Daniel-Pascal Zorn
Einführung in die Philosophie
Klostermann RoteReihe
Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek
Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.dnb.de abrufbar.
Originalausgabe
© 2018 · Vittorio Klostermann GmbH · Frankfurt am Main
Alle Rechte vorbehalten, insbesondere die des Nachdrucks und der Übersetzung. Ohne Genehmigung des Verlages ist es nicht gestattet, dieses Werk oder Teile in einem photomechanischen oder sonstigen Reproduktionsverfahren oder unter Verwendung elektronischer Systeme zu verarbeiten, zu vervielfältigen und zu verbreiten.
Satz: post scriptum, www.post-scriptum.biz
ISSN 1865-7095
ISBN 978-3-465-24300-7
Cover
Titel Daniel-Pascal Zorn Einführung in die Philosophie Klostermann RoteReihe
Impressum Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.dnb.de abrufbar. Originalausgabe © 2018 · Vittorio Klostermann GmbH · Frankfurt am Main Alle Rechte vorbehalten, insbesondere die des Nachdrucks und der Übersetzung. Ohne Genehmigung des Verlages ist es nicht gestattet, dieses Werk oder Teile in einem photomechanischen oder sonstigen Reproduktionsverfahren oder unter Verwendung elektronischer Systeme zu verarbeiten, zu vervielfältigen und zu verbreiten. Satz: post scriptum, www.post-scriptum.biz ISSN 1865-7095 ISBN 978-3-465-24300-7
Einleitung
Ein Garten der Pfade, die sich verzweigen
Philosophie als Einführung
Philosophische Lektüre
Philosophisches Gespräch
Philosophisches Schreiben
Teil I – Philosophische Lektüre
Zeitdiagnostischer Exkurs: Die produktive Universität
Lesenlernen – noch einmal
Zu viel, nicht zu wenig Wissen ist das Problem!
Einklammern von Voraussetzungen
Der Dialog von Leser und Text
Aller Anfang ist schwer
Dreizehn Tipps zur Lektüre philosophischer Texte
Keine Angst vor dem ›Hauptwerk‹
Lektürehinsichten und Analysemethoden
Kontextgebundene Lektüre
Systematische Lektüre
Textimmanente Lektüre
Die Verantwortung für den Text
Kung Fu
Teil II – Philosophisches Gespräch
Von Sokrates lernen
Die soziale Situation und das Denken des Alltags
Wie man eine ›kritische Haltung‹ einnimmt
Kritisches Denken – Schritt für Schritt
Im Maschinenraum des Denkens
Die Vielfalt der Meinungen
Erste Unterscheidung: Person und Argument
Zweite Unterscheidung: Haben und Gelten
Die ersten Schritte in einer Diskussion
Gladiatoren oder Philosophen?
Fünf Tipps für die philosophische Diskussion
Die Familie der Diskurskulturen
Information, Kommunikation und Diskursethik
Fallen der Selbsttäuschung
Sophisten und Trolle
Eine Praxis der Freiheit
Teil III – Philosophisches Schreiben
Das leere Blatt
Den Gedanken Raum geben: Schreiben als Labor und Werkstatt
Was ist ein Problem?
Das Exzerpt
Fragen und Thesen
Die Gedanken anderer darstellen
Flexibel bleiben
Von der Notiz zur Präsentation
Der Dialog von Text und Leser
Übung, Übung, Übung – und Spazierengehen!
Nachwort
Wer sich zum ersten Mal mit Philosophie beschäftigt, sieht sich vor ein Problem gestellt. Philosophie, so will es eine Übersetzung 1des Begriffs, ist Liebe zur Weisheit. Ihr Versprechen ist, so scheint es, das Erringen von Weisheit oder zumindest die Annäherung an ein höheres Wissen. Ermutigt durch dieses Versprechen nimmt der Leser oder die Leserin den Text eines großen Philosophen – sagen wir Aristoteles, Kant oder Hegel – zur Hand. Doch was er oder sie dort findet, ist keine Verkündigung eines höheren Wissens. Stattdessen: Endlose Textwüsten, schwer verständlich geschrieben, eine verwirrende Vielzahl von Begriffen, die einem vage bekannt vorkommen, aber teilweise ganz anders verwendet werden, als man es gewohnt ist. Enttäuscht lässt man den Text sinken. Das soll die große Weisheit sein, die einem versprochen wurde? Man versteht ja noch nicht einmal, was diese Leute schreiben, geschweige denn was sie einem damit sagen wollen. Lange bevor man versteht, was ein philosophisches Problem sein könnte, erscheint einem der Zugang zur Philosophie selbst als Problem.
