Reiner Möckelmann
Bismarcks furchtlose Enkelin gegen Hitler
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Der Theiss Verlag ist ein Imprint der WBG
(Wissenschaftliche Buchgesellschaft), Darmstadt
© 2018 by WBG (Wissenschaftliche Buchgesellschaft), Darmstadt
Umschlaggestaltung: Harald Braun, Berlin
Umschlagabbildung: Leopold Bill v. Bredow/myheritage
Redaktion: Helga Gläser, Berlin
Satz: Melanie Jungels, scancomp GmbH, Wiesbaden
Die Herausgabe des Werkes wurde durch die Vereinsmitglieder der WBG ermöglicht.
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ISBN 978-3-8062-3662-0
Elektronisch sind folgende Ausgaben erhältlich:
eBook (PDF): 978-3-8062-3743-6
eBook (epub): 978-3-8062-3744-3
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Innentitel
Inhaltsverzeichnis
Informationen zum Buch
Informationen zum Autor
Impressum
Prolog
Kindheit und Jugend in goldenen Zeiten
Ehe in Zeiten des Umbruchs
Der Seelenverwandte Sydney Jessen
Femina Politica
Die Nationalsozialisten früh im Blick
Im Visier der braunen Machthaber
Der Terrorstaat im Werden
Deutsche Frau und Mutter im „Dritten Reich“
Außenseiterin der Familie
Das Leben in der „falschen“ Gesellschaft
In der Wertegemeinschaft ‚Bekennende Kirche‘
Unter politisch Gleichgesinnten im Solf-Kreis
Im Umfeld der Attentäter des 20. Juli 1944
Sonderbehandlung einer Dissidentin
Der vierte Lebensabschnitt
Epilog
Gedanken über das Phänomen Angst – Hannah von Bredow, Basel, 26. Januar 1949
Stammbaum
Chronik
Anmerkungen
Bildnachweis
Literatur
Personenverzeichnis
Am Abend des 31. Januar 1933, nachdem Reichspräsident Paul von Hindenburg Adolf Hitler zum Reichskanzler ernannt hatte, notierte Hannah von Bredow in ihrem Tagebuch: „Die Welt ist aus den Fugen, und wir können nur abwarten, bis uns das Genick umgedreht wird. Schauerlich. Die Menschen sind alle toll.“ Zwei Monate später, am 30. März 1933, kommentiert sie nach einem Treffen mit Hitler, welches ihr Bruder arrangiert hatte: „Das Ekel Hitler […] Er ist ein Wahnsinniger.“ Wer war diese Frau, die mit derart deutlichen Worten gegen Hitlers Terrorregime kämpfte, unbeirrt? Die enge Kontakte zu hochkarätigen Politikern hatte und gleichzeitig zu Planern eines Hitler-Umsturzes? Die von der Gestapo überwacht wurde und doch immer wieder ihrer Verhaftung entging?
Es war im Frühsommer 1967, als die 74-jährige Hannah von Bredow ihrem jüngsten Sohn Leopold Bill aus ihrem Refugium im schweizerischen Les Diablerets ihr Leben schilderte, in der Form eines abenteuerlichen Parforceritts, unauflösbar verwoben mit der unseligen deutschen Geschichte des 20. Jahrhunderts:
„‚Dies ater‘ – Unglückstag! 1914 war ich in Kiel als gefeierte ‚Täuferin‘ des H.A.P.A.G.-Schiffes ‚Bismarck‘, das nie auslief, sondern vom Dock ab den Engländern 1918 ausgehändigt und ‚Majestic‘ genannt wurde. Ein Admiral von Coerper sollte ein großes Gartenfest nach der letzten Regatta geben, für den Abend war der Ball im Palais Prinz Heinrich angesetzt, und um 16 Uhr kam statt all dieser geplanten Festlichkeiten die Nachricht vom Mord in Sarajewo. Und damit hörte der erste Teil meines Lebens auf; jäh und unvermittelt, wie mit einem Paukenschlag.“
Hannah von Bredow war am 22. November 1893 als Hannah Leopoldine Alice Gräfin von Bismarck-Schönhausen geboren worden, als älteste Tochter von Otto Fürst von Bismarcks Sohn Herbert und dessen Frau Marguerite, geb. Gräfin von Hoyos Freiin zu Stichsenstein.
