Michael Gerwien
Mord am Viktualienmarkt
Ein Fall für Exkommissar Max Raintaler
Biergartenkrimi Freitagnachmittag in der bayerischen Landeshauptstadt. Seit Tagen herrscht eine extreme Föhnlage. Die Stimmung der Menschen in München ist deshalb reichlich aggressiv und aufgekratzt. Exkommissar Max Raintaler und sein Freund und Exkollege Franz Wurmdobler feiern im lauschigen Biergarten auf dem Viktualienmarkt die Lösung ihres letzten Falles. Kurz nachdem sie ihr erstes Bier geholt haben, gesellen sich zwei sympathische Urlauberinnen zu ihnen, die brünette Mathilde Maier und die blonde Dagmar Siebert aus Dortmund. Dagmar bleibt wenig später verschwunden, nachdem sie sich von allen wegen eines kurzen Treffens mit einem Bekannten am Marienplatz verabschiedet hatte. Da sie am Abend immer noch nicht zurück ist, machen sich Mathilde und Max auf die Suche nach ihr. Dabei wird Max von hinten niedergeschlagen. Als er wieder aufwacht, ist Mathilde ebenfalls nicht mehr auffindbar. Max und Franz befürchten, dass ein Verbrechen dahinter stecken könnte und machen sich auf die Suche nach den beiden Frauen.
Michael Gerwien lebt in München. Er arbeitet dort als Autor von Kriminalromanen, Thrillern, Kurzgeschichten und Romanen. Seine Lesungen begleitet er selbst mit Musik.
Personen und Handlung sind frei erfunden.
Ähnlichkeiten mit lebenden oder toten Personen
sind rein zufällig und nicht beabsichtigt.
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Alle Rechte vorbehalten
Lektorat: Claudia Senghaas, Kirchardt
Herstellung/E-Book: Mirjam Hecht
Umschlaggestaltung: U.O.R.G. Lutz Eberle, Stuttgart
unter Verwendung eines Fotos von: © EdLantis / stock.adobe.com
ISBN 978-3-8392-6938-1
Freitagnachmittag, München, Viktualienmarkt. Der Föhn dauerte jetzt schon drei Tage an. Es war deshalb viel zu warm für die Jahreszeit. Die trotz des Sonnenscheins teils übellaunigen und unnatürlich aufgekratzt wirkenden Gesichter der hin und her eilenden Leute bereiteten dem sportlich kurzgeschorenen Ex-Kommissar Max Raintaler keine rechte Freude.
Herrschaftszeiten, sollten sie sich doch lieber zusammenreißen und ihn ein wenig aufheitern. Mit einem netten Lächeln zum Beispiel. Föhngrantig war er schließlich selber.
»Ich hol uns noch eine Halbe«, meinte der kleine, aber dafür sehr rundliche glatzköpfige Hauptkommissar Franz Wurmdobler, sein früherer Kollege bei der Kripo.
Max saß seit einer Stunde mit ihm an einem schattigen Tisch in einem gemütlichen kleinen Biergarten inmitten der Obst- und Gemüsestände. Es roch überall nach einer wilden Mischung aus Knoblauch, Kräutern, Blumen, Käse, Bier, Schweinsbraten, Sauerkraut und Schweinswürschteln. Vor einer guten halben Stunde hatten sich zwei sympathisch wirkende, gut gekleidete Frauen im mittleren Alter zu ihnen gesetzt. Sie hatten sich ihnen als Dagmar und Mathilde vorgestellt.
»Die Damen auch noch ein Bier?« Franz zeigte auf ihre fast leeren Gläser.
»Danke, Herr Franz. Sehr lieb. Aber wir holen uns später selbst noch etwas.« Die auf seiner Seite des Tisches sitzende blonde Dagmar lächelte kurz.
»Ist in Ordnung. Man will sich auf keinen Fall aufdrängen.« Er nickte mit zurückhaltendem Gesichtsausdruck.
»Also, von mir aus gern«, erwiderte Max. Seine stahlblauen Augen strahlten fröhlich. »Bei dem trockenen Wind kriegt man ja Risse im Gesicht.«
Franz trollte sich lachend Richtung Ausschank.
