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Die Verwendung eines scharfen Spießes zur Penetration der Thoraxwand ist obsolet, da auf diese Weise eine große Gefahr besteht, Lungengewebe zu verletzen.
Zunächst wird bei der Minithorakotomie die Haut durchtrennt, und dann werden die intercostalen Strukturen mittels spreizender Schere und vordringendem Finger durchtrennt, bis die Pleura parietalis den Zutritt zum Pleuraraum gestattet. Am tastenden Finger entlang wird dann der Drainageschlauch vorgebracht, dabei ist es erlaubt, einen Mandrin zu belassen, wenn die Spitze des Mandrins um etwa 10 cm zurückgezogen wurde.
Im Rettungsdienst ist es oft schwierig, eine ausreichende Sterilität beim Legen der Thoraxdrainage einzuhalten. Kittel, Mundschutz, Kopfbedeckung, Handschuhe – diese komplette Bekleidung eines OPs wird an der Unfallstelle nicht vorgehalten. Vielmehr wird unter Berücksichtigung der Gefahr möglichst steril gearbeitet, doch ist es nachvollziehbar, dass in einem Rettungswagen oder auf einer Baustelle hygienische Kriterien wie in einem OP oder einer chirurgischen Ambulanz nicht einzuhalten sind. Daher sollte die Indikation zur Anlage einer Thoraxdrainage auf die Fälle beschränkt bleiben, in denen bei offensichtlich aufgehobenem Atemgeräusch zusätzlich respiratorische oder zirkulatorische Probleme auftreten, die auf einen Spannungspneumothorax hindeuten. Das heißt im Umkehrschluss aber auch, dass gerade dann, wenn der erfahrene Arzt bewusst auf die Anlage einer Thoraxdrainage verzichtet und er annimmt, der Patient habe einen Pneumothorax oder einen Hämatothorax, eine erhöhte Aufmerksamkeit erforderlich ist, um im Fall der Veränderung des Gesamtzustandes des Patienten schnell eingreifen zu können. Dies bedeutet auch, dass Vorbereitungen zur Anlage einer Thoraxdrainage bereits getroffen sein müssen, um nicht wertvolle Zeit zu verlieren.
Die Punktionsstelle einer Thoraxdrainage befindet sich in der medialen Axillarlinie in Höhe des 4. oder 5. Intercostalraumes, von kranial her ertastet. Diese sicherlich sehr hoch gelegene Punktionsstelle führt jedoch auch dann nicht zu einer versehentlich intraabdominell gelegenen Sonde, wenn, durch welche Umstände auch immer, ein Zwerchfellhochstand vorliegen sollte.
Insgesamt ist auch festzustellen, dass die Anlage einer Thoraxdrainage durch den Notarzt durchaus einige Zeit in Anspruch nehmen kann, insbesondere dann, wenn der Notarzt oder die Notärztin sowie die Rettungsdienstkräfte unerfahren sind und die Bemühungen um die Einhaltung der Hygienerichtlinien streng verfolgt werden. Bei einem polytraumatisierten Patienten muss daher abgewogen werden, ob sich dadurch die Versorgungszeit unverhältnismäßig verlängert. Die grundsätzlich kritische Indikationsstellung für das Legen von Thoraxdrainagen darf aber nicht dazu führen, dass in den Fällen, in denen sie erforderlich ist, aus Sorge vor Komplikationen darauf verzichtet wird.
Falsche Auswahl des Punktionsortes.
Nicht korrekte Vorbereitung des Punktionsortes.
Falsche Vorgehensweise bei der Punktion.
Bei der intraabdominellen Lage einer Thoraxdrainage drohen schwere intraabdominelle Verletzungen und Blutungen.
Kritische Prüfung, ob eine Thoraxdrainage erforderlich ist.
Vorbereitung auf die sofortige Anlage einer Drainage, wenn sich diese als notwendig erweisen sollte.
Wahl des richtigen Punktionsortes durch Abzählen der Zwischenrippenräume von kranial.
Minithorakotomie durchführen und auf diese Weise Organverletzungen vermeiden.
Intubation eines „Schwerverletzten“
Zwei PKW kollidieren nachts auf einer Autobahn. Eines der beiden Fahrzeuge prallt daraufhin gegen die Mittelleitplanke. Der Notarzt findet auf der Fahrerseite dieses Fahrzeugs einen ansprechbaren 28-jährigen Patienten vor, der genaue Angaben zum Unfallhergang machen kann. Ein unmittelbarer Zugang ist nicht möglich, weil die deformierte Fahrertür sich nicht von außen öffnen lässt. Der noch angegurtete Fahrer klagt über Schmerzen auf der linken Thoraxseite, eine sichtbare Dyspnoe besteht nicht. An dem von der Beifahrerseite erreichbaren rechten Arm wird ein periphervenöser Zugang gelegt und zügig Ringerlactat infundiert. Der Blutdruck beträgt palpatorisch 120 mmHg systolisch, die Sauerstoffsättigung 97 %.
