Das Attentat
Ein Raum zwischen Damals und Heute
Die Frage nach dem Anfang – die Suche nach den Wurzeln
Der Weg nach oben
Im Fegefeuer
Glück in der Warteschleife
Im Vorhof der Macht
Schlossherr, Visionär und Sammler
Das letzte Kapitel
Anhang: Der Schlosspark – grüne Oase mit Aussicht
Zum Nachlesen
Zitate im Einzelnen
Anita Hohenberg
Dr. Christane Scholler
Weitere Bücher
… ist nur interessant, wenn es die Leserschaft kurz und prägnant zum Kern der Sache – hier also zum Zweck des Buches – führt.
Im vorliegenden Fall ist das ganz einfach: Anita Hohenberg will ihrem Urgroßvater, Erzherzog Franz Ferdinand von Österreich-Este, ein lebendiges Andenken bewahren.
Es war und ist mir eine Freude und besondere Ehre, im Sinne der Familie Hohenberg eine zeitgerechte Interpretation der zum Teil überraschenden Informationen zu liefern.
In langen und interessanten Kamin-Gesprächen hat die Urenkelin des Thronfolgers ein sehr persönliches und komplexes Bild des Erzherzogs wiedergegeben, das so in keinem Geschichtsbuch vorkommt.
Auch deshalb wird es Ihnen sicherlich Freude bereiten, anhand der folgenden Seiten eine bekannte Persönlichkeit plötzlich mit anderen Augen betrachten zu können.
Mein Dank gilt deshalb in erster Linie der Schlossherrin Anita Hohenberg, die ich im Rahmen dieser Zusammenarbeit kennen- und schätzen lernen durfte: eine Frau mit unverkennbarer Herkunft, gleichzeitig aber mit beiden Beinen im Leben stehend. Als Mutter von vier Kindern nicht nur von spürbarer Begeisterung für die Familie geprägt, sondern auch zukunftsorientiert und kostenbewusst die Geschicke von Artstetten lenkend. Kein Wunder, ist man versucht zu denken. In dieser Familie haben die Frauen schon immer gewusst, worauf es ankommt …
Bei den vielen mühsamen Schritten, die dieses Buch zur Vollendung führen konnten – Recherche, Nachprüfung der Fakten, Archivarbeit, Bildauswahl, Begehungen und Nachforschungen vor Ort, Ergänzungen um wichtige Details –, war die Ausstellungskuratorin vor Ort und wohl auch „rechte Hand von Anita Hohenberg“, Frau Brigitte E. Leidwein, die unermüdliche, unersetzbare und stets gut gelaunte Unterstützung. Ohne sie und ihr detailgetreues Wissen um das Schicksal der Familie Hohenberg hätte dieses Buch so nicht entstehen können. An dieser Stelle daher an sie ein von Herzen kommendes Danke!
Wie heißt es so schön? Im Wissen um die Vergangenheit können wir uns getrost der Zukunft stellen. Allen Leserinnen und Lesern darf ich daher nun viel Freude bei der Lektüre und bei der Entdeckung des „anderen“ Thronfolgers wünschen.
Liebe Leserin, lieber Leser,
Sie sind im Begriff, mit mir eine Zeitreise zu beginnen. Nicht im herkömmlichen Sinne, wie wir dies aus den Geschichtsbüchern unserer Schulzeit gewohnt sind. Und mit Sicherheit auch in etwas anderer Form, als Sie nun vielleicht erwarten würden, wenn es darum geht, Ihr Wissen um Erzherzog Franz Ferdinands Leben ein wenig zu erweitern.
Im Zeitalter von Internet, Wikipedia, Smartphones und Tablet-PCs haben Sie heute jede gewünschte Information in Sekundenschnelle per Mausklick zur Verfügung. Genau das ist aber der Haken dabei: Alleine beim Suchbegriff „Thronfolger Franz Ferdinand“ stoßen Sie bei der Suchmaschine Google auf über 50.000 Eintragungen. Das „Attentat von Sarajevo“ ergibt rund 250.000 Treffer, die Suche nach dem Schloss Artstetten bringt an die 125.000 Ergebnisse. Was also tun mit einer Fülle von Informationen, wenn Sie ein Thema zwar interessiert, Sie aber in möglichst kurzer Zeit über das Wichtigste ganz gezielt informiert werden wollen?