Der Föhn, ein warmer Fallwind von der Alpennordseite, war in erster Linie angenehm trocken und mild auf der Haut zu spüren. Aber er wirkte auch auf das Gemüt und konnte so die Menschen im ganzen Voralpenland und speziell in München förmlich in den Wahnsinn treiben. So mancher sollte deswegen bereits aus dem Fenster gesprungen sein oder jemanden in rasender Wut erschlagen haben.
»Soll ich uns doch lieber gleich noch ein schönes Bierchen holen, Mathilde?« Dagmar bedachte ihre dunkelhaarige Begleiterin mit einem fragenden Blick.
Alle zwei waren vom Typ Naturschönheit ohne viel Schminke im Gesicht, wie Max gleich zu Beginn erfreut registriert hatte.
»Gerne, meine Liebe.« Sie schaute Max von der Seite an, während sie mit Dagmar sprach, und er bekam prompt das Lächeln geschenkt, das er sich gerade eben noch gewünscht hatte.
»Selbst ist die Frau, stimmt’s?«, sagte er und sah abwechselnd von einer zur anderen.
»Wir wollen nur niemandem zur Last fallen, Max.« Dagmar räusperte sich umständlich.
»Verstehe.«
Die zwei hatten vorhin erzählt, dass sie aus Dortmund kamen und einen kurzen Wochenendtrip zusammen unternahmen. Sie seien absichtlich ohne Anhang am Vormittag mit dem Flieger angereist. Damit sie mal richtig schön ausspannen und shoppen gehen könnten.
Max und Franz hatten die offenherzigen Geständnisse mit einem interessierten und erfreuten Kopfnicken quittiert.
Möglicherweise hatten die beiden das aber missverstanden und nun befürchtet, sich mit einem angenommenen Angebot zum Biermitbringen zu etwas zu verpflichten, das sie am Ende gar nicht wollten. Vielleicht waren sie aber auch einfach nur schüchtern oder eigen.
»Ganz schön heiß hier bei Ihnen«, richtete sich die sehr schlanke Mathilde an Max, als ihre groß gewachsene Freundin Dagmar, wie zuvor bereits Franz, in Richtung Schenke verschwunden war. »Und das sogar Ende April und am späten Nachmittag.«
»Das dürfen Sie laut sagen«, erwiderte er lächelnd. Schüchtern fand er sie eigentlich nicht. Eher zurückhaltend. Was aber auf gar keinen Fall unsympathisch wirkte. »Man nennt uns Münchner auch die Sizilianer Deutschlands.« Er zog vielsagend die Brauen hoch.
»Das habe ich schon mal gehört.« Sie lachte glockenhell. »Die Männer hier sehen auch fast so gut aus wie die Italiener.«
»Fast so gut?« Er runzelte mit gespieltem Entsetzen die Stirn.
»Besser«, korrigierte sie sich. »Weil größer.« Sie lachte erneut. »Ich persönlich mag dunkle Haare sehr gern bei Männern.« Ihr Blick war direkt.
»Blonde nicht?«
»Blonde erst recht.« Sie lachte erneut.
»Auch wenn sie kurz sind und graue Strähnen haben, wie bei mir?«
»Unbedingt.«
»Jetzt sind wir beieinander. Mir gefallen dunkle und blonde Haare auch sehr gut.« Er lachte ebenfalls.
»Hauptsache Haare.« Sie lachte noch lauter als zuvor.
»Ja, genau. Prost.«
Sie stießen mit den Resten in ihren Biergläsern an und tranken sie unverzüglich leer.
»Bei uns in Bayern duzt man sich übrigens am Biertisch, Mathilde.«
»Geht in Ordnung, Max.« Sie lachte wieder. »Bei uns in Dortmund trinkt man übrigens Pils.« Sie zeigte auf die leeren Gläser.
»Nichts für mich.« Max schüttelte sich mit gespieltem Ekel. »Viel zu bitter, und dann diese winzigen Gläschen. Da ist mir unser Münchner Helles schon lieber.«
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