Eine Bekannte von mir ist Meisterin der Imponiertechnik. Sie schmückt sich gerne mit bekannten Namen, mit denen Sie auf Du und Du ist. Während des Gesprächs wechselt sie plötzlich das Thema und verweist auf Gespräche mit diesen Persönlichkeiten.
Aus Furcht vor Misserfolg verhalten sich diese Menschen unauffällig und ruhig. Sie bauen eine Fassade auf, hinter der sie sich verstecken. Zum Beispiel: Freundlichkeit ohne Herzlichkeit, keine Gefühle zeigen, kalte Sachlichkeit, nicht fragen, keine Diskurse führen, die Meinung anderer annehmen ...
Rupert Lay beschreibt in seinem Buch „Führen durch das Wort“, dass Fassadenmenschen mitteilen wollen: „Schau, ich bin ganz harmlos, meine Gefühle belästigen dich nicht, ich bin ganz unauffällig, tue mir also nichts, denke nicht schlecht über mich.“
Sie haben sicher in Ihrem Bekanntenkreis beide Menschentypen. Merken Sie auch, dass Gespräche mit solchen Menschen sehr mühsam sind? Jedoch nicht nur für uns als Gesprächspartner, sondern auch für diese Menschen selbst. Die ständige Verleugnung der eigenen Persönlichkeit verstärkt Ängste, Schuld- und Minderwertigkeitsgefühle und ist auf Dauer sehr herausfordernd. Die psychische Gesundheit ist dadurch gefährdet.
Wie erkennen wir, dass wir es mit Menschen zu tun haben, die sich sprachlich hinter einer Fassade verstecken?
1. „Man-Sätze“ werden formuliert
Statt die eigene Meinung zu benutzen, wird die Aussage in der Man-Form gesendet.
Beispiel: „Man wird wütend, wenn jemand so spät heimkommt“,
statt: „Ich bin traurig, dass du nicht früher heimgekommen bist.“
2. „Es-Form“ wird eingesetzt
Ähnlich wie der Man-Form wird das „Ich“ durch ein „Es“ ersetzt.
„Es sollten die Zahlen verbessert werden“,
statt: „Ich möchte, dass sich die Unternehmenszahlen wieder verbessern.“
3. Fragen werden gestellt
Fragen werden aufgeworfen und der Ball weitergespielt.
Beispiel: „Warum fliegst du nicht mit dem Flugzeug?“,
statt: „Ich finde, dass du mit dem Flugzeug fliegen solltest.“
4. „Du-Botschaften“ werden gesendet
Eine Technik, die weit verbreitet ist. Dabei wird die eigene Meinung zu einer wertenden Beziehungsbotschaft oder „Du-Botschaft“.
Beispiel: „Der Vorschlag von dir ist nicht durchführbar“,
statt: „Ich finde, dass dieser Vorschlag nicht gut ist!“
EIN PLÄDOYER FÜR DIE SELBSTMITTEILUNG
Machen Sie sich und anderen nichts vor, seien Sie authentisch. Zeigen Sie Offenheit und teilen Sie Ihre Meinungen und Gefühle den anderen mit.
Vorteile:
■ Solche Botschaften sind klarer und eindeutiger.
■ Der Empfänger hört intensiver zu, da er nicht zur Selbstverteidigung aufgefordert ist.
■ Der Empfänger wird selbst aufgefordert die Ebene der Selbstmitteilung zu wählen.
Authentizität setzt ein Mindestmaß an Selbstwert voraus. Daher ist Kommunikation eng mit dem Selbstwertgefühl verbunden. Auch darf zwischen den Menschen keine Rivalität aufkommen, denn dadurch werden Aussagen berechnender und nicht mehr ehrlich. Denken Sie an Biografien und Briefe großer Menschen der Geschichte: Meist sind es nicht die Informationen, die diese Literatur interessant macht, sondern die Selbstmitteilung ihrer Verfasser.
Während sich die Sachbotschaft überwiegend an den Intellekt des Empfängers richtet, sprechen die Beziehungsbotschaften die Gefühle an. Bei der Selbstmitteilung ist der Empfänger ein Unbeteiligter, der diagnostiziert: „Aha, so einer bist du.“ Bei der Beziehungsebene ist er persönlich betroffen.
Die Beziehungsbotschaft hat zwei Botschaften:
■ Du-Botschaft: Was ich von dir halte
■ Wir-Botschaft: Wie wir zueinander stehen
Auf der Beziehungsebene kommt zum Ausdruck, wie der Sender zum Empfänger steht und was er von ihm hält. Je nachdem, wie er ihn anspricht (Art der Formulierung, Körpersprache, Tonfall ...) drückt er Wertschätzung, Respekt, Wohlwollen, Gleichgültigkeit, Verachtung oder Ähnliches aus.
