Wir hatten einen eisigen Fluss in handgefertigten Kähnen überquert und waren stundenlang gefahren; wir schauten uns über den Rand der Atemschutzmasken an, die uns vor der Staubwolke schützten, welche durch den Boden unseres uralten chinesischen Busses drang. Wir hielten uns an den Sitzen und aneinander fest, als wir die weggeschwemmten Brücken und die weglose Wüste durchquerten, um an diesen Ort zu gelangen.
Doch die Schönheit unseres Zielorts war all die vielen Stöße und den ganzen Staub wert. Wären die Klöster einfach zu erreichen, hätten Tausende von Menschen diese Reise durch die Zeit unternommen; dann wären diese zeitlosen Schreine wahrscheinlich dem »Fortschritt« zum Opfer gefallen.
An diesem Tag saß ich mit meiner Gruppe auf dem kalten Steinboden einer fensterlosen Kapelle und wartete auf unser erstes Treffen mit den hochrangigen Ältesten dieses uralten Tempels.
Die Worte sind die Codes
Ich konzentrierte mich auf die Augen des schönen, alterslosen Mannes in der kastanienbraunen Robe, der im Lotussitz vor mir saß. Er war der Abt des Klosters. Über unseren Dolmetscher stellte ich ihm dieselbe Frage, die ich jedem Mönch und jeder Nonne gestellt hatte, denen wir auf unserer Pilgerreise begegnet waren: »Wenn wir eure Gebete sehen, was macht ihr dann in eurem Körper? Wenn wir sehen, wie ihr tönt und vierzehn bis sechzehn Stunden am Tag nach außen hin Mantras chantet, was geschieht dann bei euch innerlich?« Während der Dolmetscher die Antwort des Abts übersetzte, durchlief meinen Körper eine starke Empfindung – ich wusste nun, dass wir genau deswegen hierhergekommen waren.
»Ihr habt unsere Gebete nie gesehen«, antwortete er, »denn ein Gebet kann man nicht sehen.« Der Abt richtete die schwere Wollrobe unter seinen Füßen und fuhr fort: »Was ihr gesehen habt, ist das, was wir tun, um das Gefühl im Körper zu erzeugen. Das Gefühl ist das Gebet, und die Worte erzeugen das Gefühl!«
Die Weisheitscodes
Die Klarheit der Antwort des Abts spiegelte die Entdeckungen wider, die in aktuellen Wissenschaftsjournalen zu lesen waren. Er gab mir zu verstehen, dass die Worte der alten Gesänge wie Katalysatoren sind, um die Gefühle hervorzurufen, die den Körper der die Worte darbietenden Person verändern. Die Worte sind die Codes.
In seiner Botschaft hallten die Vorstellungen wider, welche vor über 2000 Jahren in den alten Schriften der gnostischen christlichen Traditionen des Westens aufgezeichnet wurden.
In den frühen Übersetzungen des Evangeliums nach Johannes (Kapitel 16, Vers 24) wird uns beispielsweise gesagt, wir sollten unseren Gebeten mit Worten Kraft verleihen – mit Worten, die uns einladen, von dem Gefühl eingehüllt zu sein, dass unsere Gebete bereits erhört wurden: »Bitte ohne verborgene Motive, und du wirst umringt sein von der Antwort – eingehüllt von dem, was du dir wünschst –, auf dass dein Glück vollständig sei, auf dass die Freude über das Erreichte sich fortsetzen möge bis zur Vollendung in Einheit …« 2
[In der 2016 erschienenen Ausgabe der Einheitsübersetzung der Bibel, auf die wir uns – sofern nicht anders angegeben – in der deutschen Ausgabe von »Die Weisheitscodes« beziehen, heißt es schlicht: »Bis jetzt habt ihr noch um nichts in meinem Namen gebeten. Bittet und ihr werdet empfangen, damit eure Freude vollkommen ist.« 3]
Die Worte entfachen also die Emotion, welche unsere Gebete und Bitten mit Kraft erfüllt und einen Kaskadeneffekt nach sich zieht. Nehmen wir das voll und ganz an, was unsere gesprochenen Worte auf tiefstmöglicher Gewahrseinsebene bedeuten, lösen sie die neurologischen und biologischen Reaktionen aus, welche die Intention der Codes widerspiegeln.