Nach der Befreiung durch die Feuerwehr wird der Patient in den RTW verbracht, entkleidet und untersucht. Auf der linken Thoraxseite ist eine gut sichtbare Gurtprellmarke bei auskultatorisch seitengleicher Belüftung der Lungen zu erkennen. Bei der weiteren Untersuchung fallen keine Besonderheiten auf. Das EKG zeigt einen Sinusrhythmus mit einer Frequenz von 110/min, der Blutdruck liegt bei 120/70 mmHg. Die Sauerstoffsättigung beträgt bei einem O2-Flow von 6 l über eine Maske 99 %. Der Patient klagt weiterhin über erhebliche Schmerzen im Thorax, die ihm das Atmen erschweren. Es besteht eine Atemfrequenz von ca. 30 Atemzügen/min.
Wegen der großen Entfernung zur aufnehmenden Klinik fordert der Notarzt über die Leitstelle einen Intensivtransporthubschrauber (ITH) an. Gleichzeitig entschließt er sich wegen der Beschwerden des Patienten unter der Annahme eines Thoraxtraumas zur endotrachealen Intubation. Nach der Gabe von 30 mg Etomidat und 0,2 mg Fentanyl lassen sich keine optimalen Intubationsverhältnisse herstellen, sodass es primär zu einer Tubusfehllage im Ösophagus kommt. Die anschließende Maskenbeatmung mit Oxydemandventil und Guedel-Tubus gestaltet sich ebenfalls schwierig. Für die nachfolgenden Intubationsversuche bekommt der Patient weitere 30 mg Etomidat, 0,3 mg Fentanyl und zur Muskelrelaxierung 30 mg Atracurium. Unter diesen Voraussetzungen lässt sich ein Magill-Tubus (ID 7,0) endotracheal platzieren. Die primäre Auskultation ergibt eine seitengleiche Belüftung. Die Sauerstoffsättigung liegt bei 98 % und die Kapnometrie zeigt Normwerte. Beim Umlagern des Patienten in den Hubschrauber verschlechtert sich die Oxygenierung. Linksseitig ist kein Atemgeräusch mehr auskultierbar, und der Beatmungsdruck steigt an. Wegen des Verdachts auf einen Pneumothorax wird links eine Thoraxdrainage gelegt. Als diese Maßnahme keine wesentliche Besserung bringt, entschließt man sich zu einem raschen Transport.
In der Klinik wird der Patient mit stabilen Kreislaufverhältnissen und einer O2-Sättigung von 84 % übergeben. Der Tubus, der mit einem Klettband fixiert ist, liegt mit der 26 cm-Markierung an der unteren Zahnreihe. Das Abdomen ist massiv gebläht. In der Thoraxübersicht bestätigt sich eine rechtsendobronchiale Lage des Tubus, die Thoraxdrainage liegt regelrecht, Rippenfrakturen können jedoch nicht bestätigt werden. Nach Lagekorrektur des Endotrachealtubus und Legen einer Magensonde normalisiert sich die Oxygenierung, der Patient kann am gleichen Tag problemlos extubiert werden.
Primär geht der Notarzt aufgrund des Unfallmechanismus zu Recht von einem Polytrauma aus. Der Entschluss zur endotrachealen Intubation erfolgt einerseits klinisch aufgrund der Schmerzen, der erhöhten Atemfrequenz und der angegebenen Dyspnoe, andererseits taktisch im Hinblick auf den Lufttransport. Der Patient ist jedoch kreislaufstabil und gut oxygeniert. Die Atemfrequenz muss retrospektiv in Zusammenhang mit der psychischen Ausnahmesituation und der schmerzhaften Atmung gesehen werden. Unter Umständen hätte in diesem Fall eine Analgesie in Kombination mit einer leichten Sedierung Besserung gebracht.
Eine geplante Narkoseeinleitung zur Intubation muss unter ungünstigen Verhältnissen genau überdacht werden, da es präklinisch häufig zu Schwierigkeiten kommen kann. Im vorliegenden Fall muss der Notarzt nach Gabe der Medikamente beatmen, da der Patient durch die zentrale Atemdepression nach Fentanyl-Gabe beatmungspflichtig geworden ist. Sehr problematisch bzw. kontraindiziert in dieser Situation (schwierige Maskenbeatmung/Intubation, ungünstige Verhältnisse im RTW) ist die Relaxierung mit einem langwirksamen Muskelrelaxans. In diesem Fall wäre das depolarisierende kurzwirksame Relaxans Suxamethoniumchlorid wegen seiner kurzen Anschlags- und Wirkzeit eher geeignet gewesen.
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