Je persönlicher, desto besser, lautet mein Motto. Deshalb bekommen Sie mit diesem Buch eine Geschichtslektüre der anderen Art in die Hand. Einen Reiseführer in die glanzvolle Zeit um die vorletzte Jahrhundertwende, aber mit den Augen eines Familienmitgliedes betrachtet. Eine Anleitung zum Miterleben und Mitfühlen, denn die folgeschweren Ereignisse nach der Ermordung des Thronfolgers, meines Urgroßvaters, im Juni 1914 haben nicht nur im Großen die Neuordnung Europas heraufbeschworen, sondern auch im Kleinen das Schicksal der zurückgelassenen Kinder und deren Nachfolger nachhaltig beeinflusst.
Als Urenkelin Franz Ferdinands fühle ich mich dazu berufen, das Andenken an diesen ungewöhnlichen Mann und seine Familie nicht nur zu bewahren, sondern lebendig vor Augen zu führen. Vielleicht kommen Sie auch einmal ins Schloss Artstetten: Dann wird der Besuch des Hauses für Sie bestimmt mehr als ein bloßer Rundgang durch schöne Räume mit alten Bildern und liebevoll zusammengestellten Exponaten. Schon der erste Blick auf das markante Gebäude in herrlicher Lage nahe der Donau, mit seinen charakteristischen Zwiebeltürmen und dem historischen Schlosspark, lässt uns gedanklich noch einmal die längst vergangene Geschichte Revue passieren.
Beginnend mit einem fiktiven Brief an meinen Urgroßvater, Erzherzog Franz Ferdinand von Österreich-Este, möchte ich mich nun gemeinsam mit Ihnen auf die Spurensuche in die Vergangenheit begeben – um Familienhistorie, Schlossgeschichte und kleine Geheimnisse mit Ihnen persönlich zu teilen. Darauf freut sich

Erzherzog Franz Ferdinand, 30-jährig und bereits General der Kavallerie
Lieber Urgroßvater Franz Ferdinand,
ich durfte Dich niemals kennenlernen, und dennoch bist Du mir im Laufe der Jahre so vertraut geworden, als hätten wir bereits viel Zeit miteinander verbracht. Was ich über Dich weiß, ergibt ein Bild von einem Mann, der sehr gut auch in der heutigen Zeit gelebt haben könnte.
Vorausplaner und Querdenker, konsequenter Stratege und unbeugsamer Charakter: Du warst zur falschen Zeit am falschen Ort. Nicht nur betreffend Sarajevo, sondern auch in Bezug auf das Jahrhundert, in dem Du gelebt hast.
Dein tragisches Schicksal bedeutete zugleich das Ende einer glanzvollen Ära, den Anfang einer neuen Zeit, in der Du Dich aber bestimmt ohne Probleme zurechtgefunden hättest.
Mit jedem Bild von Dir und Deiner Familie, das ich in unserem Schloss betrachte, fallen mir unendlich viele wahre Geschichten ein, die ein beredtes Zeugnis geben …
… zum Beispiel vom „verhinderten Herrscher“, der mit Offenheit gegenüber modernen Errungenschaften, gleichzeitig aber auch mit dem der damaligen Zeit entsprechenden monarchischen Sendungsbewusstsein zu verstehen war. Deine menschlich herausragendste Eigenschaft war die Liebe zur Familie, zu Deiner Sophie und zu den Kindern. Zu Hause warst Du ungezwungen und fröhlich, in klarem Gegensatz zu Deinem bekannten Auftreten als zeitweise schroffer, direkter und eher herrisch wirkender Mann.
Wie war es denn nun wirklich, Dein Leben? Auf den ersten Blick ein paar spontane Gedanken.
Die unbeschwerte Kindheit ist zum Glück unbestritten. Die vom Einfluss des Kaiserhauses geprägte Jugend, die schwere Erkrankung und fast einjährige Weltreise, Deine geheimnisvolle Verbindung zu Sophie und der Kampf um Eure Liebe, die Hochzeit und das glückliche Familienleben sind legendär. Trotz zahlreicher offizieller Verpflichtungen konntest Du mit Deiner großen Sammelfreude zahllose Kulturgüter retten und durch Deine Jagdleidenschaft sogar den besten Schützen Indiens im Wettschießen besiegen. Ein gutes Gefühl für Raumplanung und ein modernes Gespür für Technik, aber auch die bewusste Förderung und Modernisierung der Marine oder Deine der damaligen Zeit weit vorausgehenden politischen Ideen ergeben das Bild eines außergewöhnlichen Menschen.
Читать дальше