Verhängnisvolle Wechselwirkung
Schwinden die Abwehrkräfte der Mikrobiota, verliert auch das Abwehrsystem der übrigen Schleimhäute seine Schlagkraft. Ohne die warnenden Botenstoffe aus dem Darm bleibt das Immunsystem unvorbereitet, wenn Pilze wie Candida albicans oder Candida glabrata eindringen. Stimmt dagegen im Körper alles, helfen Zellen aus dem Lymphgewebe in der Darmwand, den Feind aufzuspüren und senden umgehend Botschaften in die Blutbahn. Die Schleimhäute von Bronchien, Blase und Scheide bilden daraufhin passende Antikörper und schlagen den Eindringling auf diese Weise schnell in die Flucht. Das Ganze geht jedoch schief, wenn die Mikrobiota gestört ist und keine Botenstoffe schicken kann. Dann haben Pilze freie Bahn, sich an der Darmwand festzuheften oder sogar durch den Darm ins Gewebe zu wandern. Auf Dauer schwächen sie den ganzen Körper und machen ihn auch für andere Krankheiten anfällig. Damit beginnt ein verhängnisvoller Kreislauf: Wird das Immunsystem der immer größeren Flut von Pilzen nicht mehr Herr, bekommen die Eindringlinge freie Bahn und schaden der Körperabwehr immer mehr.
Kämpfen kostet Kraft
Den Kampf gegen schädliche Mikroben bekommen wir manchmal zumindest indirekt zu spüren. Denn sobald der Feind übermächtig wird, greifen Abwehrzellen zu einer Notmaßnahme. Sie produzieren biochemische Signale, die uns müde machen. Im Schlaf hat das Immunsystem die besten Arbeitsbedingungen, mit der Mikroben-Invasion fertig zu werden und den bereits angerichteten Schaden wieder zu reparieren. So erklären Experten sich inzwischen auch die Tatsache, dass sich Menschen mit einer ausgeprägten Pilzinfektion selbst am hellichten Tag antriebslos und müde fühlen.
Ballaststoffe gegen Pilzerkrankungen
Vor etwa 100 Jahren sagten Ärzte den Faser- und Quellstoffen in unseren Nahrungsmitteln noch nach, sie seien schädlich. In dieser Zeit nahm man an, dass Unverdauliches den Darm durch zusätzliche Verdauungsarbeit schwächt. Selbst in den 60er-Jahren des letzten Jahrhunderts hielten Ernährungsfachleute die unverdaulichen Pflanzenstoffe noch als »Ballast« für weitgehend entbehrlich.
Diese Ansicht änderte sich erst, als englische Wissenschaftler einen offenkundigen Zusammenhang zwischen der »feinen« ballastarmen Wohlstandskost der späten Wirtschaftswunderzeit und dem Anstieg typischer Zivilisationskrankheiten erkannten. Jetzt begannen Fachleute, »Ballaststoffe« und ihre vielfältigen Wirkungen zu erforschen.
Zu viel Ballaststoffe machen Bauchschmerzen? Dann zum Einstieg erst mal feines Vollkornmehl verwenden, grobes Gemüse fein raspeln und Hülsenfrüchte pürieren. Außerdem: Viel trinken!
Heute zweifelt niemand mehr daran, dass diese pflanzlichen Bestandteile unserer Nahrung wichtige Aufgaben erfüllen und für die Mikrobiota (Darmflora) unverzichtbar sind. Nur wenn genügend Ballaststoffe in den Darm gelangen, können nützliche Bakterien wachsen und Pilze wirksam in Schach gehalten werden.
Ballaststoffreiche Zutaten stärken die Abwehrkräfte des Darms.
Pflanzliches für jeden Geschmack
Nur pflanzliche Lebensmittel enthalten die überaus nützlichen Ballaststoffe in Form von unverdaulichen Faser-, Quell- und Schleimstoffen. In Fleisch, Fisch, Eiern, Butter, Käse oder Wurst, aber auch in Pflanzenölen und Zucker sind die gesunden Substanzen nicht enthalten. Wer beim Kochen und Backen häufiger als sonst zu ballaststoffreichen Zutaten aus der folgenden Liste greift, stärkt die Abwehrkräfte des Darms.
