Inge Fehse - Die tollen Abenteuer von Bert, der Flocke

Bert, die Flocke, schlug die Augen auf. Lauter wild umhertanzende Schneeflocken wirbelten um ihn herum. Ein lautes Sausen Huiiihuiiii! tobte an seinen Ohren. Wie das blies! Bert wirbelte mit herum und genoss es!! Er lachte aus vollem Herzen, und nicht nur er: alle Flocken juchzten und lachten aus vollen Kehlen:

„ ohne Zeit und ohne Grenzen wehen wirbeln tanzen wir

ohne Oben ohne Unten schaukeln gaukeln sausen wir

dahin geschwind dahin !

Für sie alle gab es nichts Schöneres als grenzenlos herumtollen zu können, in alle Richtungen, wo es einen gerade hintrieb im endlos weiten, dunklen Winternachthimmel ....herrlich! Immer, wenn der Wind plötzlich stärker blies, schwemmte eine aufbrausende Lachlawine mit.

Bert griff mal nach rechts, mal nach links, erwischte und verlor die immer ausgestreckten Hände anderer Flocken. Plötzlich, mit einem leichten Ruck, fand er wieder welche, wurde pausbackig angegrinst und schon waren auch diese wieder im Flockenmeer verschwunden. Mal kamen ganze Flockenknäuel zusammen, oder Flockenketten, die aber im Tumult des Windes sich schnell wieder, nicht ohne lautes „Juhuuuuu!“ voneinander lösten. Bert war im Himmel! Zwischendurch schloss er kurz die Augen, sog den Duft des frischen Schnees ein und atmete tief. Unwillkürlich, bei der nächsten Drehung und rasanten Biegung hoch und runter musste er wieder schallend mitlachen – es ging gar nicht anders. Es war Freude pur, Fallen, pur, Fliegen pur – durch die Nacht, irgendwohin, dahin, einfach nur mal rauf, mal runter...Bert plusterte seine Backen auf und grinste vor sich hin.

„Naa?,“ tauchte plötzlich eine rauhe, aber freundliche Stimme mittendrin auf. Wie aus dem Nichts heraus klang es wie ein Flüstern in seinem Ohr. Nein, es war mehr ein Flüstern von vielen, rauhen, freundlichen Stimmen gleichzeitig, die alle einfach nur dasselbe sagten. Es hörte sich auch nach surrenden Windströmungen an, die genau hier, bei Bert, zusammenkamen. Irgendwie klangen sie gehaucht, aber auch wieder klar und deutlich...

“ Recht wildes Wetter heute, hahaaaaaa!“ dröhnte es als Sausen und Rauschen um Bert herum. Er lachte mitten in das Sausen hinein. Es drehte und drehte ihn, wieder und wieder. Er wirbelte rasend schnell um sich selbst, dass ihm schwindelig wurde, stürzte mal kopfüber, dann wieder mit den Füßen voraus. Er fiel und fiel in diesem Dunkel ringsherum, juchzte ganz verloren im raschen Fingerflockenfangenspiel! „Huhuuuuu!“ brüllte Bert und die anderen „Hahuihahaaaa!“ zurück. So klang und hallte es in alle, alle Winde -

„Naa?“ , hauchte und rauschte es wieder in Berts Ohren, „ toll hier oben, nicht?“

„Holla, wer bist du denn?“ rief Bert in das Sausen und Wirbeln hinein zur rauhen Flüsterstimme. Wer konnte das nur sein? Bert blickte sich um, aber außer glucksenden und jubelnden Schneeflocken außer Rand und Band, konnte er nichts sehen.

„Wer ich bin?“ kam es verwundert und erstaunt über diese Frage zurück, „ Ich bin der Wind, kleiner Bert!“

„Ach, dann machst du, dass es so herrlich windet und wirbelt?“ fragte Bert neugierig.

„Nuuuun“, hauchte es langsam in sein Ohr,“ ich mache das nicht, ich bin es einfach, Hahahaaaaaa!“

Bert wurde an der Hand geschnappt und mitgerissen, er merkte gar nicht, wie sich unter ihm allmählich ein Lichtermeer ausbreitete. Das Flattern an den Nasenflügeln kitzelte ihn dauernd, ein wohliges Schauern durchdrang seinen Bauch, wenn es heftig im Kreis herum ging und er losjohlte: „Holololiiiiii!“ Das Lichtermeer kam näher und wurde größer. Und es wurde stiller. Die wilden Drehungen nahmen langsam, langsam ab. Bert begann mehr zu schweben als zu fallen. Immer leichter pendelte er durch die kalte Luft. Er gleitete durch die Luft abwärts, streifte sie zart, fühlte sich von luftigwer Watte umhüllt. Sanft sinkend, sah er sich die dunklen, stürmischen Wolken über ihm entfernen. Der Raum um ihn herum wurde größer und heller. Plötzlich, unvermittelt, mittendrin...landete Bert landete mit einem leisen Krick.

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