Geldgeschenke an Mitglieder (oder Gesellschafter) sind aber grundsätzlich unzulässig. 324
Gemeinnützigkeitsrechtlich problematisch sind auch sog. verdeckte Gewinnausschüttungen 325 einer gemeinnützigen GmbH an ihre (nicht steuerbegünstigten) Gesellschafter. Dies hat der Bundesfinanzhof mit Beschluss vom 12.12.2010 326 ausdrücklich bestätigt.
Diese Konsequenz ist unmittelbar einleuchtend z. B. bei überhöhten Vergütungen, die eine gemeinnützige GmbH ihrem (nicht selbst steuerbegünstigten) Gesellschafter z. B. für die Überlassung von Wirtschaftsgütern zahlt, beispielsweise im Rahmen von Immobilienmietverträgen 327 , ferner bei unverhältnismäßig hohen Aufwandsentschädigungen oder Sitzungsgeldern, unangemessenen Reisekosten z. B. an Vorstands-, Aufsichtsrats- oder Beiratsmitglieder bzw. Gesellschafter sowie Einnahmenverzichte z. B. in der Form gewährter Preisvorteile. 328
Bei sog. (kommunalen) Eigengesellschaften (in der Rechtsform der GmbH) ist bei vertraglichen Leistungsbeziehungen zur kommunalen Trägerkörperschaft zu beachten, dass eine begünstigungsschädliche Gewinnausschüttung i. S. d. § 55 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 AO anzunehmen ist, wenn die Eigengesellschaft für die von ihr zu erbringenden Leistungen ein Entgelt erhält, das einem Fremdvergleich (in Gestalt des Kostenausgleichs zzgl. eines marktüblichen Gewinnaufschlags) nicht standhält. 329
Eine solche verdeckte Gewinnausschüttung kann aber auch möglicherweise (schon dann) vorliegen, wenn die formalen Anforderungen, die für beherrschende Gesellschafter gelten, bei der gemeinnützigen GmbH nicht eingehalten werden 330 , beispielsweise keine ordnungsgemäß vereinbarten Leistungsbeziehungen oder nicht vereinbarungsgemäß durchgeführte Leistungsbeziehungen zwischen gGmbH und ihrem Gesellschafter vorliegen. 331 Dabei ist die Frage der Angemessenheit für die Beurteilung als verdeckte Gewinnausschüttung irrelevant. 332
In jedem Fall ist der Abschluss von schriftlichen (klaren und eindeutigen) Verträgen vor der Aufnahme von Leistungsbeziehungen zwischen Gesellschaft und (beherrschendem) Gesellschafter dringend zu empfehlen. 333
Auch die Übernahme der Gründungskosten bei der Errichtung einer steuerbegünstigten GmbH durch die zu gründende Gesellschaft (gGmbH) wäre, wenn der Gesellschaftsvertrag dies nicht ausdrücklich dem Grunde und der Höhe nach zulässt 334 , eine gemeinnützigkeitsschädliche verdeckte Gewinnausschüttung. 335 Die in der Satzung vorgesehene Übernahme der Gründungskosten mit angemessener betragsmäßiger Begrenzung ist demgegenüber gemeinnützigkeitsrechtlich unproblematisch. 336
Verdeckte Gewinnausschüttungen sind im Übrigen nicht auf Kapitalgesellschaften beschränkt; sie sind auch bei Vereinen möglich, obwohl Vereinsmitglieder – anders als Gesellschafter von Kapitalgesellschaften – am Vermögen des Vereins nicht beteiligt sind. 337
Bei Vereinen sind als verdeckte Gewinnausschüttungen die Minderungen oder verhinderten Mehrungen des Vereinsvermögens anzusehen, die sich auf das Einkommen des Vereins auswirken und durch das Mitgliedschaftsverhältnis veranlasst sind. Eine solche Veranlassung durch das Mitgliedschaftsverhältnis ist anzunehmen, wenn der Verein einem Mitglied einen Vermögensvorteil zuwendet, den ein ordentlicher und gewissenhafter Vereinsvorstand einem Nichtmitglied nicht gewährt hätte.
Als solche verdeckte Gewinnausschüttungen, die gegen das Gebot der Selbstlosigkeit i. S. d. § 55 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 AO verstoßen können, sind auch Entlohnungen ehrenamtlich 338 tätiger Organe (z. B. in der Form sog. – pauschaler – Aufwandsentschädigungen ) anzusehen, jedenfalls dann, wenn nach der Satzung eine ehrenamtliche Tätigkeit (im Sinne von unentgeltlicher Tätigkeit) – ausdrücklich – vorgesehen ist. 339 Dabei ist die Angemessenheit oder Unangemessenheit der Vergütung unerheblich.
