Was tun, wenn ich in der Stadt wohne?
Dies ist eine Frage, die mir auf meinen Kräuterwanderungen oft gestellt wird. Und sie ist gar nicht leicht zu beantworten. Auch in der Stadt finden sich Plätze, an denen sich die eine oder andere Wildpflanze tapfer in gepflegten Parkanlagen behauptet. Doch die Verwendung dieser Pflanzen ist nicht immer unproblematisch, denn die Pflanzen stellen sich uns nicht nur in unserem Körper hilfreich zur Seite, sondern sie heilen auch den Boden.
Die Gundelrebe ist zum Beispiel eine Pflanze, die uns unterstützt, Schwermetalle aus dem Körper auszuleiten – doch sie entgiftet auch die Erde, auf der sie wächst. Wenn sie nun an einer mit Schwermetallen verseuchten Stelle wächst, reichern sich diese toxischen Substanzen in der Pflanze an und sie eignet sich nicht mehr für den Verzehr oder einen therapeutischen Einsatz.
Unsere grünen Geschwister in der Stadt verfügen über ein hohes Maß an Grünkraft. Somit kann hier keine pauschale Antwort gegeben werden, sondern hier bist du in deiner „Spürigkeit“ gefragt; in deiner Gabe, dich mit der Pflanze zu verbinden und deine Intuition zu befragen. Besser ist es, der Stadt hin und wieder den Rücken zu kehren und einen Ausflug zum Kräutersammeln aufs Land zu machen. (Vorsicht vor überdüngten Böden und gespritzten Feldern!)
Wildpflanzen behaupten sich sogar an den unwirtlichsten Stellen.
Zur Rohkostfrage
Natürlich handelt es sich bei den grünen Heilkräuter-Smoothies um Rohkost. Für die einen gilt eine Ernährung, die auf Rohkost basiert, als Universalheilmittel. Anders als bei gekochten Lebensmitteln, sind in frisch geernteter Rohkost noch alle Vitamine, Enzyme und andere Vitalstoffe enthalten, die durch den Kochvorgang ganz oder teilweise verloren gehen. Auch energetisch hat die frische Pflanze eine ganz andere Ausstrahlung, als wenn sie weiterverarbeitet und lange gelagert wird und versorgt uns mit reichlich Prana (immer vorausgesetzt, sie durfte unter guten Bedingungen wachsen und gedeihen und wird mit Respekt und Dankbarkeit, am besten von Hand geerntet). Rohkost ist in vielerlei Hinsicht also ein Quell der Gesundheit für uns – wenn wir sie verdauen können!
Da Rohkost generell schwerer zu verdauen ist als gekochte Nahrung, setzt deren Verzehr eine starke Verdauungskraft voraus. Unverdaut gärt sie im Darm vor sich hin, wodurch Fuselalkohole entstehen, die eine erheblich Belastung für die Leber darstellen und zu vielen gesundheitlichen Problemen führen können. Aus diesen Gründen stellt eine reine Rohkosternährung aus der Sicht vieler Gesundheitsexperten sogar ein gesundheitliches Risiko dar.
Bei Hildegard von Bingen gibt es sogar ein „Rohkostverbot“, und auch im Ayurveda wird diese nur bestimmten Konstitutionen beziehungsweise zu bestimmten Jahreszeiten empfohlen. Wieder andere warnen vor der Rohkost, weil aus ihrer Sicht auf jedem frisch geernteten Kräutchen gefährliche Mikroorganismen und Parasiten lauern, die nur darauf warten, uns zahlreiche Krankheiten zu bescheren.
Paradigmenwechsel in der Medizin
Leider hat sich in unserer Zeit eine Angst breitgemacht vor allem, was „wild“ ist. (In vielen anderen Kulturen und Sprachen gibt es gar kein Wort für „Wildnis“.) Wir haben eher Angst vor der „ungezähmten“ Natur als vor degenerierten, toxisch belasteten Nahrungsmitteln aus Alu- und Plastikverpackungen. Viele von uns haben aufgehört, sich als Teil der Natur zu begreifen und betrachten die Natur als irgendetwas Fremdes, Ungezügeltes, Gefährliches „da draußen“. Die Angst versuchen wir zu kompensieren, indem wir vermeintlich die Natur beherrschen anstatt im Einklang mit ihr zu leben.
