Abbildung 1: Das Job-Demands-Resources-Modell (nach Bakker und Demerouti, 2007, S. 313)
Das Modell (Abbildung 1) geht von zwei Prozessen aus: Ressourcen in der Arbeit sind Auslöser eines motivationalen Prozesses und arbeitsbezogene Belastungen lösen einen gesundheitsbeeinträchtigenden Prozess aus.
3.1 Ressourcen und der motivationale Prozess
Arbeitsressourcen sind «all jene physischen, psychischen, sozialen, oder organisatorischen Aspekte der Arbeitstätigkeit, welche entweder/oder
funktional sind für das Erreichen von Arbeitszielen
die Belastungen und deren physische und psychische Kosten reduzieren
persönliches Wachstum, Lernen und Entwicklung stimulieren» (Bakker & Demerouti, 2007, S. 312, eigene Übersetzung).
Ressourcen haben also einerseits ein Motivationspotenzial, andererseits sind sie notwendig für den erfolgreichen Umgang mit Belastungen. Gemäss dem motivationalen Prozess führt das Vorhandensein von Ressourcen bei der Arbeitstätigkeit zu hohem Arbeitsengagement. Arbeitsengagement wird beschrieben als ein positiver affektiv-motivationaler arbeitsbezogener Zustand, der das Erleben von Vitalität, Hingabe und Absorbiertheit beinhaltet (Bakker & Leiter, 2011). Engagierte Arbeitende erleben eine hohe Aktiviertheit und sind stark in ihre Aufgaben involviert. Sie sind oft stark in ihre Arbeit vertieft und konzentriert, sodass die Zeit schnell vorbeigeht (Schaufeli, Salanova, Gonzalez-Roma & Bakker, 2002). Arbeitsengagement ist verbunden mit positiven Ergebnissen sowohl für die Mitarbeitenden als auch für die Organisation, zum Beispiel mit der Arbeitsleistung (Bakker & Bal, 2010), der emotionalen Bindung an die Organisation (Hakanen, Bakker & Schaufeli, 2006) oder mit der Gesundheit der Mitarbeitenden (Bakker, Demerouti & Sanz-Vergel, 2014).
3.2 Belastungen und der gesundheitsbeeinträchtigende Prozess
Belastungen sind nach dem Job-Demands-Resources-Modell «all jene physischen, psychischen, sozialen oder organisatorischen Aspekte der Arbeitstätigkeit, die anhaltende, längerfristige physische und oder psychische (kognitive oder emotionale) Anstrengungen oder Fertigkeiten erfordern und dadurch mit gewissen physiologischen und/oder psychischen Kosten verbunden sind» (Bakker & Demerouti, 2007, S. 312, eigene Übersetzung). Belastungen sind nach dem Modell nicht zwangsläufig negativ. Wenn jedoch der Umgang mit den Belastungen grosse Anstrengung erfordert, von welcher sich die Person nicht genügend erholen kann, dann wirken die Belastungen als Stressoren (Bakker & Demerouti, 2014). Mit Belastungen gehen Personen unterschiedlich um. Dies hat mit individuellen Merkmalen wie dem Gesundheitszustand oder vorhandenen Kompetenzen zu tun (Semmer & Udris, 2004). Dementsprechend werden Belastungen in der neueren Literatur teilweise eingeteilt in herausfordernde und hinderliche Belastungen. Herausfordernde Belastungen bezeichnen Belastungen oder Anforderungen, die als Herausforderungen wirken können und deren erfolgreiche Bewältigung motivierend ist und als Lerngelegenheit wahrgenommen wird. Ein Beispiel dafür wäre die erfolgreiche Bewältigung einer Arbeit unter Zeitdruck. Im Gegensatz dazu werden hinderliche Belastungen als für die Zielerreichung hinderlich wahrgenommen. Dazu gehören beispielsweise Rollenkonflikte oder unklare Aufgaben (Crawford, Lepine & Rich, 2010).
