•Einen kurzen Hinweis auf die Forschungslage (sie sollten demonstrieren, dass sie schon etwas zu Ihrem Thema gelesen haben), gerne auch mit einem Hinweis auf »Desiderate«.
•Die » Positionierung « Ihrer Fragestellung / Ihres Forschungsansatzes in Bezug auf die vorhandene Forschung.
•Die Nennung einer Theorie , besser mindestens zweier Theorien, die für Ihre Fragestellung einschlägig sind, mitsamt einer Selbstpositionierung des von Ihnen bevorzugten Theorieansatzes.
•Die Nennung der von Ihnen intendierten Methode .
•Überlegungen, wie Sie die Erschließung von Daten angehen wollen: Gibt es Vorfeldexperimente, auf die Sie sich beziehen können? Haben Sie sich Gedanken um den Feldzugang gemacht (wenn Sie zum Beispiel Interviews machen wollen)? Sind alle Literaturquellen zugänglich, und wenn ja: wo?
•Eine vorläufige Gliederung der zu schreibenden Dissertation.
•Ein Zeitplan ; hier sind eventuelle Auslandsaufenthalte zu berücksichtigen.
•Eine Literaturliste.
Gehen Sie nicht leichtfertig mit dem Exposé um! Gerade wenn die Finanzierung Ihrer Promotion von einer Stelle an einem Institut oder von einem Stipendium abhängig sein sollte, hängt ja besonders viel von der Überzeugungskraft Ihres Exposés ab. Verschwenden Sie andererseits aber auch nicht zu viel Zeit mit dem Exposé. Denn wenn es auch schon den Charakter einer Dissertation im Kleinen tragen soll: Es ist nur das Programmheft, nicht die Aufführung selbst. (Dieses Thema wird im Kapitel »Die Produktionsphase der Promotion« ab S. 71 noch einmal aufgegriffen und ausführlicher behandelt.)
Sobald Sie wissen, bei wem – und vor allem: an welcher Fakultät – Sie promoviert werden wollen, sollten Sie sich die aktuelle Promotionsordnung dieser Fakultät beschaffen. Sie ist Ihr formaler Leitfaden für die organisatorische Koordination der nächsten Schritte, die Sie absolvieren müssen, damit Ihr Promotionsprojekt offiziell wird. Studieren Sie vor allem die Abschnitte über die formalen Voraussetzungen zur Beantragung des Promotionsverfahrens und eventuelle Zeitfristen, die beachtet werden müssen. Manche Fakultäten verlangen noch weitere Studienleistungen über den Masterabschluss hinaus, sodass sie neben der Arbeit an Ihrer Dissertation noch Seminare absolvieren müssen. Sollten Sie zum Beispiel kein Latinum besitzen und in einem Studiengang promovieren wollen, der dies laut Promotionsordnung voraussetzt, ist es jetzt höchste Zeit, das nachzuholen. Dies sollte alles in Ihren Zeit- und Organisationsplan einfließen. Wie wichtig die Promotionsordnung ist, soll die folgende Erzählung verdeutlichen. Sie beruht auf Tatsachen, die handelnden Personen sind nicht frei erfunden!
DIE GESCHICHTE VON DER VERSCHWUNDENEN PROMOTIONSORDNUNG
Eine Freundin von mir, die schon längst einem regulären Beruf außerhalb der Universität nachgeht, hat in ihrer Freizeit an der Dissertation gearbeitet, was – wie man sich angesichts dieser Umstände denken kann – viele Jahre dauerte. Glücklicherweise sind ihr die Prüferinnen in dieser langen Zeit nicht »weggestorben« (ich schreibe »glücklicherweise«, weil ich selber das Pech hatte, dass meine Betreuerin kurz vor der Prüfungsphase starb), und das gesamte Promotionsverfahren schritt gemächlich (und von allem Beteiligten fast unbemerkt) voran.
Irgendwann hatte sie genug Quellen studiert, Akten ausgewertet, die Sekundär- und Tertiärliteratur zu ihrem Thema rezipiert, kurzum: Sie hatte ein ansehnliches Quantum Text produziert, in Teilen wieder verworfen, neu formuliert, umgruppiert, hin und her gewendet, hier ergänzt, dort gekürzt, mit Exkursen versehen … die Textmasse also war aufgegangen, und endlich fand sie, die Dissertation sei fertig, es gebe zu diesem Thema fortan nichts mehr zu sagen, wenigstens von ihrer Seite nicht. Punkt. Ende.
