Es bedeutet, uns an unsere ur-weibliche Kraft und Macht zu erinnern und diese lebendig und voller Grünkraft in die Welt zu tragen. Und so wussten die Alten auch noch darum, dass die Heilpflanzen, die ein Mensch braucht, meist in dessen Nähe wachsen. Mit feinen Sinnen lauschten sie tief in ihr Herz und vernahmen dort die Geschichten, die die Pflanzen ihnen zuraunten. Mit klarem Verstand integrierten sie dieses Wissen in ihr tägliches Leben. Die Heilkräfte der Pflanzen wurden nicht, wie oft behauptet, nach dem Zufallsprinzip entdeckt. In der Regel brauchen wir gar nicht weit zu gehen, um die Pflanzen, die uns jetzt guttun, zu finden. Lassen wir uns – wie unsere AhnInnen – wieder einladen und rufen von der grünen Welt. Sie hat uns so vieles zu erzählen!
Pflanzenbegegnung als phytotherapeutischer Wirkfaktor
Während die rationale Phytotherapie Heilpflanzen auf ihre Inhaltsstoffe reduziert, einzelne Wirkstoffe aus dem Gesamtverbund der Pflanze löst und im Labor untersucht, geht eine ganzheitliche Pflanzenheilkunde andere Wege. Die Pflanze selbst vermag uns sehr viel mehr zu lehren, als ein einzelner Laborbericht dies kann (wenngleich auch dieser natürlich seine Berechtigung hat und einen Teilbereich einer ganzheitlichen Herangehensweise darstellt, niemals aber die Pflanze als Ganzes erfasst).
So möchte ich dich in diesem Buch dazu einladen, hinauszugehen in die grüne Welt und in weiblich-intuitiver Fühligkeit dem Pflanzenwesen zu begegnen, dich einzulassen auf eine echte Kommunikation. Natürlich ist diese nicht allein den Frauen vorbehalten. Wenn ich von „männlichen Werten und Eigenschaften“ spreche, meine ich damit nicht „die Männer“. Sowohl Männer als auch Frauen verfügen über „männliche“ und „weibliche“ Anteile, linke und rechte Gehirnhälfte, Sympathikus und Parasympathikus. Es ist alles eine Frage des Gleichgewichtes.
Auch möchte ich nicht die rationale Phytotherapie per se schlecht machen, denn sie hat sehr viel Heilwissen zusammengetragen beziehungsweise erklärbar gemacht, welches uns ebenso von Nutzen ist wie die weiblich-intuitive Schau einer Pflanze. In der modernen Phytotherapie arbeiten wir zumeist mit alkoholischen Auszügen von Pflanzen (mit Tinkturen), mit Ölauszügen, getrockneten Pflanzen (Teedrogen, Pulver oder Presslingen), Destillaten oder auch seltener mit Frischpflanzensäften. Wenngleich es hervorragende, dynamisierte Ur-Tinkturen gibt, mit denen ich sehr gerne in meiner Praxis arbeite, die uns sowohl die Wirkstoffe einer Pflanze schenken als auch an deren Wesensqualitäten teilhaben lassen, so ist es doch etwas anderes, eine Pflanze frisch zu ernten.
„Superfoods“ als Ergänzung heimischer Wildpflanzen
Hinauszugehen, sich von einer Pflanze rufen zu lassen, sich mit dieser zu verbinden und sie zu ernten, kann bereits Teil eines therapeutischen Prozesses sein. Diese sogleich zu einem Smoothie zu verarbeiten und als Ganzes zu sich zu nehmen, birgt eine ganz andere Kraft und Lebendigkeit als dies jede noch so gute Tinktur, die ich fertig in der Apotheke gekauft habe, vermag.
Natürlich habe ich in meinem Smoothie keinen standardisierten Wirkstoffgehalt und nehme mitunter sehr viel geringere oder auch höhere Dosierungen zu mir, als dies in einer Fertigarznei der Fall wäre, doch nehme ich sehr viel unmittelbarer Fühlung mit der lebendigen Qualität einer Pflanze und derem Wesen auf. Aus diesem Grund greife ich in meinen Smoothie-Rezepturen so wenig wie möglich auf zusätzliche Ingredienzien zurück, die zugekauft werden müssen – von den Früchten einmal abgesehen, die nicht alle direkt vor unserer Haustür wachsen. Manchmal empfehle ich ein paar Zutaten, die zu Lebensmitteln zählen, die unter der Bezeichnung „Superfood“ (z.B. Moringa, Chia, Acai, Gojibeeren, Chlorella, usw.) derzeit einen reißenden Absatz finden, da sie in sehr geballter Konzentration viele Vitalstoffe enthalten. Deren Verwendung kann in unserem Zeitalter der degenerierten Nahrung und großen Mengen qualitativ minderwertiger, toxisch belasteter und hoch problematischer sogenannter Nahrungsmittel durchaus sinnvoll sein.