Wenn Personen bei der Arbeit über einen längeren Zeitraum Belastungen ausgesetzt sind, dann müssen sie, um die normale Leistung aufrechtzuerhalten, zusätzliche Anstrengungen erbringen. Diese Zusatzanstrengungen sind mit physischen und mentalen Kosten verbunden. Dazu gehören beispielsweise Müdigkeit oder Irritation (Beanspruchungsreaktionen, vgl. Rudow, 2017). Längerfristig führt die Aufrechterhaltung dieser zusätzlichen Anstrengung zu einem Energieabbau und zu emotionaler Erschöpfung (Bakker & Demerouti, 2007). Emotionale Erschöpfung ist – zusammen mit Depersonalisierung, Zynismus und reduzierter Leistungsfähigkeit – ein Element von Burnout (Demerouti & Bakker, 2008). Es gibt unterschiedliche Definitionen von Burnout, oft wird es als ein Syndrom mit diesen drei Dimensionen beschrieben (Schaper, 2014b). Einigkeit herrscht in der Literatur dahingehend, dass die energetische Dimension, also die emotionale Erschöpfung, den Kern des Burnouts ausmacht (Blöchliger & Bauer, 2018). Die Forschung zeigt, dass Burnout mit verschiedenen negativen gesundheitlichen Konsequenzen sowie mit verminderter Arbeitsleistung und erhöhten Abwesenheitsraten verbunden ist (Bakker et al., 2014).
3.3 Zusammenwirken von Ressourcen und Belastungen
Für die Entwicklung von Stress und Motivation ist die Wechselwirkung von Ressourcen und Belastungen wichtig. Ressourcen können den Einfluss von Belastungen auf das Stresserleben und auf Beanspruchungsfolgen wie Burnout vermindern, da sie die Wahrnehmung von und den Umgang mit den Belastungen beeinflussen (Schaper, 2014b). Weiter haben Ressourcen besonders dann einen starken Einfluss auf die Motivation, wenn die Belastungen hoch sind. Ressourcen sind also insbesondere dann bedeutsam, wenn die Bedingungen herausfordernd sind (Demerouti & Bakker, 2011). Neuere Studien haben das Modell erweitert und zusätzlich auch die Ressourcen der Person einbezogen, wie beispielsweise Optimismus oder Selbstwirksamkeitserwartungen. Diese personalen Ressourcen können einen direkten oder indirekten Einfluss auf die Gesundheit oder das Wohlbefinden haben. Indirekt wirken sie, indem sie die Wahrnehmung der Arbeitsmerkmale beeinflussen oder die Wirkung von Belastungen auf das Beanspruchungserleben abschwächen (Schaufeli & Taris, 2014).
3.4 Arbeit und Gesundheit in der schulergänzenden Bildung und Betreuung
In den folgenden Abschnitten übertragen wir den anhand des Job-Demands-Resources-Modells dargestellten Prozess des Zusammenwirkens von Ressourcen und Belastungen auf die Situation von Leitungspersonen und Mitarbeitenden in der SEBB.
Dabei beziehen wir auch Merkmale der Person und Merkmale der Einrichtung mit ein, da die Belastungen und Ressourcen als Aspekte der Arbeitstätigkeit sowohl durch Merkmale der Mitarbeitenden als auch durch Merkmale der Organisation beeinflusst werden (Blöchliger & Bauer, 2014). Dieses erweiterte JD-R-Modell wurde bereits in Studien im Bereich der frühkindlichen Betreuung eingesetzt (Blöchliger, 2017; Viernickel, Voss, Mauz, Gerstenberg & Schumann, 2013) und dient in unserem Forschungsprojekt als Rahmenmodell (Abbildung 2). Die Merkmale der Person und die Merkmale der Organisation sind gegeben. Zu den Merkmalen der Person gehören beispielsweise die Qualifikation oder das Alter, zu den Merkmalen der Organisation gehören die Raumausstattung oder das Vorhandensein eines pädagogischen Konzeptes.
Abbildung 2: Rahmenmodell (adaptiert nach Bakker und Demerouti, 2007, Bauer und Jenny, 2012, und Blöchliger, 2017)
3.5 Woraus besteht die Arbeit der Mitarbeitenden in der SEBB?
Die Arbeit besteht hauptsächlich aus der unmittelbaren pädagogischen Arbeit, also der direkten Arbeit mit den Kindern, und der mittelbaren pädagogischen Arbeit. Die mittelbare pädagogische Arbeit «bezeichnet diejenigen Tätigkeiten einer Betreuungsperson, die nicht die direkte Arbeit mit dem Kind betreffen, aber in mittelbarem Zusammenhang damit stehen. Dazu gehören beispielsweise Sitzungen, Anleitungsaufgaben, Elterngespräche, Dokumentationen, Qualitätsmanagement oder Weiterbildungen» (Kibesuisse, 2017, S. 15).
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