Wenn z. B. ein wegen der Förderung der öffentlichen Gesundheitspflege als gemeinnützig anerkannter Verein, der mehrere Krankenhäuser (i. S. d. § 67 AO) betreibt, den Betrieb und das Vermögen eines seiner Krankenhäuser auf eine von ihm gegründete, ebenfalls gemeinnützige Krankenhaus-GmbH – gegen Übertragung von Anteilen – überträgt, könnte dies nach Auffassung der Finanzverwaltung gemeinnützigkeitsrechtlich bedenklich sein, weil insoweit eine gemeinnützigkeitsrechtliche Umwidmung von Mitteln erfolgt; denn die zum Krankenhausbetrieb zählenden Vermögensgegenstände, die ursprünglich – zulässigerweise – mit zeitnah zu verwendenden Mitteln angeschafft und in der Vergangenheit für steuerbegünstigte Zwecke eingesetzt wurden, können wegen der Übertragung des Krankenhausbetriebs auf die Tochter-GmbH auf Ebene des Vereins zukünftig nicht mehr für steuerbegünstigte Zwecke verwendet / eingesetzt werden. Die Finanzverwaltung sieht hierin einen Verstoß gegen das Gebot der zeitnahen Mittelverwendung. 355
Zwar erklärt § 58 Nr. 1 AO 356 die Mittelweitergabe an andere steuerbegünstigte Körperschaften zur Verwendung für steuerbegünstigte Zwecke ausweislich der Gesetzesüberschrift für »steuerlich unschädlich«; der Grundsatz der zeitnahen Mittelverwendung ist aber auch bei § 58 Nr. 1 AO zu beachten. 357
Sofern also bei einer solchen Gründung einer steuerbegünstigten Tochtergesellschaft Mittel zur Vermögensausstattung zugeführt werden, müssen insoweit nicht zeitnah zu verwendende Mittel, insbesondere freie Rücklagen i. S. d. § 62 Abs. 1 Nr. 3 AO, eingesetzt werden. 358 Der Einsatz von zeitnah zu verwendenden Mitteln ist nur ausnahmsweise erlaubt, wenn die Empfängerkörperschaft die empfangenen Mittel ihrerseits wieder zeitnah für steuerbegünstigte Zwecke verwendet, z. B. zur Finanzierung von nutzungsgebundenem Vermögen. 359 Das Stammkapital der auszustattenden steuerbegünstigten Körperschaft kann daher auch durch Ausgliederung eines Zweckbetriebes finanziert werden, wenn dieser unmittelbar für die steuerbegünstigten Zwecke der auszustattenden Körperschaft eingesetzt wird. 360
Der Gesetzgeber hat auf diese – für die Praxis häufig problematische – Rechtsentwicklung durch eine Ergänzung des § 58 AO (»Steuerlich unschädliche Betätigungen«) reagiert.
Gemäß § 58 Nr. 3 AO wird die Steuervergünstigung nicht dadurch ausgeschlossen, dass eine Körperschaft ihre Überschüsse der Einnahmen über die Ausgaben aus der Vermögensverwaltung, ihre Gewinne aus den wirtschaftlichen Geschäftsbetrieben ganz oder teilweise und darüber hinaus höchstens 15 Prozent ihrer sonstigen nach § 55 Abs. 1 Nr. 5 AO zeitnah zu verwendenden Mittel einer anderen steuerbegünstigten Körperschaft oder einer juristischen Person des öffentlichen Rechts zur Vermögensausstattung zuwendet. Die aus den Vermögenserträgen zu verwirklichenden steuerbegünstigten Zwecke müssen allerdings den steuerbegünstigten satzungsmäßigen Zwecken der zuwendenden Körperschaft entsprechen. Außerdem dürfen die nach dieser Nummer zugewandten Mittel und deren Erträge nicht für weitere Mittelweitergaben i. S. d. ersten Satzes verwendet werden; dadurch sollen sog. »Vermögensausstattungskaskaden« unmöglich sein. 361
Die Regelung des § 58 Nr. 3 AO (n. F.) betrifft nur die Ausstattung einer anderen Körperschaft mit Vermögen, also nur die Hingabe von Kapital bei Gründung neuer Körperschaften bzw. im Rahmen einer Kapitalerhöhung bzw. Zustiftung, nicht aber den Erwerb von Anteilen an einer bereits bestehenden Körperschaft. 362
Nach Nr. 3 des AEAO zu § 58 AO 363 sind die Verhältnisse des vorangegangenen Kalender- oder Wirtschaftsjahrs für die Ermittlung der in § 58 Nr. 3 AO genannten Grenzen maßgeblich. Die zugewandten Mittel und Erträge unterliegen bei der Empfängerkörperschaft der steuerbegünstigten Mittelverwendungspflicht. Erfolgt eine Verwendung für andere Zwecke, soll eine Mittelfehlverwendung bei der Empfängerkörperschaft vorliegen.