Im Rückblick erzählt sie weiter: „Der zweite Teil begann mit meiner Hochzeit im Kriege und dauerte bis zur Hitlerei 1933 gleich nach Deiner Geburt. Damals war ich 39 Jahre alt, nur fünf Jahre älter als Du jetzt bist. Nach Papas Tod begann dann der dritte Teil, der in sausender Fahrt zum Abgrund für uns alle ging und dem für mich kein vierter Teil folgen wird.“
Für die älteste Enkelin Otto Fürst von Bismarcks, des Gründers und langjährigen Kanzlers des Deutschen Reichs, folgte bis zu ihrem Tod im Juni 1971 durchaus ein vierter Teil ihres Lebens, der allerdings weit unspektakulärer als die vorherigen drei war, besonders als derjenige in „der Hitlerei“.
Nur knapp einen Monat nachdem sie dem Sohn ihre Lebensphasen so skizziert hatte, vertraute Hannah von Bredow ihm im Juli 1967 an, dass sie ihre „vielerei Schreiberei“ sichten und ordnen wolle, da diese „für die Nachkommen informatorisch interessant sein“ könne. Hannah von Bredows unzählige, in gestochener Handschrift nahezu täglich an die engere und weitere Familie, an Freunde wie Bekannte verfassten Briefe sowie ihre seit dem frühen Jugendalter akribisch geführten Tagebücher füllen Regale; Gedichte und Essays kommen hinzu.
Präzise wiedergegebene Inhalte und weitsichtige Erkenntnisse aus Gesprächen, welche die Bismarck-Enkelin mit Prominenten der deutschen Gesellschaft der 1920er- und 1930er-Jahre führte, sollten nach ihren Vorstellungen nur das Interesse ihrer Nachkommen, also einer engeren Erinnerungsgemeinschaft, wecken. Tatsächlich aber kann der schriftliche Nachlass dieser scharfsinnigen politischen Denkerin Hannah von Bredow, die über exzellente Kontakte zu maßgeblichen Politikern der Weimarer Republik wie zu unterschiedlichen Gesellschaftskreisen im „Dritten Reich“ verfügte, der Nachwelt hoch interessante Einsichten in ein durch radikale Umbrüche und zwei Weltkriege geprägtes Jahrhundert bieten. Einsicht erhält die Nachwelt darüber hinaus in die konsequente Gegnerschaft einer mutigen und kämpferischen Frau zum Willkür- und Terrorregime des NS-Staates.
Tragende Säule ihres schriftlichen Gedankenaustausches war für Hannah von Bredow ihre Korrespondenz mit Sydney Jessen. Den Marineoffizier und promovierten Ökonomen hatte sie im Jahre 1924 als Privatsekretär ihres Bruders, des jungen Reichstagsabgeordneten Otto Christian Archibald Fürst von Bismarck, kennengelernt. Der Briefaustausch begann Anfang des Jahres 1925 und währte 40 Jahre bis zum Tod Jessens im Juni 1965. Ihr Briefpartner erhielt in unterschiedlichen Abständen und verschiedenem Umfang mehr als 2.000 Briefe von Hannah von Bredow, stets beginnend mit „Lieber Herr Jessen“. Mehrmals die Woche schrieb Hannah von Bredow bis zu 30 Briefseiten an Jessen; fast täglich auch in den Kriegsjahren, als er im Oberkommando der Marine in Berlin wirkte und für die Wochenenden ein Zimmer in ihrem Haus in Potsdam bewohnte.
Nahezu tägliche, wenn auch meist wesentlich kürzere Briefe schrieb Hannah von Bredow zudem bis zum Tod ihrer Mutter im Herbst 1945 nach Friedrichsruh; sie sind im dortigen Archiv der Otto-von-Bismarck-Stiftung verwahrt. Einen nicht unwesentlichen Teil ihrer Hinterlassenschaft bilden schließlich Briefe an ihren jüngsten Bruder Albrecht Edzard Heinrich Karl Graf von Bismarck-Schönhausen und an Helene Burckhardt-Schatzmann, die Mutter des Schweizer Historikers und Diplomaten Carl Jacob Burckhardt, durch den Hannah diese kennengelernt hatte.
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