Zwischen Industrie und Dornröschenschloss
Romantischer geht‘s kaum: Mitten im verwunschenen Reinhardswald zwischen Kassel und Göttingen erhebt sich seit 1334 die trutzige Sababurg, die früher Zappenburg hieß und heute ein Hotel ist (→ Bild Seite 32). Nach dem Dreißigjährigen Krieg verfiel das Anwesen und gilt seitdem als das dornenumrankte Schloss, das die Gebrüder Grimm zu ihrem berühmten Märchen »Dornröschen« inspirierte. Die Sababurg soll von 1571 bis 1591 mit einer fünf Kilometer langen und drei Meter hohen Dornenhecke geschützt worden sein. Wahrscheinlich aber waren es keine Rosen, sondern pieksiger Weißdorn. Heute duftet ein kleiner, aber wirklich feiner Rosengarten an der Burg mit herrlichen alten Sorten.
Die Tudor-Rose Die Wappen-Rose des englischen Königshauses erinnert an das Ende der sogenannten Rosenkriege um das englische Königshaus im 15. Jahrhundert. Im Wappen wurde dabei die weiße Rose des Hauses York über die rote Rose des Hauses Lancaster gelegt. So entstand die Tudor-Rose.
Mehr als 100 000 Rosen in allen Farben, Formen und Düften blühen jedes Jahr im ältesten Rosendorf Deutschlands, in Bad Nauheim. Hier werden seit über 50 Jahren Rosen angebaut und jedes Jahr über zwei Millionen dieser Prachtblumen produziert. Im Dortmunder Westfalenpark liegt das »Deutsche Rosarium GRF« mit über 3000 Sorten und Arten. Reizvoll ist der Kontrast zwischen der Industriekulisse mit ihren Hochofenwerken im Hintergrund und Rosen, die mit Flamingos um das schönste Rosa wetteifern. Mitten in der Stadt Zweibrücken befindet sich ein Rosengarten – 45 000 Rosen in mehr als 1500 verschiedenen Arten und Sorten. Er wurde 1914 eingeweiht und im Zweiten Weltkrieg nahezu vollständig vernichtet. Heute zeigt sich wieder eine Rosenpracht, so weit das Auge blickt – 1500 Rosensorten, mehr als 800 Staudenarten und 500 Ziergehölz- und Baumarten begeistern die Besucher.
Rosen unter Denkmalschutz
An einer hochwasserfreien Uferpromenade entlang der Elbe entstand in den 30er-Jahren der »Rosengarten Dresden«. Zu sehen sind hier nicht nur ausgewählte Rosensorten aus dieser Zeit, sondern auch Beete mit Pflanzen, die in der DDR-Zeit gezüchtet wurden. Die 29 500 Quadratmeter mit ihren rund 120 Rosenarten und -sorten sind wirklich sehenswert und stehen heute unter Denkmalschutz.
Neben den prachtvollen Rosarien lohnt sich auch immer ein Blick in den nächsten Botanischen Garten oder beim Nachbarn über den Gartenzaun. In Stadtparks oder rund um historische Schlösser und Burganlagen finden sich Rosen ebenso wie in vielen Apotheker- oder Heilpflanzengärten in Kiel, Hamburg, Jena, Würzburg, Schwäbisch Gmünd, Eckwälden/Bad Boll, Schloss Türnich in Kerpen, dem Achillea-Garten in Freiburg oder dem Wiener Volksgarten. Auf der Insel Mainau im Bodensee findet sich ein Rosengarten, der mit dem Schiff oder über eine Brücke erreichbar ist! Aber auch in Klostergärten wie dem Andechser Klostergarten, dem Klostergarten Bronnbach, dem Kräutergarten von Kloster Lorsch oder dem Aromagarten Erlangen warten besondere Raritäten auf die Besucher – und ebenso ein guter Rat für die Pflege der Rosen.
LESEN SIE NACH!
Buchtipp:
»Rosengärten in Deutschland«, Verein Deutscher Rosenfreunde Reinhard Witt, Naturnahe Rosen, Verlag Dr. Reinhard Witt
Internet-Tipps:
www.rosarium-wilhelmshaven.de www.seaside-garden.de www.rosarium-uetersen.de www.europa-rosarium.de www.roseninsel-kassel.de www.baden-baden.de www.sababurg.de www.bad-nauheim.de www.dortmund.de www.rosengarten-zweibruecken.de www.rosengarten-dresden.de
Adressen von Rosenzüchtern, -schulen und weiteren Rosarien erhalten Sie hier: www.welt-der-rosen.de
Der Rosengarten der Firma Primavera steht in voller Blüte.
