Richard Brandes - Tod in der Schorfheide

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Tod in der Schorfheide: краткое содержание, описание и аннотация

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Hochspannung in der Einsamkeit Brandenburgs.
In einem alten Forsthaus in den Wäldern der Schorfheide wird ein Mann bei lebendigem Leib verbrannt. Hauptkommissarin Carla Stach steht vor einem Rätsel: Warum diese Grausamkeit, woher dieser Hass? Tags darauf wird eine Schülerin als vermisst gemeldet, und es mehren sich Hinweise, dass die Fälle zusammenhängen könnten. Der Druck auf die Kommissarin wächst – wenn sie das Mädchen wiederfinden will, muss sie die Hintergründe des Mordes verstehen. Aber die Zeit läuft ihr davon.

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Richard Brandes ist Psychotherapeut mit eigener Praxis und arbeitet hauptsächlich mit Paaren und Jugendlichen. Er schrieb bereits zahlreiche Drehbücher für Krimiserien als Storyliner und Dialogautor. »Tod in der Schorfheide« ist sein Debütroman. Richard Brandes lebt in Berlin.

Dieses Buch ist ein Roman. Handlungen und Personen sind frei erfunden. Ähnlichkeiten mit lebenden oder toten Personen sind nicht gewollt und rein zufällig.

© 2021 Emons Verlag GmbH

Alle Rechte vorbehalten

Umschlagmotiv: Tim Daniels/Arcangel.com

Umschlaggestaltung: Nina Schäfer, nach einem Konzept von Leonardo Magrelli und Nina Schäfer

Umsetzung: Tobias Doetsch

Lektorat: Carlos Westerkamp

E-Book-Erstellung: CPI books GmbH, Leck

ISBN 978-3-96041-806-1

Originalausgabe

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Dieser Roman wurde vermittelt durch die Verlagsagentur Lianne Kolf, München.

Für Frank

Der Wald ist schön! – Ihr habt es oft gesungen,

Doch lernt ihn kennen, wenn es ihn durchbraust,

Es unaufhaltsam in den Wipfeln saust,

Indes es rings am Horizont gewittert.

O, lernt ihn kennen, wenn ihn Sturm erfaßt,

Wenn von den Eichen, Birken – Ast um Ast

Gebrochen, wild verstreut, hernieder splittert.

»Der Wald ist schön«

von Schorfheide-Dichter Friedrich Brunold,

1811–1894

Prolog

In den ersten Jahren träumte sie jede Nacht von ihm. Oft wurde sie von ihrem eigenen Schrei aus dem Schlaf gerissen, ohne zu wissen, ob sie tatsächlich oder nur im Traum geschrien hatte. Sie stand auf, kochte sich einen Tee und ging wieder zu Bett. Dann lag sie da und wartete, bis die Morgendämmerung die Angst vertrieb.

Im Traum verfolgte er sie. Sie hörte seine Schritte, aber sie konnte ihn nicht sehen. So irrte sie umher und wusste nicht, ob sie vor ihm floh oder ihm geradewegs in die Arme lief. Manchmal glaubte sie, Waldboden unter ihren Füßen zu spüren und Zweige, die ihr ins Gesicht peitschten. Am Ende stürzte sie, und dann sah sie ihn vor sich stehen – wie ein Schatten, ohne Gesicht.

Danach kam eine Zeit, da verschwanden die Träume. Allmählich, nicht sofort. Sie wurden seltener, tauchten nur noch sporadisch auf und vergingen irgendwann ganz. Sie erinnerte sich noch gut an das befreiende Gefühl, keine Angst mehr vor dem Einschlafen gehabt zu haben. Sie hatte es geschafft. Allein und ohne Hilfe. Darauf war sie stolz gewesen.

Doch eines Nachts kehrten sie zurück.

Sie verstand zunächst nicht, warum. Rückblickend wusste sie, dass sie ihm begegnet war. Vor nicht allzu langer Zeit, an einem milden Spätsommerabend im September. Sie war ihm begegnet, ohne ihn erkannt zu haben. Aber ein Teil in ihr, den man gemeinhin als Intuition, Ahnung oder Instinkt bezeichnet, dieser Teil hatte ihn erkannt.

An jenem Spätsommerabend im September hatte ihr Leben ein zweites Mal eine schreckliche Wendung erfahren.

Der Schatten hatte ein Gesicht bekommen.

1

Sonntag, Woche eins

Ein Herbststurm fegte durch die Nacht, als Herbert Kahlow aus dem Schlaf hochschreckte. Er glaubte, einen Schrei gehört zu haben.

Seine Frau lag neben ihm und schnarchte leise, während er kerzengerade im Bett saß und in die Dunkelheit starrte. Die Leuchtziffern des Weckers zeigten an, dass es wenige Minuten vor halb eins war. Möglicherweise hatte er sich den Schrei nur eingebildet, denn der Lärm, den der Sturm erzeugte, war außergewöhnlich. Böen pfiffen um sein Haus, und die Tür des Werkzeugschuppens donnerte pausenlos gegen den Rahmen. Trotz der Wetterwarnung hatte er vergessen, den Riegel vorzuschieben, und er überlegte, nach draußen zu gehen und die Schuppentür zu verschließen. Doch dann würde er erst recht wach sein.