Dies hat vor vielen Jahren auch in der allopathischen Medizin zu einem Paradigmenwechsel geführt, der den „Feind“ im Außen und mit kriegerischen Mitteln zu bekämpfen sucht. Die „Waffen“ dieses Paradigmas richten sich gegen das Leben (anti-bios) und führen nicht selten zu einem ewig währenden Kampf gegen die sogenannten Erreger, der nicht zuletzt die Kassen der Pharmafirmen klingeln lässt.
In der traditionellen und der modernen Naturheilkunde gehen wir jedoch davon aus, dass nicht der Erreger die Ursache einer Erkrankung ist, sondern ein geschädigtes Milieu. Dahinter kann ein verschobenes Gleichgewicht von Säuren und Basen im Körper stecken. Oft finden wir in der Praxis auch eine Belastung mit Giftstoffen (vor allem Schwermetall- und Aluminiumbelastungen spielen hier eine übergeordnete Rolle), sowie das Fehlen von Nährstoffen und „gesunden“ Symbionten. (Beachte, dass allein die Bakterien unserer physiologischen Darmflora ein Gewicht von 1,5 kg haben!)
Wenn ich also beispielsweise unter einer Infektion leide, arbeite ich aus naturheilkundlicher Sicht daran, ein Milieu zu schaffen, in dem sich pathogene Keime gar nicht wohlfühlen und vermehren können. Damit möchte ich natürlich nicht abstreiten, dass es in Einzelfällen sinnvoll und notwendig sein kann, ein Antibiotikum einzunehmen, sondern auch hier an die Selbstverantwortung eines jeden appellieren, statt als Opfer nach einem Sündenbock, der für unsere Befindlichkeit verantwortlich sein soll, zu suchen.
Auf den frischen Pflanzen sitzen in der Tat viele Mikroorganismen, die uns unterstützen und daran mitwirken, ein Milieu zu kreieren, welches unserer Gesundheit dienlich ist; wir brauchen sie sogar zum Leben! Rohkost aus diesem Grund abzulehnen, resultiert aus einer das Leben verneinenden Sichtweise und aus einer Angst, aus einer Illusion, von der Natur getrennt zu sein.
Ebenso wenig, wie es die einzig richtige Lehrmeinung bezüglich der Rohkost geben kann, gibt es eine Ernährungsform, die jede Krankheit bei jedem Menschen zu heilen vermag. Generell gilt auch hier: Jeder Mensch ist anders. Dies wird in der ayurvedischen Medizin und anderen ganzheitlichen, traditionellen Heilsystemen immer auch berücksichtigt. Zudem kann niemand, kein noch so guter Heiler, besser wissen, was für einen anderen Menschen das Beste ist.
Der größte Spezialist für dich und deine Gesundheitbist immer noch du selbst!
Über viele Generationen ist uns nun seitens der allopathischen Medizin eingetrichtert worden, dass wir keine Ahnung haben, weder von Krankheit noch von Gesundheit, geschweige denn von unserem eigenen Körper und dessen Bedürfnissen und dem für uns richtigen Heilmittel.
Doch am Ende des Antibiotikazeitalters, angesichts multiresistenter Keime und des aufgeblasenen Wirtschaftsapparates der Pharmaindustrie sind wir aufgerufen, die Verantwortung für uns und unsere Gesundheit wieder selbst in die Hand zu nehmen.
Jede Krankheit kann bei jedem Menschen ganz unterschiedliche Ursachen haben – meistens kommen viele verschiedene Faktoren zusammen. Und jeder Mensch ist absolut einzigartig. Ein und dasselbe Rezept kann bei einer Person bahnbrechende Heilungserfolge bringen und bei der nächsten Person absolut wirkungslos sein. So möchte ich auch an dieser Stelle wieder dazu einladen, innezuhalten und fühlen zu lernen:
Es gibt in der Phytotherapie vielfältige Zubereitungsformen.
Was brauchst du jetzt, um voll in deiner Kraft zu sein, um Krankheiten zu heilen und Gesundheit zu kultivieren? Natürlich kann es durchaus ein Ausdruck der Selbstverantwortung sein, sich professionelle Unterstützung bei der Klärung dieser Fragen zu holen.
Im Einklang mit den Jahreszeiten
In der Regel sind die grünen Smoothies leicht verdaulich und bekömmlich. Da sie aufgrund der starken Zerkleinerung der Pflanzen und des damit einhergehenden Aufbrechens ihrer Zellen quasi schon vorverdaut sind, hätte vielleicht selbst Hildegard von Bingen sie gar nicht als Rohkost bezeichnet.
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