Kopfsalat, Tomaten, Gurken und Zucchini liefern nur geringe Mengen Ballaststoffe. Höher liegt der Anteil bei allen Kohlsorten, bei Wurzeln wie etwa Möhren oder Pastinaken, bei Paprika und Fenchel. Egal, welche der ballaststoffreichen Lebensmittel Ihnen am besten schmecken, essen Sie zum Einstieg nur kleine Mengen davon. Zum Beispiel einfach ein, zwei Löffel Leinsamen oder eine kleine Menge Hülsenfrüchte unter gewohnte Gerichte mischen. So bekommen die Verdauungssäfte eine Chance, sich peu à peu an die neue Zusammensetzung der Mahlzeiten anzupassen. Nach einer Eingewöhnungszeit von einigen Tagen oder – je nach Empfindlichkeit – auch Wochen kann man die Mengen steigern, ohne dass der Bauch protestiert.
Hitliste der leckeren Sattmacher |
100 Gramm enthalten: |
Ballaststoffe: |
Leinsamen, gemahlen |
35 g |
Kakaopulver |
33 g |
Erdmandelflocken (Chufanuss) |
32 g |
Haferkleie |
30 g |
Dicke Bohnen, frisch, im Glas oder tiefgekühlt |
28 g |
Roggenkleie |
28 g |
Knäckebrot, ballaststoffreich |
24 g |
Rote Kidneybohnen, getrocknet |
21 g |
Weizenkeime |
18 g |
Grüne Erbsen, getrocknet |
18 g |
Sojakerne, getrocknet |
17 g |
Sojamehl |
17 g |
Weiße Bohnen, getrocknet |
17 g |
Roggenkörner |
14 g |
Hirse |
13 g |
Kichererbsen, getrocknet |
12 g |
Linsen, getrocknet |
11 g |
Erdnusskerne |
11 g |
Sesam |
11 g |
Dinkel, Grünkern |
9 g |
Gemüse, frisch oder tiefgekühlt, je nach Sorte ca. |
1–6 g |
Ballast für Bestform
Unverdauliche Pflanzenfasern leisten nützliche Arbeit für uns. Sie stammen aus Vollkorngetreide, Gemüse oder Hülsenfrüchten und vergrößern die Menge des Nahrungsbreis im Darm. Dabei nehmen sie Flüssigkeit auf und quellen. Dieser Effekt vergrößert die Menge, der Speisebrei reist dann schneller durch den Dickdarm. Erfreuliche Folge: Giftstoffe, Candida-Hefen und andere schädliche Mikroben werden beschleunigt hinausbefördert und können sich schwer einnisten. Wer genügend Ballaststoffe mit der Nahrung aufnimmt, leidet selten unter Verstopfung, weil die unverdaulichen Nahrungsbestandteile den Stuhl voluminös und locker machen. Auch auf Fettstoffwechsel und Cholesterinspiegel haben Ballaststoffe eine günstige Wirkung. Manche binden zum Beispiel Gallensäuren, die für die Fettverdauung zuständig sind. Der Körper muss dann für Nachschub aus seinen Cholesterinvorräten sorgen und senkt so auf natürliche Weise den Cholesteringehalt im Blut.
Die Menge macht’s
Wegen der vielfältigen Aufgaben, die Ballaststoffe erfüllen, gelten sie bei Fachleuten zu Recht als gutes Mittel gegen vielerlei Zivilisationskrankheiten. Ihre Wirkung zeigt sich jedoch erst, wenn man reichlich isst. Statistisch gesehen, gönnen wir uns nur 20 Gramm pro Tag; mindestens 10 Gramm mehr fordern die Darmexperten, die aus vielen Studien wissen, wie sich etwas mehr »Grobkost« auswirkt.
Kein Zufall, meinen Experten, dass die Zahl und der Schweregrad der sogenannten Zivilisationskrankheiten stetig ansteigt, seit üppige Fleischmahlzeiten und Fertiggerichte auf dem Vormarsch sind, darmfreundliche Kost wie Vollkornbrot, Getreide und Hülsenfrüchte aber immer mehr ins Hintertreffen gerät.
Flüssigkeit unterstützt
Damit Ballaststoffe im Verdauungstrakt optimal wirken können, brauchen sie reichlich Flüssigkeit. Erst wenn wir ausreichend viel trinken, tun Pflanzenfasern das, was sie so wirkungsvoll macht: Sie quellen auf. Wer dagegen zu einem ballaststoffreichen Essen wenig trinkt, macht seinem Darm die Arbeit schwer. Also immer ein paar Schlucke nehmen, wenn der Durst kommt. Am besten gewöhnt man sich zusätzlich an, zu jeder Mahlzeit ein großes Glas Wasser zu trinken. Das hilft beim Sattwerden und erleichtert dem Darm die Arbeit.
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