Musket (1867), der größte Vererber in der austral—asiatischen Zucht)
Doch nicht alle Größen entstammten der heimischen Zucht. So kamen die beiden Super-Ladies Sunline (1995) aus Neuseeland, und Makybe Diva (Desert King) hatte das Licht der Welt 1999 in England erblickt. Sie gewann ab 2003 den Melbourne Cup dreimal in Folge; den Australian- und Sydney Cup, die BMW Stakes, das Cox Plate und insgesamt 15 Rennen und 14,5 Millionen Australische Dollar. Sunline, die von dem Danzig-Enkel Desert Sun stammte, ihr vorausging und 32 von 48 Starts gewann, darunter 16 auf höchster Gruppenebene, war zu ihrer Zeit mit 11,4 Millionen A$ der beste Verdiener. Dreimal wurde sie in Australien zum „Pferd des Jahres“ gewählt, und einmal mehr holte sie den Titel auch in ihrer Heimat.
Mit 28.433 registrierten Zuchtstuten und 13.420 Fohlen hatte Australien 1978 nach den USA die zweitgrößte Vollblut-Population der Welt. Das war, nach der Statistik der International Federation of Horseracing auch 2014 mit 26.328 Stuten und 17.422 Fohlen noch so (47.323 / 26.723 USA), und in der Saison 2014/15, als sich etwa 36.700 Flach- und Hindernis-Rennpferde in mehr als 19.500 Rennen bei 2.634 Meetings um rund 400 Millionen Euro Preisgeld bewarben, wurden 19.282 Stuten gedeckt, für die 655 Hengste zur Auswahl standen. Zu den 76.767 Besitzern gehörten auch 4.915 Syndikate mit 26.655 Mitgliedern. Auf den Auktionen kosteten die Jährlinge 2014/15 im Durchschnitt rund 82.000, Zuchtstuten etwa 61.000 Dollar. Von den etwa 450 Millionen Auktionsumsatz kamen mehr als 111 Millionen vom Inglis Easter Yearling-Sale, der mit 2,2 Millionen auch den teuersten Jährling zuschlug. Für mehr als 100 Millionen wurden auch auf der Magic Million Gold Coast-Auktion Jährlinge verkauft, wobei der Höchstpreis mit 1,3 Millionen etwas günstiger zu haben war. Von den im gleichen Zeitraum 1.680 exportierten Vollblütern hatten 602 Neuseeland, 195 Singapur, 174 Hongkong und 12 weniger Südafrika als Ziel-Destination. Die meisten Fohlen wurden 2005/6 mit 18.758 geboren, und 1987/88 standen noch 18.439 Rennpferde zur Verfügung.
Obwohl Australien nur über etwa 85% der Landfläche der USA verfügt, erhebliche Landesteile, wie das Outback, für die Vollblutzucht völlig entfallen, und die Einwohnerzahl nur ca. 7% der amerikanischen Bevölkerung entspricht, ist die Anzahl der Vollblüter gewaltig. Gezüchtet wird in allen sieben Staaten, doch führt New South Wales mit etwa 40% und seinem Hunter River Valley vor Victoria (etwa 20%), Queensland und West-Australien, und 200 bis 300 Stuten stehen auch in Tasmanien. Von den 2014/15 gelaufenen 326 Gruppenrennen (72 davon Gruppe I) gingen 2014/15 37 in den Stall von Trainer Chris Waller, 23 an die Trainerin Gay Waterhouse. Für die gesamten Black Type Rennen standen damals mehr als 148 Millionen Australische Dollars zur Verfügung, wobei rund 30 Millionen auf Listenrennen fielen. Die meisten Sieger jener Saison ritt mit 146 Blake Shin. Zwei weniger waren es bei James McConald, der aber insgesamt mit 13.3 Millionen rund 2.5 Millionen mehr zusammengaloppierte als sein Kollege. 2016 gab der 24-jährige Doppel-Champion, der bisher 34 Gruppe-I-Siege erzielte, ein hoch erfolgreiches Gastspiel in England. Im Herbst kassierte der in Neuseeland geborene Reiter in Australien jedoch 18 Monaten Lizenzentzug, weil er auf das von ihm gerittene siegreiche Pferd über einen Dritten gewettet hatte. Und das ist in Australien, im Gegensatz zu Neuseeland, verboten.
2016 gewann mit Almandin bereits der dritte Sieger, der den großen Schlenderhaner Stallion Monsun (1990; Königsstuhl) zum Vater hatte, den mit mehr als sechs Millionen AU$ ausgestatteten Melbourne Cup, der das größte Rennen in „Down-Under“ ist, und eine ganze Nation zum Stillstand bringt. Und auf dem Ehrenplatz, nach langem Kampf um einen Kopf geschlagen, endete der 2010 in Frankreich gezogene Heartbreak City, den der Acatenango-Sohn und Japan Cup-Sieger Lando (1990) zeugte, der auf dem Gestüt Hof Ittlingen gefohlt wurde.
