Johannes Wally - Absprunghöhen

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Ein Statistiker, der ein rätselhaftes Zeichen auf seiner Wohnungstür entdeckt. Ein politischer Flüchtling, der fischen geht. Eine Human Ressource Managerin, die eine fehlerhafte Waage reklamieren will: Irritiert von banalen Begebenheiten brechen die Protagonisten dieses Erzählbandes zu äußeren wie inneren Reisen auf und sehen sich schließlich mit der Möglichkeit konfrontiert, von ihrem Leben abzuspringen. Mit viel Sinn für Ironie erzählt Johannes Wally vom ganz alltäglichen Gelingen und Scheitern, von psychologischen Verstrickungen und
ökonomischen Zwängen. Ergänzt werden die Erzählungen von Kürzestgeschichten, die mithilfe absurder Überzeichnung die Themen der Erzählungen aufnehmen und variieren.

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Er nahm den Weg, den er immer nahm, wenn er fischen ging. Er überquerte den Donaukanal bei der Franzensbrücke und fuhr zum Praterstern, wo er der Lassallestraße bis zur Reichsbrücke folgte. Dort nahm er die Abfahrt zur Donauinsel. Ziemlich weit nördlich warf er die Angel aus.

Warum Fischen so ein besonderer Sport sein soll, habe ich nie verstanden. Besonders langweilig. Das ja. Aber beim Angeln waren Tariq immer die besten Ideen gekommen. Die Idee zu seinem bekanntesten Theaterstück, in dem ein Affe, ein Esel und ein Hund zwischen Pyramiden, arabischen Reitern oder britischen Besatzern die verschiedenen Epochen seines Herkunftslandes durchwandern, war ihm auf einem kleinen Boot in der Bucht von Abu Qir gekommen. Ebenfalls beim Angeln. Das Mittelmeer. Die Sonne. Die Ruhe. Die Kunst, rechtzeitig Schnur zu geben und wieder einzuholen. Als ob Angler und Fisch ein Team seien. Die neue Donau war natürlich nicht gerade das Mittelmeer. Aber besser als nichts.

Tariq und Iba hatten mich zum Abendessen eingeladen. Sie aßen immer sehr früh, und so läutete ich am späten Nachmittag an ihrer Wohnungstür in der Dianagasse. Der Zeitpunkt des Abendessens war durch die Arbeitswoche vorgegeben. Iba arbeitete halbtags und kümmerte sich am Nachmittag um den Haushalt. Wenn Tariq gegen sechs Uhr abends von der Bibliothek kam, in der er den Bücherbestand der letzten drei Jahrhunderte katalogisierte, war er hungrig und wollte essen. Sein Hungergefühl stellte sich auch am Wochenende zur selben Zeit ein. Es war die einzige Mahlzeit, die sie am Tag gemeinsam einnahmen, und dieses Ritual war ihnen wichtig. Genauso wie es ihnen wichtig war, dass ich, wenn ich zu Besuch war, mitaß. Lehnte ich ab, wurde meine Ablehnung als Schüchternheit aufgefasst. Erkannte Iba, dass ich wirklich keinen Hunger hatte, fühlte sie sich zurückgewiesen. Details wie diese bestätigten mir, dass unsere Freundschaft über eine kulturelle Grenze gebaut war. Elias aß übrigens nie mit seinen Eltern, er aß irgendwann, hatte jede Freiheit. An diesem Abend war er nicht zuhause.

Tariq öffnete und reichte mir die Hand. Iba war noch in der Küche beschäftigt und würde gleich zu uns kommen. Wir setzten uns in die Polstersessel im Wohnzimmer und sprachen über irgendwelche Belanglosigkeiten.

Wir hatten lange gebraucht, bis Belangloses Gegenstand unserer Gespräche wurde. Nicht einmal bei unserer ersten Begegnung war Zeit für Smalltalk. Ich erinnere mich gut daran. Ich hatte Elias Nachhilfeunterricht gegeben, und als ich durch das Wohnzimmer in Richtung Vorzimmer ging, wo ich meine Schuhe abgestellt hatte, bat mich Iba Platz zu nehmen. Es war Mitte August und sehr heiß. Die Fenster waren verdunkelt, der Fernseher lief. Neben der Couch surrte ein Ventilator. Tariq saß in seinem Polstersessel und rauchte. Ich setzte mich neben ihn und wartete. Tariq rauchte wortlos weiter, Iba drehte den Fernseher ab. In Stille vergingen Minuten. Schließlich sagte Tariq nicht ohne theatralisches Geschick: „I had a dream.“ Dann lauter und energischer: „I have a dream.“

Wovon träumte Tariq?

Seinem Sprechen nach zu urteilen, litt er an seinem Traum. Bei unserer ersten Begegnung sprach er nur Englisch, mit der Zeit wechselte er immer öfter ins Deutsche. Dass er gezwungen war, sich in einer ihm noch fremden Sprache auszudrücken, hemmte ihn, doch es schmälerte nicht die Faszination, die von ihm ausging. Er war ein brillanter Rhetoriker, der, um zur vollen Kraft seiner Gedanken zu gelangen, Publikum brauchte; jemand, der ihm zuhörte und gelegentlich nickte, eine Frage stellte oder nachdenklich einen Punkt in weiter Ferne fixierte; jemand, der in seinen Intonationskurven und exakten Stimmmodulationen die Richtigkeit seiner Anschuldigungen und dahinter die Größe seines Traumes erkannte. Was auch immer dieser war. Denn direkt sprach er nie von ihm. Vielmehr verbiss er sich in allem, was dessen Umsetzung behindert hatte und auch in Zukunft behindern würde. Und das Hindernis, wie ich nicht bei unserer ersten Begegnung, aber nach vielen Monologen begriff, war nichts weniger als diese Welt.