Doch auch die als Superfood bezeichneten Lebensmittel wurden in der Regel weiterverarbeitet, mindestens getrocknet und oft über weite Strecken um die halbe Welt transportiert. Mich empört immer wieder, wenn selbst biologisch angebaute Lebensmittel nicht „ganzheitlich ökologisch“ angebaut werden, da weite Transportwege das ökologische Gleichgewicht belasten, zudem in vielen Ländern die Bestrahlung mit Gamma-Strahlen praktiziert wird und die sozialen Bedingungen, unter denen die Lebensmittel angebaut werden, oft sehr zu wünschen übrig lassen – angefangen dabei, dass den Menschen vor Ort, die darauf angewiesen sind, ihre Lebensmittel selbst anzubauen, das Wasser abgegraben wird bis hin zum Landraub und zur Ausbeutung und regelrechten Versklavung regionaler Bauern.
Dass die Anbieter von „Superfood“-Produkten zumeist auf die Wahrung ethischer und ökologischer Richtlinien achten, versteht sich von selbst und soll an dieser Stelle nicht infrage gestellt werden. Doch „ökologischer“ als vor der eigenen Haustüre gepflückt und direkt verarbeitet, geht wohl kaum. Eine Pflanze, die länger gelagert, verarbeitet und transportiert wird, verliert viele ihrer wertvollen Inhaltsstoffe. Doch damit nicht genug: Noch mehr verliert sie an der oben beschriebenen Kraft, die die Alten „Prana“ nannten.
Deswegen schätze ich Smoothies, die – wenn möglich – überwiegend aus frisch gesammelten Pflanzen zubereitet werden. Dabei sollen meine Rezepte nicht als feste Vorgaben angesehen werden, die 1:1 nachzumachen sind, sondern wollen vielmehr dazu anstiften, spielerisch in Kontakt zu gehen mit der grünen Welt und eigene Rezepturen zu kreieren. „Spielerisch“ beschreibt in diesem Kontext ein unvoreingenommenes und absichtsloses Tun, in dem du vollkommen gegenwärtig und intuitiv sowie fein und offen in deiner Wahrnehmung bist.
Zum Umgang mit den Rezepten
Es müssen auch nicht immer alle der genannten Pflanzen in den Smoothie wandern, um eine entsprechende Wirkung zu erzielen. Du kannst zum Beispiel eine einzige Pflanze aus dem jeweiligen Rezept sammeln, dazu die Pflanzen, die dir gerade begegnen (und die du eindeutig bestimmen kannst). Wenn beispielsweise massig Goldrute vor meiner Türe wächst, doch nicht eine andere der genannten Pflanzen, dann spricht gar nichts dagegen, bei einer Blasenentzündung einen Smoothie zu bereiten, der lediglich Goldrute und eine Frucht meiner Wahl enthält. Ich bin immer wieder erstaunt, wie oft genau die Pflanzen zu einer aktuellen Indikation passen, die ich absichtslos gesammelt habe.
Erinnere dich an Kindertage, in denen du nicht spieltest,
sondern selbst zum Spiel wurdest und vollkommen eintauchtest
in den gegenwärtigen Moment.
Erinnere dich an das Kind, das du einst warst
und das auch jetzt noch lebendig ist in dir.
Ein paar Worte zum Sammeln der Pflanzen
Natürlich solltest du immer nur die Pflanzen sammeln, die dir bekannt sind. Die meisten unserer heimischen Pflanzen sind tatsächlich essbar, doch es gibt einige sehr giftige Pflanzen, deren Genuss fatale, ja sogar tödliche Folgen haben kann. Du solltest also niemals eine Pflanze sammeln, die du nicht hundertprozentig sicher bestimmen kannst! Am besten ist die Teilnahme an entsprechenden Seminaren oder Kräuterwanderungen, dazu findest du Adressen im Anhang.
Im so gesteckten Rahmen möchte ich dich einladen, dich rufen zu lassen von den Pflanzenwesen. Nicht stur nach Rezept zu sammeln, sondern tief zu fühlen, welche Pflanze nun wirklich in welcher Menge gut für dich ist. In spielerisch träumerischer, meditativer Gesinnung hinauszugehen, dir bewusst die Zeit zu nehmen, dich zu verbinden mit dem Pflanzenwesen – mitunter hat es eine wichtige Botschaft, die wesentlich zum Genesungsprozess beiträgt!
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