Der Sieger von 2011, Dunaden (Nicobar), der in französischen Farben siegte, war zwar vorher auch einige Zeit in Deutschland im Training, doch der erste Monsun-Sohn, der das große Rennen 2013 zu Melbourne gewann, Fiorente, wurde 2008 nicht in der Heimat seines Vaters, sondern vom irischen Ballymacoll Stud gezogen. Erst der nächste Triumphator, der von 2014, Protectionist (2010), war ein Monsun-Hengst aus der deutschen Zucht von Dr. Christoph Berglar, und diesen ritt der englischen Spitzen-Jockey Ryan Moore auf der Flemington-Bahn in Melbourne zum Erfolg. Almandin (2010) knüpfte die Bande dann noch enger, denn er erblickte auch in dem Gestüt das Licht der Welt, wo sein großer Vater stand, im ältesten deutschen Privatgestüt Schlenderhan. 2015 hatte Michelle Payne auf Prince Of Penzance als erste Dame im Sattel das „teuerste“ Handicap der Welt über 3.200 Meter gewonnen, und 2016 war ihr Schwager, Kerrin McEvoy, der Steuermann von Almandin.
Neuseeland ist, ähnlich wie Irland, von Klima, Bodenverhältnissen, Sonne, ausreichendem Regen und fehlender extremer Temperatur-Unterschiede begünstigt und daher, wie auf der Grünen Insel im Norden, eine perfekte Umgebung für die Vollblutzucht, als auch Lieferant für den größeren Nachbar. Aufgezogen werden die Pferde fast ausschließlich im Freien. Als Hauptzentren der Zucht gelten die Regionen Aukland, Wanganui, Manawatu Plains und das Waikato Valley auf der Nordinsel, während im Süden die Canterbury Plains zu nennen sind. Die ersten Pferde kamen aus Australien und von Tasmanien, doch als englische Siedler im Januar 1840 gelandet waren, dauerte es nicht mehr lange, bis das ersten „Rennen“ an einem Strand in Wellington Harbour veranstaltet wurde, um den ersten Jahrestag der Ankunft zu feiern.
In den Jahren 1840-1850 wurden viele Pferde aus New South Wales importiert, doch gilt als erster Vollblüter, der direkt von England nach Neuseeland verladen wurde, die Stute Lucy Banks (Elis), die 1858 bereits 19 Jahre alt war. In dieser Zeit folgten auch drei Pferde, die von Melbourne (1834) stammten, der u. a. auch Vater von Englands erstem Triple Crown-Sieger West Australian (1850) war, als auch von Sir Tatton Sykes. Dieser gewann 1846 die 2000 Guineas, das St. Ledger und war im Derby auf dem Ehrenplatz. Der Nachwelt blieb erhalten, dass der Hengst auch das Derby hätten gewinnen müssen, doch war sein Besitzer Mr.Bill Scott, der ihn auch ritt, bereits am Ende einer langen und großen Reiterkarriere. Völlig entkräftet war er nicht mehr in der Lage, sein Pferd im Endkampf zu unterstützen und musste sich mit einem Hals Pyrrhus The First (Epirus) unter Sam Day mit einem Hals beugen. Obwohl Scott, dessen eiserne Kondition verbraucht war, auch auf den letzten 400 Metern im St. Ledger im September völlig ausgepumpt und nur noch „Passagier im Sattel“ war, gewann sein Pferd leicht. Für seinen Reiter war es der neunte Triumph im ältesten Klassiker der Welt, als auch sein letzter. Gekauft hatte Scott den Hengst als Tibthorpe für 100 Pfund von dem reitenden Farmer Mr. Hudson, und den Rest der Kaufsummer erst nach dem Sieg in den 2000 Guineas bezahlen können. Vorher hatte er aber längst festgestellt, dass seine Neuerwerbung eine sehr gute war und Tibthorpe nach seinem „Lehrmeister“ umbenannt.
Beim Aufgalopp zum Derby, so der damalige Chronist, soll Scott ziemlich betrunken gewesen sein, argumentierte mit dem Starter, der ihn zur Ordnung gerufen hatte, und kam verspätet ab. Die verlorenen Längen holte der Reiter schnell auf, ging 400 Meter vor dem Ziel an die Spitze, und sein Pferd wie der Sieger. Aber ohne die führende Hand seines restlos erschöpften Reiters driftete der Hengst von den Rails immer weiter über die Bahn zur Gegenseite. Sam Day erkannte seine Chance, zog auf Pyrrhus The First an den Rails alle Register und sicherte sich in den letzten zwei Galoppsprüngen den Derbysieg. Damit war auch die erste mögliche Tripple Crown verschenkt, denn das St. Ledger gewann der Derbyzweite locker. Bill Scotts Körper war jedoch am Ende, und der Reiter zwei Jahre später tot.
Читать дальше