind meistens projektgebunden, und die Dauer der Finanzierung richtet sich nach der Laufzeit des Projekts – ist also immer zu kurz. Um die Mitteleinwerbung für ein Folgeprojekt (zur Anschlussfinanzierung) müssen Sie sich meist selbst kümmern, da von Ihnen als Inhaberin einer Drittmittelstelle erwartet wird, dass Sie sich im Metier der Drittmitteleinwerbung auskennen. Haben Sie allerdings erfolgreich Drittmittel eingeworben, ist das ein Pfund, mit dem Sie später auf dem Arbeitsmarkt wuchern können. (»Was haben Sie bisher so gemacht?« – »Ich habe wissenschaftlich geforscht!« – »Meh … und sonst so?« – »Ich bin gut in Marketing …« – »Ok. Gekauft!«)
Der Einwerbungs-, Administrations- und Evaluationsaufwand ist hoch, denn natürlich möchte der Finanzier Ihrer Promotion genau über den Fortschritt Ihrer Bemühungen und den Zusammenhang dieser Bemühungen zum Fortschritt des Gesamtprojekts informiert werden. (Die Stipendiengeber verfahren da übrigens nicht anders.) Darüber hinaus sind Sie auch als Inhaberin einer Drittmittelstelle nicht davor gefeit, mit mehr oder weniger wörtlich zu nehmenden »wissenschaftlichen Dienstleistungen« beauftragt zu werden: Mit der Erstellung von Sitzungsprotokollen, Pressetexten, der Organisation von Tagungen, redaktionellen Aufgaben bei der Publikation von Tagungs- Sammel- und sonstigen Bänden, der Betreuung von Studentinnen oder Praktikantinnen usw. Sie sind auf einer Drittmittelstelle also keineswegs freier als auf einer Qualifikationsstelle, nur hat die Drittmittelstelle eine kürzere Laufzeit.
Häufig sind auch Kombinationen aus Qualifikations- und Drittmittelstellen – denn nirgendwo steht geschrieben, dass es sich dabei immer um Vollzeitstellen handeln muss. »Halbe« oder gar »Viertel« Mitarbeiterstellen sind gängige Praxis, der Rest Ihres monatlichen Auskommens wird dann aus Drittmitteln bestritten, oder Sie müssen sonst wie aufstocken.
Hier lassen sich zwei Großgruppen unterscheiden: die 13 Begabtenförderungswerke, die aus den Mitteln des Ministeriums für Bildung und Forschung (BMBF) und des Auswärtigen Amts (AA) schöpfen, und freie Stipendiengeber, die sich teils an die Vorgaben des BMBF halten, teils nicht. Einen ersten Überblick über die Vielfalt möglicher Stipendien und dahinter stehender Institutionen können Sie sich auf der Seite »stipendienlotse« des Bildungsministeriums verschaffen ( www.stipendienlotse.de). Da sich die Förderbedingungen bei den fast 200 freien Stipendiengebern (von »Airbus Operations GmbH« bis »ZONTA Club München II«) naturgemäß erheblich unterscheiden, kann ich hier keine speziellen Tipps geben. Schauen Sie einfach im Netz, welche Institution zu Ihnen und Ihrem Promotionsthema passen könnte.
Die 13 Begabtenförderungswerke arbeiten – anders als die freien Stipendiengeber – unter einheitlichen Vorgaben des BMBF, weshalb hier einige strukturelle Hinweise zu diesen Promotionsstipendien gegeben werden können.
Die Idee der Begabtenförderungswerke stammt aus der Weimarer Republik. Zum einen handelt es sich da um die von Friedrich Ebert angeregte (und nach seinem Tod 1925 gegründete) Stiftung, die proletarischen sozialistischen Studenten bei der Finanzierung des Studiums unter die Arme greifen sollte, und zum anderen um die Studienstiftung des deutschen Volkes, die aus dem Dachverband der studentischen Selbsthilfevereine, der »Wirtschaftshilfe der Deutschen Studentenschaft« hervorging, ebenfalls 1925. Die Friedrich-Ebert-Stiftung wurde im Nationalsozialismus verboten, die Studienstiftung gleichgeschaltet – doch wurde Letztere bereits vor der Verkündigung des Grundgesetzes der Bundesrepublik wieder neu gegründet, die Umwandlung der nach dem Krieg ebenfalls neugegründeten Friedrich-Ebert-Stiftung in einen gemeinnützigen Verein folgte 1954.
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