Gemäß § 27 Abs. 3 BGB sind die Mitglieder des Vorstands eines Vereins grundsätzlich unentgeltlich tätig, jedenfalls seit dem 01.01.2015. 340 Deshalb muss die Satzung des Vereins (vereinsrechtlich) die Entgeltlichkeit der ehrenamtlichen Betätigung ausdrücklich zulassen, was möglich ist. 341 Ohne eine solche Satzungsregelung ist die Gemeinnützigkeit gefährdet, weil ein Verstoß gegen das Gebot der Selbstlosigkeit (§ 55 Abs. 1 Nr. 3 AO) anzunehmen ist. 342
Das Vergütungsverbot des § 27 Abs. 3 BGB betrifft allerdings nicht den Ersatz von Aufwendungen, also freiwilligen Vermögensopfern im Interesse des Vereins, die der Vereinsvorstand in Ausübung seines Amtes erbracht hat. Derartige Aufwendungen erhält der Vereinsvorstand auch ohne entsprechende Satzungsgrundlage erstattet.
Diese Konsequenz ergibt sich auch bei Stiftungen. 343
Bei einer steuerbegünstigten GmbH werden die für Vereine und Stiftungen beschriebenen Konsequenzen von den Finanzbehörden aber generell nicht gezogen.
Die Entlohnung ist (im Rahmen der Angemessenheit) 344 zulässig – löst also keine Beurteilung als (die Gemeinnützigkeit gefährdende) verdeckte Gewinnausschüttung aus – wenn die Satzung vorsieht, dass die Mitgliederversammlung eine (angemessene) Entlohnung beschließen kann und dort eine solche Entlohnung auch tatsächlich beschlossen wird. 345
Ein Beschluss der Mitgliederversammlung über die angemessene Entlohnung dürfte aber wiederum dann nicht ausreichen, eine (die Gemeinnützigkeit gefährdende) verdeckte Gewinnausschüttung zu verhindern, wenn die Satzung die Entlohnung ausdrücklich ausschließt.
3 Gebot der Selbstlosigkeit: Gebot der Verwendung aller Mittel für steuerbegünstigte Zwecke
Das Gebot der Selbstlosigkeit schreibt vor, dass sämtliche Mittel einer steuerbegünstigten Körperschaft nur für die satzungsmäßigen Zwecke verwendet werden dürfen (§ 55 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 AO).
Dieses Erfordernis umfasst auch Gewinne aus Zweckbetrieben und aus steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieben sowie Überschüsse aus der Vermögensverwaltung. 346 Denn »Mittel« in diesem Sinne sind sämtliche Vermögenswerte der Körperschaft, nicht etwa nur die ihr zufließenden Spenden, Beiträge und Erträge ihres Vermögens. 347
Die (erstmalige) Ausstattung eines steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetriebes mit Mitteln im Sinne von § 55 AO gefährdet deshalb den Status der Gemeinnützigkeit, jedenfalls wenn dabei Mittel verwendet werden, die der Verpflichtung zur zeitnahen satzungsmäßigen Verwendung unterliegen. 348
Sofern die steuerbegünstigte Körperschaft über Mittel (Vermögenswerte) verfügt, die nicht der Verpflichtung zur zeitnahen Mittelverwendung unterliegen – zu denken ist insbesondere an die in sog. » freien Rücklagen« gemäß § 62 Abs. 1 Nr. 3 AO eingestellten Mittel 349 – können diese (zeitlich unbefristet) im »eigenen« Betrieb – nämlich im steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb – »geparkt« werden. Die Körperschaft gewährt dem »eigenen« Betrieb hierdurch quasi ein »Darlehen«. Eine gesonderte (marktübliche) Verzinsung ist nicht erforderlich, da der gesamte Gewinn des steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs – und damit der ersparte Finanzierungsaufwand für eine ansonsten notwendige Fremdfinanzierung – ohnehin für die steuerbegünstigten Zwecke gebunden ist. 350
Die vorstehenden Grundsätze zur satzungsgemäßen Mittelverwendung sind grundsätzlich auch beim Einsatz von Mitteln zur Gründung von Tochtergesellschaften zu beachten.
Die Verwendung von Mitteln zur Finanzierung einer Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft ist – jedenfalls nach Auffassung der Finanzverwaltung 351 – keine satzungsmäßige Mittelverwendung, und zwar auch dann nicht, wenn die Tochterkapitalgesellschaft ihrerseits wiederum den Status als steuerbegünstigte Körperschaft innehat. 352
Die Finanzverwaltung vertritt unter Bezugnahme auf das Ergebnis einer Erörterung der obersten Finanzbehörden des Bundes und der Länder ganz generell die Auffassung, dass der Erwerb der Anteile an einer Kapitalgesellschaft unter Einsatz zeitnah zu verwendender Mittel gegen das Gebot der Selbstlosigkeit verstößt, die Mittel nur für satzungsmäßige Zwecke zu verwenden. 353 Dadurch soll es für eine steuerbegünstigte Körperschaft unzulässig sein, zeitnah zu verwendende Mittel zur Ausstattung einer neu zu gründenden gGmbH bzw. zur Anschaffung von Anteilen an einer gGmbH einzusetzen. Auch die Vorschrift des § 58 Nr. 1 AO soll – jedenfalls nach der bis 2019 geltenden Rechtslage – die Anschaffung von Anteilen an einer gGmbH nicht zulassen. 354
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