Die elektronische Vergabe ist ein Teilbereich der elektronischen Beschaffung (E-Procurement).
Teilnahmeanträge und Angebote im Baubereich
Im Baubereich legt der Auftraggeber fest, in welcher Form die Angebote einzureichen sind (§ 13 VOB/A und § 13 EU VOB/A).
Schriftlich eingereichte Angebote müssen unterzeichnet sein.
Elektronisch übermittelte Angebote sind nach Wahl des Auftraggebers zu versehen mit
• einer fortgeschrittenen elektronischen Signatur,
• einer qualifizierten elektronischen Signatur,
• einem fortgeschrittenen elektronischen Siegel oder
• einem qualifizierten elektronischen Siegel.
Der Auftraggeber hat die Datenintegrität und die Vertraulichkeit der Angebote auf geeignete Weise zu gewährleisten.
Per Post oder direkt übermittelte Angebote sind in einem verschlossenen Umschlag einzureichen, als solche zu kennzeichnen und bis zum Ablauf der für die Einreichung vorgesehenen Frist unter Verschluss zu halten.
Bei elektronisch übermittelten Angeboten ist dies durch entsprechende technische Lösungen nach den Anforderungen des Auftraggebers und durch Verschlüsselung sicherzustellen. Die Verschlüsselung muss bis zur Öffnung des ersten Angebots aufrechterhalten bleiben.
Teilnahmeanträge und Angebote im Liefer- und Dienstleistungsbereich
Seit dem 01.01.2020 gibt der Auftraggeber grundsätzlich vor, dass die Unternehmen ihre Interessensbekundungen, Interessensbestätigungen, Teilnahmeanträge und Angebote gem. § 38 UVgO und § 53 VgV in Textform nach § 126 b des Bürgerlichen Gesetzbuchs ausschließlich mithilfe elektronischer Mittel gem. § 7 UVgO übermitteln. Dasselbe gilt für die sonstige Kommunikation.
Danach verwenden der Auftraggeber und die Unternehmen für das Senden, Empfangen, Weiterleiten und Speichern von Daten in einem Vergabeverfahren grundsätzlich Geräte und Programme für die elektronische Datenübermittlung (elektronische Mittel) nach Maßgabe der UVgO und der VgV.
Prüfung und Wertung der Angebote
Die Prüfung und Wertung der Angebote erfolgt nach Eingang der Angebote und anschließender Submission. Alle rechtzeitig vorgelegten Angebote sind danach zu prüfen und inhaltlich zu werten. Die Prüfung und Wertung der Angebote erfolgt in nachstehend aufgeführten Wertungsstufen, in denen nacheinander geprüft und untersucht wird, ob einzelne Angebote ausgeschlossen werden müssen oder können (Formalprüfung), ob die Bieter geeignet sind, welche Angebote für den Zuschlag in die engere Wahl kommen und welches von diesen Angeboten das wirtschaftlichste Angebot ist.
In der VOB/A sind hierfür sogar jeweils fünf eigenständigen Paragrafen unterhalb und oberhalb der Schwellenwerte aufgeführt, wobei in mehreren Schritten Folgendes geprüft wird:
• Zulassung der Angebote zur Wertung oder Ausschluss der Angebote (§ 16 VOB/A und § 16 EU VOB/A)
Prüfung der Angebote, ob sie aus zwingenden oder ggf. auch aus fakultativen Gründen auszuschließen sind.
• Gegebenenfalls Nachforderung von Unterlagen (16a VOB/A bzw. § 16a EU VOB/A)
Sofern das Angebot nicht bereits aus formalen Gründen ausgeschlossen wurde, erfolgt eine Nachforderung von fehlenden geforderten Erklärungen oder Nachweisen.
• Eignung der Bieter (§ 16 b VOB/A und § 16 b EU VOB/A) In dieser Wertungsstufe erfolgt die Prüfung der Eignung der Bieter, wobei anhand der vorgelegten Nachweise die Angebote der Bieter auszuwählen sind, deren Eignung die für die Erfüllung der vertraglichen Verpflichtungen notwendigen Sicherheiten bietet.
• Prüfung der Angebote (§ 16c VOB/A und § 16c EU VOB/A)
Prüfung der Angebote auf Einhaltung der gestellten Anforderungen, insbesondere in rechnerischer, technischer und wirtschaftlicher Hinsicht.
• Wertung der Angebote (§ 16d VOB/A und § 16d EU VOB/A)
In diesem Wertungsschritt werden u. a. eine Prüfung der Angemessenheit der Angebotspreise und die Ermittlung des wirtschaftlichsten Angebots anhand der vorgegebenen Zuschlagskriterien durchgeführt. Weiterhin erfolgen hier ggf. eine Beurteilung von angebotenen Leistungen, die von den vorgesehenen technischen Spezifikationen abweichen und eine Beurteilung von evtl. angebotenen Preisnachlässen und zugelassenen Nebenangebotenen.