Abhängig davon, welche Botschaft im Beziehungs-Ohr des Empfängers ankommt, fühlt er sich entweder akzeptiert oder herabgesetzt, respektiert oder bevormundet. Eine gute Beziehung ist gekennzeichnet durch Kommunikation „von Gleich zu Gleich in gegenseitiger Wertschätzung“. Sehr gefühlsbezogene Menschen haben ein ausgeprägtes Ohr für Beziehungsbotschaften. Besonders bei nahestehenden Menschen wirken Beziehungsbotschaften besonders intensiv. Ehetherapeuten können davon ein Lied singen.
Ich kann mich noch gut an eine Begebenheit erinnern, bei der ein Bekannter zu mir meinte: „Kannst du dich noch erinnern, hier genau am 15. August 1999 hast du mir gesagt, dass ich der beruflichen Aufgabe nicht gewachsen bin.“ Ich schaute ihn verdutzt an und fragte: „An das kannst du dich noch so genau erinnern?“ Ich hatte mit diesen Worten seine Aufgabe als Firmenchef bewertet und ihn mitten ins Herz getroffen.
Die Du/Sie-Botschaften wirken
■ nachhaltig: stark emotionalisierend und meist sehr eindringlich,
■ verhaltensändernd: Der Empfänger erfährt, wie er gesehen wird. Die Folge kann sein, dass er sein unerwünschtes Verhalten ändert oder ein gewünschtes Verhalten bekräftigt wird. Sehr oft führen jedoch Du-Botschaften nicht zum Gespräch, sondern zu einer Auseinandersetzung!
Nicht in jeder Lebenslage ist eine Aussprache über die Beziehungsebene angebracht. Besonders von sachlich orientierten Menschen wird die Beziehungssprache als distanzlos gesehen. Die Du/Sie-Botschaft kann aber ganz gezielt für einen sehr positiven Gesprächsverlauf eingesetzt werden – beim positiven Bewerten des Gesprächspartners, sprich dem Lob!
REAKTIONEN DES EMPFÄNGERS
Wir alle wissen, dass wir auf Bewertungen über unsere Person sehr unterschiedlich reagieren. Je nachdem wer uns bewertet, in welcher Gefühlslage wir sind und wie wir bewertet werden.
Welche Reaktionen zeigen wir?
1. Akzeptieren
Wenn der Empfänger die Bewertung als stimmig ansieht, wird er diese ohne Weiteres akzeptieren. Mit den Worten „Ja, so bin ich“, „Aha, so siehst du mich“ könnte er die Bewertung kommentieren.
2. Durchgehen lassen
Dabei stimmt der Empfänger nicht zu, lässt die Botschaft jedoch durchgehen. Mögliche Worte: „Ja, wenn du mich so siehst, dann soll es so sein.“
3. Zurückweisen
„Nein, so sehe ich unsere Beziehung nicht“ oder „Nein, so brauchst du nicht mit mir reden“ sind mögliche Aussagen, wenn die Bewertung zurückgewiesen wird. Eine Zurückweisung ohne Worte kann auch wie eine Ohrfeige sein.
4. Ignorieren
Ignorieren ist eine Form, die ich nicht empfehle. Dabei wird signalisiert: „Du bist Luft für mich.“ Bei Spontaneitäts-Trainings wird das Ignorieren als mögliche Antwort auf verbale „Tiefschläge“ gesehen. Der Angegriffene sollte den anderen mit Ignoranz zeigen, dass er verbal zu weit gegangen ist. Jedoch: Kommunikation zu verweigern, führt meist zu einer Vertiefung der Gräben.
Wenn Sie andere bewerten, kann sich dies beim anderen einprägen. Nach dem Motto: „So sieht mich der andere – so einer bin ich also.“ Hier kommt besonders Lehrinnen und Lehrern und den Vorgesetzten in der Berufswelt eine große Bedeutung zu. Die Bewertung der Schüler im Unterricht und die des Mitarbeiters beim Mitarbeitergespräch können sich langfristig in der Psyche des Empfängers einprägen. Die Gespräche mit meinen Mitarbeitern waren immer mit einer besonderen Spannung verbunden. Nervosität – beiderseits – war an der Tagesordnung. Denn in meinen Firmen war die Bewertung meist mit Prämien verbunden. Es ging nicht nur um die Kritik, sondern auch ums Geld! Eine zusätzliche Brisanz. Ich bin kein Freund von der Verbindung „Geld“ und „Bewertung der Leistung“. Eine Falsch-Interpretation des Empfängers könnte lauten: „Na klar hat er mich so negativ bewertet, er wollte sich Geld sparen!“ Ich war immer wieder erstaunt, wie genau sich meine Mitarbeiter an das letzte Gespräch erinnern konnten, obwohl bereits mehrere Monate, zum Teil Jahre vergangen waren.
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