Drei Gedanken beschäftigten sie nun: Sie musste sich bei ihren Prüferinnen wieder in Erinnerung rufen – und welchen schöneren Anlass dafür kann es geben, als »Vollzug« zu melden und das Opus Magnum als PDF an die Doktormutter zu schicken? Außerdem galt es, die Präliminarien der mündlichen Prüfung zu besprechen und etwaige Termine zu koordinieren – und darüber hinaus hatte sie sich Gedanken um die Veröffentlichung des Textes zu machen.
Nach dem mühevollen Abfassen einer Einleitung – die, wie alle Einleitungen, zugleich eine Einführung ins Thema und eine Zusammenfassung der Ergebnisse ist, also eigentlich noch mal die ganze getane Arbeit in Zeitraffer wiederholt (dazu später mehr) – gab meine Freundin, sobald ihre Prüferin verlautbart hatte, dass es ihrerseits keine Änderungswünsche mehr gebe, das gesamte Textkonvolut an eine Lektorin, die Tippfehler und gelegentliche stilistische Nachlässigkeiten ausmerzte, die Zitate vereinheitlichte und ein Register anfertigte, sodass der Text nun als »satzfähig« gelten und Verhandlungen mit einem Wissenschaftsverlag aufgenommen werden konnten. Außerdem wurden noch zwei »maschinenschriftliche« Exemplare auf dem eigenen Laserdrucker ausgedruckt und in einem Copyshop geheftet, um sie, versehen mit einer Notiz zur eigenen Person sowie der Bemerkung, dass es sich hier um eine »Dissertation zur Erlangung der Doktorwürde« (was denn auch sonst?) handle, nebst einer »eidesstattlichen Erklärung«, dass hier nicht gepfuscht worden sei, bei der Fakultät abgeliefert.
Die Verhandlungen mit dem Verlag liefen gut. Man war sich relativ schnell einig über die Auflagenhöhe (niedriger dreistelliger Betrag) und Kosten (mittlerer vierstelliger Betrag), und der Verlag schickte das PDF nach einer kurzen Kontrolle weiter an die Setzerin – es handelte sich um einen der besseren Verlage, die ihren Autorinnen nicht auch noch die undankbare Aufgabe des Layoutens aufbrummen (was heute leider fast die Regel ist). Den »Waschzettel« (der Werbetext zum Buch, der kurz auf den Inhalt eingeht und ein paar biografische Schnipsel zur Verfasserin enthält) saugte sich eine Praktikantin aus den Fingern, und eine Designerin wurde mit der Covergestaltung beauftragt. Mit dem Verlagsvertrag in der Tasche konnte sich meine Freundin dann zur Prüfung anmelden (diesen Hinweis hatte sie von einer Sekretärin im Büro der Fakultät erhalten – keine Anmeldung zur Prüfung ohne unterschriebenen Verlagsvertrag!)
Die Disputatio (das Prüfungsgespräch – je nach Fakultät gibt es noch eine größere mündliche Prüfung, das Rigorosum) verlief ohne Probleme, da das Promotionsverfahren ja schon von langer Hand initiiert worden war und nur Details zu einzelnen Thesen der Dissertation besprochen wurden. Das Abfragen allgemeiner Fachkenntnisse sparte man sich, es gab keinerlei Rivalitäten unter den Mitgliedern der Prüfungskommission, und niemand hatte die Absicht, aus Profilierungsgründen die Kandidatin in die Pfanne zu hauen. Alle waren froh, die Sache endlich abschließen zu können. Meine Freundin bekam eine Note, mit der alle »sehr gut leben« konnten, sowie eine Urkunde, die ihr die Erlaubnis bescheinigte, sich fortan »Dr. des.« (Dr. designatus, »für den Doktortitel vorgesehen«) nennen zu dürfen.
Da der Buchsatz (heute sagt man auch oft Layout) relativ schnell geht, buchte der Verlag, nachdem meine Freundin schnell das »Imprimatur« (die Druckgenehmigung) erteilt hatte, »zeitnah« einen Termin bei der Druckerei, um das Buch noch vor Beginn der Buchmesse ausliefern zu können (Verlage sind generell an der Einhaltung des Produktionsplans interessiert, weil es immer »vor Beginn der Buchmesse« ist).
Und während die ersten Bögen aus der Druckmaschine schossen, dachte sich meine Freundin, was sie denn jetzt zum Abschluss tun müsse, um den »echten« Doktortitel zu bekommen. »Dr. des.« oder »Doktor in spe« ist ja nichts Richtiges. Würde eine Email ausreichen, dass das Buch jetzt vorliege und man es in den Buchhandlungen kaufen könne? Oder müssten gedruckte Exemplare an die Fakultät geschickt werden? Und wenn ja: wie viele Exemplare? Um sich darüber Klarheit zu verschaffen, warf sie einen Blick in die Promotionsordnung ihrer Fakultät – zum ersten Mal seit vielen Jahren .
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