Formelle Angebotsprüfung
Zunächst prüft der Auftraggeber die Vollständigkeit der abgegebenen Angebote (formelle Angebotsprüfung). Dabei wird festgestellt, ob formelle Gründe für einen Ausschluss vorliegen, etwa formelle Mängel (§ 16 VOB/A, § 16 EU VOB/A, § 42 UVgO und § 56 VgV). Hier muss somit geprüft werden, ob Angebote zwingend oder ggf. auch fakultativ auszuschließen sind.
Hiernach sind z. B. Angebote aus folgenden Gründen auszuschließen (keine abschließende Aufzählung):
• Angebote, die nicht fristgerecht eingegangen sind
• Angebote, die den Bestimmungen der §§ 13 VOB/A und 13 EU VOB/A Abs. 1 Nr. 1, 2 und 5 nicht entsprechen (Form der Angebote, Gewährleistung der Datenintegrität und Vertraulichkeit der Angebote, keine Änderungen an den Vergabeunterlagen, evtl. Änderungen des Bieters an seinen Eintragungen müssen zweifelsfrei sein)
• wenn geforderte Unterlagen fehlen und der öffentliche Auftraggeber festgelegt hat, dass er keine Unterlagen nachfordern wird
• nicht zugelassene Nebenangebote sowie Nebenangebote, die den Mindestanforderungen nicht entsprechen
• Angebote von Bietern, die im Vergabeverfahren vorsätzlich unzutreffende Erklärungen in Bezug auf ihre Fachkunde und Leistungsfähigkeit abgegeben haben
Nachforderung von Unterlagen (§ 16 a VOB/A bzw. § 16 a EU VOB/A, § 41 UVgO, § 56 VgV)
Sofern das Angebot nicht bereits aus formellen Gründen ausgeschlossen wurde, erfolgt ggf. eine Nachforderung von fehlenden geforderten Erklärungen oder Nachweisen. Der öffentliche Auftraggeber kann den Bewerber oder Bieter somit unter Einhaltung der Grundsätze der Transparenz und der Gleichbehandlung auffordern, fehlende, unvollständige oder fehlerhafte unternehmensbezogene Unterlagen, insbesondere Eigenerklärungen, Angaben, Bescheinigungen oder sonstige Nachweise, nachzureichen, zu vervollständigen oder zu korrigieren, oder fehlende oder unvollständige leistungsbezogene Unterlagen innerhalb einer bestimmten Frist nachzureichen oder zu vervollständigen.
Der öffentliche Auftraggeber ist allerdings auch berechtigt, bereits in der Auftragsbekanntmachung oder den Vergabeunterlagen festzulegen, dass er keine Unterlagen nachfordern wird.
Prüfung der Eignung
In dieser Prüfungsstufe wird die Eignung der Bieter für die Ausführung des Auftrags anhand der vorgelegten Erklärungen und Nachweise geprüft (§ 16 b VOB/A, § 16 b EU VOB/A, § 33 UVgO, § 42 VgV).
Der öffentliche Auftraggeber überprüft hier die Eignung der Bewerber oder Bieter anhand der festgelegten Eignungskriterien und das Nichtvorliegen von Ausschlussgründen nach den §§ 123 d, 124 des GWB sowie ggf. Maßnahmen zur Selbstreinigung nach § 125 des GWB.
Prüfung der Angebote in rechnerischer, technischer und wirtschaftlicher Hinsicht
Die nicht ausgeschlossenen Angebote geeigneter Bieter sind auf die Einhaltung der gestellten Anforderungen, insbesondere in rechnerischer, technischer und wirtschaftlicher Hinsicht zu prüfen (§ 16 c VOB/A, § 16 c EU VOB/A, § 41 UVgO, 56 VgV). Als Nachweis für die Erfüllung spezifischer umweltbezogener, sozialer oder sonstiger Merkmale der zu vergebenden Leistung sind Bescheinigungen, insbesondere Gütezeichen, Testberichte, Konformitätserklärungen und Zertifizierungen, zugelassen. Wenn der Gesamtbetrag einer Ordnungszahl (Position) nicht dem Ergebnis der Multiplikation von Mengenansatz und Einheitspreis entspricht, so ist der Einheitspreis maßgebend.
Die Prüfung der Angemessenheit der Angebotspreise sollte nicht nur für Teilleistungen erfolgen, sondern vorrangig auch im Rahmen der Gesamtsumme des Angebots beurteilt werden. Sind jedoch die einzelnen Einheitspreise für Teilleistungen erkennbar unangemessen hoch oder niedrig, so sollte eine Einsicht in die Kalkulation bzw. in die Preisermittlungsunterlagen vorgenommen werden.
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