Der Schriftgelehrte Thomas, Namensgeber des verlorenen Thomasevangeliums, beschreibt klar und deutlich die potenzielle Macht, wenn eine solche biologische Kettenreaktion katalysiert wird. Wenn wir das tun, so sagt er, könnten wir zu einem Berg sagen: »Berg, hebe dich weg«, dann werde er sich wegheben. 4
Wenn die Weisheit in alten Zeiten so viel Macht hatte und über sehr lange Zeit immer wieder funktioniert hat, dann muss sie auch für uns heute noch von Nutzen sein! Der tibetische Abt und das gnostische Evangelium beschrieben dasselbe Prinzip.
Vor über 5000 Jahren erkannten unsere ältesten und angesehensten spirituellen Traditionen die Beziehung zwischen den Worten bzw. Wörtern, die wir verwenden, und der Funktionsweise unseres Gehirns. Sie verließen sich auf bestimmte Wortmuster, die sie aufsagten – Gebete, Mantras, Hymnen und Gesänge –, um sich davon Inspiration, Sicherheit, Trost und Heilung spenden zu lassen, wenn sie mit den unvermeidlichen Herausforderungen des alltäglichen Lebens konfrontiert waren. Und auch wenn die indigenen Völker nach heutigem Maßstab keine Wissenschaftler waren, verstanden sie doch die Wirkung der Wortcodes voll und ganz.
Die Zeiten haben sich zwar geändert, aber wir reagieren auf die Prüfungen in unserem Leben nicht so viel anders als sie. Verlieren wir einen geliebten Menschen, sind auch wir erschüttert. Und ebenso erbitten wir Schutz, wenn wir Angst haben. Auch wir suchen nach Rat, wenn wir schwierige Entscheidungen treffen müssen. Und wie unsere Ahnen können wir nach wie vor von den Weisheitscodes profitieren, die sie vor so langer Zeit entdeckt haben.
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Teil 1
Schutz
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Ich weiß nicht, ob mir der Zustand der Welt Angst bereitet. Ich glaube, mir macht eher der Zustand meiner Einstellung hinsichtlich des Zustands der Welt Angst.
(Craig D. Lounsbrough, Therapeut und Life-Coach 1)
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Allen Menschen sind bestimmte Ängste gemein und das Gefühl, wir bräuchten manchmal Zuflucht und Schutz. Zuweilen müssen wir uns vor sichtbaren Kräften wie einer offensichtlichen physischen Bedrohung schützen.
Wollen wir uns zum Beispiel vor einem verärgerten Kollegen schützen, unternehmen wir die erforderlichen Schritte, um dem auf uns gerichteten Ärger aus dem Weg zu gehen oder ihn aufzulösen. Diese Art von Schutz ist am leichtesten zu erkennen und zu begründen, und diese Kräfte können am einfachsten behoben werden.
Doch immer wieder müssen wir uns auch vor Kräften schützen, die nicht ganz so offensichtlich sind, weil wir sie nicht sehen können. Für unsichtbare Kräfte Abhilfe zu schaffen, kann schwieriger sein. Solchen Kräften wirkten unsere Ahnen mit Weisheitscodes entgegen, die unseren Blickwinkel verändern, wodurch sich wiederum unsere Körperchemie wandelt. Das soll uns beschützen, wenn wir persönlichen Schutz benötigen.
Die folgenden Schutz-Weisheitscodes entstammen traditionellen Gebeten der christlichen, buddhistischen und vedischen Tradition.
Weisheitscode 1
Psalm 91
Wer unter dem Schirm des Höchsten sitzt und unter dem Schatten des Allmächtigen bleibt, der spricht zu dem Herrn: Meine Zuversicht und meine Burg, mein Gott, auf den ich hoffe. 1
Einsatz:
Schutz. Dieser Code wurde vom Propheten Mose kreiert, als er auf den Berg Sinai stieg, um sich beim Aufstieg vor unbekannten Kräften zu schützen; er hat sich zu einem Schutzstandard entwickelt und wird für alle möglichen Szenarien eingesetzt: von alltäglichen Herausforderungen bis hin zur Sicherung ganzer Armeen, die sich auf den Kampf vorbereiten.
Quelle:
Lutherbibel 2017, Psalm 91,1–2
Das Buch der Psalmen ist unter den 39 Büchern des Alten Testaments der protestantischen Bibel einzigartig. Die den Psalmen vorhergehenden 18 Bücher und die 20 nachfolgenden Bücher enthalten hauptsächlich von Gott den Menschen auf der Erde gegebene Informationen, Anweisungen und Befehle. Hier unterscheidet sich das Buch der Psalmen, wo es genau umgekehrt ist.
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