Tariq war polemisch und schien mir in seinen Schlussfolgerungen oft erschreckend banal: Sie nehmen alles. Dieser Satz strukturierte wie ein Refrain seine Analysen und Anschuldigungen. Fragen, wer sie seien oder was alles bedeute, irritierten ihn. Machten ihn geradezu wütend, und ich dachte, er sei wütend, weil ich so begriffsstützig sei. Schließlich aber erkannte ich, dass er wütend wurde, da er jede Differenzierung als Relativierung seiner Weltsicht und somit als Resultat kapitalistischer Propaganda begriff. Sie wollen, dass wir so denken. Die Wirklichkeit sei anders. Manager, Universitätsprofessorinnen, Straßenkehrer, Büroangestellte. Alles ein und dasselbe. Sie sind Arbeiter. Sie machen für wenig Lohn alles. Und alles, was sie machen, nehmen sie: Es dauerte einige Zeit, bis ich verstand, dass mit sie nicht unbedingt konkrete Personen gemeint waren. Natürlich hatte er auch konkrete Personen im Visier: Wer Zeitungen aufmerksam lese, wisse, um wen es sich handle. Doch mehr als diese Personen klagte er mit seiner Kampfansage unser Denken an, das uns zu Akteuren des Marktes und eines absurden Wachstumsgebots machte; eines Marktes, den es infolge internationaler Konzernverflechtungen ohnehin nur mehr als Schein gebe. Sie nehmen alles: Auftakt und Abgesang jeder seiner Analysen. Als ob sich, indem man immer zum selben Schluss kommt, die eigene Fremdheit mindern ließe.

Dabei konnte er auch anders. Ließ er in seiner Verzweiflung und Wut nach, erwies er sich als feinfühliger und kluger Menschenkenner. Später, als wir bereits über den Altersunterschied von fünfundzwanzig Jahren, über zwei Kulturen und zwei Vergangenheiten, die unterschiedlicher nicht hätten sein können, eine Brücke gebaut hatten, erzählte auch ich ihm von persönlichen Schwierigkeiten: Sinnkrisen, Beruf, Ehe, was eben anstand. Und er hörte zu und fragte nach. Schwieg. Gab keine Ex-cathedra-Ratschläge. Seufzte hilflos: „Menschen sind sehr kompliziert!“ Aber es dauerte, bis wir dahin kamen. Doch über die Jahre wurde er mein Freund. Ein väterlicher Freund, ohne sich bei all seiner Sturheit jemals eine wie auch immer geartete väterliche Autorität anzumaßen. Er mochte keine Autoritäten.

„Was macht Elsbeth?“, fragte Tariq, und ich nickte. Meiner Frau ging es gut.

Über die Gründe, die ihn zur Flucht gezwungen hatten, erfuhr ich nichts Konkretes. Als ich ihn unlängst darauf ansprach, wich er aus. Das sei nun schon nicht mehr wahr. Seit sechzehn Jahren lebe er mit seiner Familie in Österreich. Mittlerweile hätten sie ja sogar die österreichische Staatsbürgerschaft. Einmal nur sagte er, da waren wir betrunken, fast unhörbar und die Augen geschlossen: „Sie haben mich geschlagen. Schlimm geschlagen.“

Iba war Koptin, er Moslem. Ich weiß, dass er Architekt gewesen war und Schriftsteller. Er hatte für den Rundfunk und für das Theater geschrieben und mit Hörspielen gutes Geld verdient. Trotzdem kam er in Österreich bettelarm an, da sein Kapital in diversen Projekten gebunden war und ihm keiner seiner Geschäftspartner so plötzlich seinen Anteil auszahlen konnte. Die Flucht war ja eine Nacht- und Nebelaktion. Zumindest entnehme ich das seinen Andeutungen. Auf Religion war er nicht gut zu sprechen. Wir kannten uns etwa ein halbes Jahr, da drehte sich unser Gespräch um die Frage, ob es einen Gott gäbe. Es war das erste Mal, dass wir miteinander sprachen und er nicht monologisierte und ich zuhörte. Ich führte die alten Beweise an: die Geschichte mit der letzten Ursache, in der alle Ursachen wurzeln; das Bild von losen Bestandteilen einer Uhr in einer Plastiktüte und den damit einhergehenden Analogieschluss, dass auch ein Universum einen Uhrmacher brauche; oder die Überlegung, dass Gott perfekt ist und folglich existieren muss, da ein Gott, der perfekt ist, aber nicht existiert, eben nicht perfekt ist. Tariq hatte damals hintergründig gelächelt: „Weißt du, die Sache ist so einfach. Wenn von sieben Milliarden Menschen sechs Milliarden an Gott glauben, gibt es Gott.“

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