Das PRIMAVERA Life Naturparadies
Im schönen Allgäu liegt auf 950 Metern über dem Meeresspiegel der höchstgelegene Rosengarten Deutschlands. Umgeben von 1000 Metern Wildrosenhecke zeigt das Areal über 600 verschiedene Rosenarten, darunter eine große Auswahl an Centifolien-, Damaszener- und Gallica-Rosen. Jedes Jahr findet zur Rosenblüte im Juni/Juli ein Rosenfest statt. Freitags gibt es Gartenführungen für Roseninteressierte, und zum Verweilen und Genießen ist der Garten immer geöffnet. Die Führungen durch den idyllischen Garten werden von Experten begleitet, zudem finden regelmäßig spannende und lehrreiche Seminare und hilfreiche Workshops statt. Wer etwas über Rosen, ihre wertvollen Inhaltsstoffe und besonders ihr Öl lernen möchte, ist hier am richtigen Platz. Und ein Duft- und Naturkosmetikshop mit hochwertigen Produkten sorgt für ein weiteres Aroma- und Wohlfühlerlebnis.
35 Millionen Jahre Rosen
Weltweit auf dem Siegeszug
Die Wälder wichen zurück, weite offene Graslandschaften breiteten sich aus. In der afrikanischen Savanne weidete vor rund 35 Millionen Jahren ein etwa 100 Kilo schwerer, pummeliger Grasfresser, groß wie ein Schaf – ein Vorfahre des heutigen Nilpferds. In Nordamerika galoppierte ein Pferd mit drei Hufzehen durch die Steppen, die Vorfahren von Wölfen, Bären und Menschenaffen streiften umher, auch frühe Nashörner, Hirsche, Kamele – und Säbelzahntiger. Und im tropisch-milden Erdzeitalter des Oligozän blühten auch die ersten Rosen und lockten mit ihrem betörenden Duft Insekten an.
»Wenn Zeus den Blumen eine Königin geben wollte, müsste die Rose diese Krone tragen.« Sappho, griechische Dichterin (etwa 600 v. Chr.)
Abdrücke ihrer Blätter und Blüten finden sich zum Beispiel im »Florissant Fossil Beds National Monument« des amerikanischen Bundesstaates Colorado – neben versteinerten Mammutbäumen und Libellen. Verschiedene Rosenfossilien sind aber auch in Deutschland entdeckt worden, das damals von weiten Sumpflandschaften bedeckt war. Ebenso finden wir sie auf dem Balkan, in Mexiko und Nordafrika. Südlich des Äquators sind dahingegen bisher noch keine Abdrücke der schönen Blumenkönigin ausgegraben worden.
Entstanden ist die Urform der Rose wahrscheinlich im Eozän vor 60 bis 70 Millionen Jahren, irgendwo in Zentralasien. Von dort aus breitete sie sich über die ganze nördliche Hemisphäre aus – und begann schon früh, die Menschen zu verzaubern. Aus der Ur-Rose entwickelten sich bis heute mehr als 200 verschiedene Arten mit mindestens 30 000 verschiedenen gezüchtete Sorten – wenn es nicht noch mehr Rosenköniginnen gibt.
Die Heckenrose war bei den Germanen der Fruchtbarkeitsgöttin Freya geweiht.
Bereits um 500 v. Chr. bewunderte der chinesische Philosoph Konfuzius (551–479 v. Chr.) die Rosen in den kaiserlichen Gärten der Verbotenen Stadt. Vor allem aber hob er hervor, dass die kaiserliche Bibliothek Hunderte Bücher und Schriftrollen über die prächtigste aller Pflanzen beherbergte. Die Gärtner der Han-Dynastie (207 v. Chr.–20 n. Chr.) waren – so berichten alte Chroniken – so besessen von der Schönheit der Blumen, dass ihre Rosengärten drohten, Ackerland zu verschlingen, das für den Anbau von Nahrungsmitteln dringend benötigt wurde. Der Kaiser persönlich musste eingreifen und anordnen, einen Teil der auswuchernden Gärten unterzupflügen. Archäologische Funde in keltischen und germanischen Dörfern beweisen, dass zumindest die Scheinfrüchte der Hundsrose, die Hagebutten, eine wichtige Rolle in der Ernährung spielten. Vermutlich wurden die Vitamin-C-reichen Früchte im Herbst gesammelt und für die langen, schweren Wintermonate getrocknet. Ähnlich wie wohl auch Schlehen und der Sanddorn garantierten sie so das Überleben in mageren Jahreszeiten. Waren ihre Kinder unruhig und schlaflos, legten die Germanen ihnen sogenannte Rosenäpfel unter das Kopfkissen. Das sind Äpfel mit Wucherungen, die durch die Gallwespe entstehen.
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