Er ließ sich auf den Rücken fallen, schloss die Augen und lauschte. Da war noch ein weiteres Geräusch, etwas, das er nicht zuordnen konnte. Es klang wie ein Tosen oder Grollen und war so unterschwellig, dass er zunächst glaubte, sich zu täuschen. Aber er täuschte sich nicht. Etwas geschah dort draußen. Etwas, das ihn beunruhigte.

Er schwang die Beine aus dem Bett, schlüpfte in seine Hausschuhe und stellte sich ans Fenster. Ein Windstoß ließ die Scheibe beben. Wolken zogen in rasantem Tempo an einem fast vollen Mond vorbei, der seinen Garten und die Felder in ein fahles Licht hüllte. Die Schuppentür wurde von einer Böe erfasst, aufgerissen und wieder zugeworfen, während sich der Weidenbaum im Sturm bog. Bis auf das Wetter war nichts ungewöhnlich dort draußen. Das Geräusch musste aus einer anderen Richtung kommen. Aber woher? Es fröstelte ihn.

»Kannst du wieder nicht pinkeln?«

Die Stimme seiner Frau riss ihn aus seinen Gedanken. Er drehte sich zu ihr um. Sie saß aufrecht im Bett.

»Hörst du das?«, sagte er. »Dieses seltsame Grollen?«

Sie horchte.

»Ich weiß nicht. Du meinst den Wind.«

»Hör genau hin.«

Sie wandte sich ab und lauschte.

»Da ist nichts«, sagte sie und schüttelte den Kopf. »Du bildest dir das bestimmt bloß ein.«

Margots Worte beruhigten ihn nicht. Seit ihr Hörvermögen nachgelassen hatte, war ihrer Wahrnehmung nur noch bedingt zu trauen. »Irgendetwas stimmt da nicht«, sagte er. »Ich fühle es.«

Sie legte sich wieder hin. »Wenn du meinst. Aber beschwer dich nicht, dass du dich wie gerädert fühlst morgen früh.«

Dann wälzte sie sich auf die Seite, und es dauerte nur wenige Augenblicke, bis sie erneut schnarchte.

Vielleicht hatte seine Frau recht. Vielleicht bildete er sich das Geräusch tatsächlich nur ein. Auch der Schrei war vermutlich nichts anderem als dem Heulen des Sturms geschuldet.

Er legte sich ins Bett, zog die Decke bis zum Kinn und schloss die Augen in der Hoffnung, bald einschlafen zu können. Doch eine innere Unruhe hatte ihn gepackt. Ihm war, als zöge ein Unheil auf. Es gelang ihm nicht, sich zu entspannen. Er war zu aufgedreht.

Plötzlich durchzuckte ihn ein Schreck. Er glaubte, schon wieder in der Ferne einen Schrei gehört zu haben.

»Da ist was passiert!«, platzte es aus ihm heraus, während er hochfuhr. Seine Frau reagierte nicht.

Er horchte. Kein Zweifel, da schrie ein Mann, wie unter Schmerzen oder in Todesangst.

Er sprang aus dem Bett, warf sich einen Bademantel über, trat in seine Hausschuhe und lief durch den Flur in die Wohnstube, die vom abendlichen Fernsehen noch gut geheizt war. Die Schreie und das Tosen wurden lauter.

Er riss das Fenster auf. Laub wirbelte über die Straße; in der Luft hing der Geruch von Rauch. Er schien der Einzige zu sein, der wach war, denn hinter den Fenstern der Landhäuschen, die die Straße säumten, war es stockfinster. Er lehnte sich hinaus und spähte zum Wald, der gleich hinter der Dorfstraße begann. Zwischen den Bäumen leuchtete es feuerrot. Er erschrak so sehr, dass er sich unwillkürlich ans Herz fassen musste. Das ehemalige Forsthaus brannte! Die Flammen fauchten in die Höhe, während es unentwegt knackte. Er kannte dieses Knacken. Er hatte es schon einmal gehört, vor vielen Jahren, als seine Scheune gebrannt hatte. Es stammte von dem Holz, das durch die Hitze riss.

Die Schreie wurden schriller, und ihn schauderte. Warum rettete sich der junge Mann, der in dem Haus lebte, nicht nach draußen?

Er wollte gerade zum Telefon eilen, um die Feuerwehr zu alarmieren, als das Dach des Forsthauses in sich zusammenkrachte und ein Funkenregen in den Nachthimmel schoss. Die Kirchturmglocke läutete ein einziges Mal, dann wurde es allmählich stiller. Das Tosen verwandelte sich in ein Knistern, die Schreie waren verstummt.

Es war ein Sonntag im Oktober, eine halbe Stunde nach Mitternacht.

2

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