Sie liebte es, an der Esplanade und im Botanischen Garten spazieren zu gehen. An sicheren Strandabschnitten zog sie die Schuhe aus und ließ ihre Zehen in den weichen Sand sinken. Im Schatten ausladender Pandanabäume setzte sie sich zum Ausruhen in den warmen Sand, während die Kinder herumalberten und Sandburgen bauten. Nach und nach bekam sie einen Blick für die Schönheit der Gegend. Sie konnte sich kaum sattsehen an den leuchtenden Farben. Insbesondere hatte es ihr das leuchtende Türkis des Meeres angetan, das ihre Seele nährte und nach und nach die Sehnsucht nach der alten Heimat verblassen ließ.
Am liebsten flanierte Trude auf der langen Pier auf und ab. Ihr gefiel die solide Holzkonstruktion, die die stolzen Schiffe, die im Hafen vor Anker lagen, vor der offenen See schützte. Wenige Gehminuten entfernt lag Petrowitschs Werft. Der Höhepunkt des Ausflugs bestand jeweils darin, zu fünft Valentins Büro zu stürmen. Trude und die Kinder fanden ihn über seine Pläne gebeugt. Die Jungs stürzten sich mit Gebrüll auf ihn und rissen ihn aus der Konzentration.
Es wurde zu einem lieb gewordenen Brauch: Im ersten Moment setzte er eine verärgerte Miene auf, nahm einen Sohn in die Zange und hob zum Schein den Arm, um ihm den Hintern zu versohlen. Die andern kamen dem Bruder zu Hilfe, zwangen den Vater zu dritt zu Boden. Dieser bettelte um Gnade und bestach die Bande mit Süßigkeiten, die er zufälligerweise immer im Hosensack hatte. Trude verabschiedete sich bei Valentin mit einem Kuss, er kniff ihr als Antwort in den Hintern. Valentin blickte seiner Familie stolz nach, wie sie aus seinem Büro entschwand, und genoss es, wenn wieder Ruhe einkehrte.
Trudes seelisches Ankommen belebte auch die Eheleute wieder. Valentin und Trude fanden nach der Zerreißprobe wieder zueinander. Rückblickend erkannten sie, dass die Schwierigkeit darin lag, dass ihre Kräfte in verschiedene Richtungen zogen. Valentin wollte nach vorn und Trude zurück. In dieser Spannung hatten sie sich streckenweise verloren. Mit Trudes „Ja“ zu Australien hatten sie wieder dasselbe Ziel, nämlich, in diesem Land Fuß zu fassen. Wie jede andere überstandene Krise vorher, festigte auch diese das Fundament ihrer Ehe noch mehr.
Nach zehn Jahren Ehe fielen sie nicht mehr übereinander her. Nach vier Schwangerschaften und unendlich vielen ruhelosen Nächten ist erholsamer Schlaf längst kostbarer als Liebesleben. In diesem Einverständnis legten sie sich zueinander ins Bett, hielten sich die Hand und ließen den Tag zur Ruhe kommen. Mit einem Kuss wünschten sie sich eine gute Nacht. Es war kein außergewöhnlicher Tag, es war nichts vorgefallen, das sich besonders eingeprägt hatte. Trude konnte nicht einmal mehr sagen, wann es genau war. Sie trug ihr hellblaues Trägerhemdchen. Valentin zog es vor, am Oberkörper nackt und in kurzen Shorts zu schlafen. Das Bild von diesem einen Abend, wie Valentin und sie nebeneinander im Bett lagen in Vertrautheit und Zärtlichkeit, was im simplen Händchenhalten zum Ausdruck kam, brannte sich fest in ihre Erinnerung. In dieser simplen Geste lag ihr Glück, in Valentin einen treuen Gefährten und Freund zu haben. Seit ihrer Hochzeit hatte er ihre Hand nie losgelassen und war an ihrer Seite geblieben. Dies erfüllte sie mit unendlicher Dankbarkeit.
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