Nach Auffassung der Finanzbehörden rechtfertigt eine beabsichtigte Vermögensausstattung nach § 58 Nr. 3 AO z. B. bei einer neu gegründeten Tochterkapitalgesellschaft keine Rücklagenbildung gemäß § 62 Abs. 1 Nr. 1 AO (in der Form einer sog. »Projektrücklage«). 364 Dies ist im Schrifttum allerdings umstritten, weil sich eine strikte Pflicht zu »zeitnahen« Endowments aus dem Ziel des § 58 Nr. 3 AO, nämlich der Verbesserung der nachhaltigen Kapitalausstattung anderer steuerbegünstigter Körperschaften, nicht ableiten lässt. 365
Bei den gemeinnützigkeitsrechtlichen Überlegungen im Zusammenhang mit der Gründung von (steuerpflichtigen) Tochtergesellschaften ist zusätzlich zu bedenken, dass die Beteiligung an der nicht steuerbegünstigten (gewerblich tätigen) Tochter-GmbH beim Krankenhausträger sog. (bloße) Vermögensverwaltung sein kann oder ein steuerpflichtiger wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb. 366 Dies gilt sowohl in den Fällen, in denen (im Wege einer Vermögensumschichtung) bisher selbst betriebene steuerpflichtige wirtschaftliche Geschäftsbetriebe in eine nicht steuerbegünstigte Tochtergesellschaft ausgegliedert werden 367 , als auch in den Fällen, in denen Servicebereiche aus einem Zweckbetrieb in eine nicht steuerbegünstigte Tochtergesellschaft überführt werden. 368
In beiden Fällen kann aber – auch nach Auffassung der Finanzbehörden – eine Verwendung von nicht zeitnah zu verwendenden Mitteln, z. B. von in einer freien Rücklage gemäß § 62 Abs. 1 Nr. 3 AO 369 eingestellten Mitteln, zur Vermögensausstattung, also insbesondere zur Finanzierung der Kapitalausstattung, verwendet werden. 370
Sind keine nicht zeitnah zu verwendenden Mittel (in ausreichender Höhe) verfügbar, ist der Status der Gemeinnützigkeit allerdings gefährdet. Ggf. ist ein Verzicht auf den Einsatz eigener Mittel zu erwägen; die Annuitäten auf ggf. eingesetzte Fremdmittel, z. B. Bankdarlehen, müssen aber künftig durch ausreichend verfügbare (neue) freie Rücklagen finanzierbar sein.
Unbedenklich bleibt im Übrigen in Zweifelsfällen die Gestaltungsmöglichkeit, dass ein fremder Dritter dem Krankenhausträger die Beteiligung schenkweise mit der Auflage der Zuführung in das Vermögen übereignet. In diesem Falle hat der Krankenhausträger keine eigenen Mittel für die kapitalmäßige Beteiligung an der GmbH verwendet. Der Zuwendende kann den zugewendeten Betrag als Zuwendung (Spende) einkommensmindernd geltend machen. 371
Zur gemeinnützigkeitsrechtlichen Beurteilung der Überlassung von einem Zweckbetrieb gewidmeten Räumlichkeiten einschließlich Inventar an eine von der gemeinnützigen Körperschaft beherrschte Dienstleistungs-GmbH haben sich verschiedene Finanzbehörden geäußert, z. B. das Bayerische Landesamt für Steuern am 02.11.2010 372 und vorher bereits die OFD Frankfurt am 08.12.2004. 373
Diese Verfügungen geben wohl nach wie vor die insoweit derzeit maßgebende Rechtsauffassung der Finanzverwaltung zu diesem Themenbereich wieder.
Zu der Frage, ob es schädlich für die Gemeinnützigkeit einer steuerbegünstigten Körperschaft (z. B. einer Krankenhaus-GmbH) ist, wenn sie nicht begünstigte Leistungen (z. B. Reinigungsdienst, Küche, technischer Dienst, Nähstube, Bettenzentrale, Hol- und Bringedienst) im Rahmen einer Betriebsaufspaltung in eine steuerpflichtige Dienstleistungs-GmbH ausgliedert und dieser entgeltlich Personal und bisher einem Zweckbetrieb gewidmete Räume einschließlich des Inventars zur Verfügung stellt, ist hiernach folgende Auffassung zu vertreten:
• Die entgeltliche Überlassung der Räume einschließlich Inventar an die Dienstleistungs-GmbH stellt keine für die Gemeinnützigkeit schädliche Verwendung von Mitteln dar.
• Das Entgelt (die Miete) muss allerdings angemessen 374 sein (marktüblicher Preis). 375
• Die Vermietung von Wirtschaftsgütern (i. S. d. § 21 EStG) ist zwar grundsätzlich eine vermögensverwaltende Tätigkeit.
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