Es gibt verschiedene Wege, mit dieser anfänglichen Krise in der Lektüre philosophischer Texte umzugehen. Die einen verabschieden sich ganz von ihr und bilden sich ihre Meinung über sie: Philosophie ist unverständlich, weltfremd und darum für den Alltagsgebrauch nutzlos. Weil man nichts mit ihr anzufangen weiß, erscheint sie einem wie ein Glasperlenspiel, selbstbezogen und überflüssig. Sie gibt sich den Titel großer Weisheit, ist aber noch nicht einmal ausreichend weise, diese Weisheit verständlich zu vermitteln. Das Lächerliche in diesem Eindruck wirkt wie eine Erleichterung. Es hilft dabei, die Frustration der ersten Lektüreerfahrungen zu kompensieren. Nach und nach tritt an die Stelle der unbewältigten Lektürekrise das Bild eines philosophischen Hanswursts, der einem nichts anzubieten hat. Man belächelt noch ab und zu diejenigen, die sich die Mühe machen, die Texte zu verstehen. Selber hat man jedoch erkannt, dass der Kaiser keine Kleider trägt. Auch das fühlt sich ein bisschen wie Weisheit an – und so geht man seiner Wege.
Andere lassen sich nicht so leicht täuschen. Sie ahnen, dass die Texte, die sie nicht verstehen, nicht ganz ohne Grund als große Philosophie gelten. Also suchen sie einen Zugang. Das ist die Situation, für die Einführungen in die Philosophie geschrieben werden. Sie ist geprägt durch die Lektürekrise des Lesers oder der Leserin und damit von vornherein mit schwierigen Fragen belastet: Bin ich zu dumm für die Philosophie? Oder fehlt mir nur das richtige Werkzeug? Habe ich genug Ausdauer, Zeit, Kraft, Geduld, mir diese Werkzeuge anzueignen? Was, wenn ich den Text auch nach einer Einführung nicht richtig (oder gar nicht) verstehe? Wann weiß ich, wann ich das richtige Verständnis erreicht habe? Das Versprechen von Weisheit, das schon im Begriff der Philosophie zu stecken scheint, wird vom lohnenden Ziel zur persönlichen Prüfung. Denn wer nicht einmal den Text richtig versteht, wie soll derjenige – oder diejenige – eine darin liegende Weisheit verstehen? Wer zumindest den Text versteht, hat die Möglichkeit, der darin liegenden Weisheit nahe zu kommen. Aber wer noch nicht einmal das schafft, der hat ein für alle Mal die Gewissheit, dass er zu der Weisheit, die die Philosophie ihm verspricht, nichts taugt.
Das ist jedenfalls die krisenhafte Situation, in die man gestürzt werden kann, wenn man auf eigene Faust philosophische Texte liest. Aus einer anderen Perspektive betrachtet, kann sie als Ausdruck einer einzigartigen Nachfrage nach Sinn und Bedeutung philosophischen Denkens verstanden werden. Wer in dieser Situation als Experte oder als akademische Lehrautorität auftreten kann, besitzt damit ein Pfund, mit dem sich potenziell endlos wuchern lässt. Das muss keineswegs böser Absicht entspringen. Vielmehr ergibt es sich aus dem System, das sich um das Rätsel der philosophischen Texte herum gebildet hat.
Ein Garten der Pfade, die sich verzweigen
Nehmen wir an, Sie möchten Kant lesen, scheitern aber am Text, weil er Ihnen nichts sagt. Also greifen Sie zu einer Einführung. Sie wurde verfasst von einer, wie Sie dem Klappentext entnehmen, Koryphäe der Kant-Forschung. Endlich ein Zugang zu Kant! Doch während der Lektüre dieser Einführung bemerken Sie, dass sich der Experte wiederum auf eine ganze Menge anderer Experten beruft. Dabei betont er keineswegs, wie Sie es erwartet haben, dass sich alle Experten einig sind. Vielmehr streicht er die Unterschiede im Kant-Verständnis heraus, stellt verschiedene Optionen zur Auswahl und deutet an, dass er die eine Option wählt, die von anderen Experten abgelehnt wird, während wieder zwei andere Experten den Text ganz anders lesen. Wer hat nun recht?
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