»Ich hätte zu Barth's zurückkommen können…«
»Nein, hättest du nicht. Du hättest nicht zurückkommen dürfen. Dein Talent war immer zu groß für uns und als du Barth's verlassen hast, wollte ich, dass du Aufträge von einer der größeren Londoner Firmen bekommst. Wir sind hier in Norfolk, mein Sohn. Wir sind Farmer und Fischer, keine schnieken Geschäftsmänner. Jedenfalls nicht die Leute aus meiner Generation. Wie viele in meinem Alter habe ich diese Firma gegründet, um damit einfach meinen Lebensunterhalt zu verdienen.« Er hatte Matt stirnrunzelnd über den Tisch hinweg angesehen und dann bewusst nach der Teekanne gegriffen, um sich eine weitere Tasse einzuschenken. »Ich hätte nie gedacht, dass du dich auch hier draußen verkriechen würdest, das ist alles. Ich schätze, es ist Zeit, über deinen Schatten zu springen und herauszufinden, was sie dir zu bieten haben.«
Also stand Matt jetzt hier im Starsmith-Büro in Mayfair, wo man ihn nicht nur um sein Erbe gebracht hatte, sondern ihn auch zum Narren halten wollte. Er sollte sofort gehen. Er funkelte Joel Sterling an; groß, wie zuvor in einem elegant geschnittenen Anzug, Matt ebenso genau musternd, mit seiner edlen Nase, dem üppigen Mund…
Matt merkte, dass er immer noch wie angewurzelt dastand – Gott wusste, warum.
»Das ist… eine Überraschung«, sagte Joel. Er wirkte wie der Inbegriff ruhiger Beherrschtheit, obwohl Matt merkte, dass seine Hände leicht zitterten, als er sein Wasserglas auf den Tisch stellte. »Es ist wichtig, dass wir das besprechen, reinen Tisch machen…«
»Ich dachte, du wärst nur ein Vertreter«, unterbrach Matt ihn wütend. »Namens Joe.«
»Joe…? Oh.« Joel errötete leicht. »Das tut mir leid. Du musst mich falsch verstanden haben. Ich habe nicht gelogen. Soweit ich mich erinnere, wolltest du beim Vornamen bleiben. Wir waren einer Meinung.«
»Das stimmt. Was das betrifft, hast du nicht gelogen.«
»Ich habe überhaupt nicht gelogen.« Joel verengte die Augen. »Es stimmt, dass ich Starsmith leite. Ich bin schon sehr lange im Geschäft.«
»Ich kenne deinen Namen«, gestand Matt widerwillig. Er hatte Nachforschungen über Starsmith angestellt, bevor er hergekommen war, hatte sich aber nicht die Mühe gemacht, nach Fotos von den Führungskräften zu suchen. »Aber ich habe es dir schon an jenem Abend gesagt. Ich gehe nicht auf diese Veranstaltungen.«
»Meine Güte, deiner Familie gehört ein Juwelierunternehmen…«
»Gehörte!«, fauchte Matt so heftig, dass Joel das Gesicht verzog. »Gehörte. Vergangenheit. Das gehört jetzt euch, schon vergessen?«
»Wie könnte ich das vergessen?«, fauchte Joel zurück. »Hattest du Anteile daran?«
Jetzt war Matt mit Erröten an der Reihe. »Nein. Ich war nicht… also, ich habe freiberuflich mit ihnen gearbeitet. Nicht auf regelmäßiger Basis.« Zum Teufel mit Joel und seinen forschenden Fragen! Matt würde nicht erklären, dass sein Dad gewollt hatte, dass er jederzeit woanders unterschreiben konnte, dass sie einander als Vater und Sohn zwar liebten, aber nicht länger als eine Stunde in einem Raum zusammenarbeiten konnten, ohne sich anzuknurren, dass Matt auch Interesse am Unternehmen seines Cousins hatte und es vorzog, mit Gary draußen auf dem Feld zu sein, statt in einem Designbüro gefangen, um die engstirnigen Kunden seines Vaters zu befriedigen, anstatt zu erschaffen, was er, Matt, erschaffen wollte…
Ja. Er fuhr sich frustriert mit der Hand durch die Haare. Joel schürte das Feuer, so viel stand fest.
Joel deutete zu einem Stuhl am Tisch. Matt erkannte, dass seine Beine allmählich zitterten, und ließ sich sowohl unbeholfen als auch dankbar darauf fallen. Joel setzte sich ihm anmutig gegenüber. Er hatte wohl das Gefühl, den Tisch als Barriere zwischen ihnen zu brauchen.
Joel räusperte sich. »Also, warum warst du an dem Abend dort, im Claridge's?«
Matt starrte ihn finster an. »Dad war kurz davor, euch die Firma zu überschreiben. Wir hatten uns gerade wieder darüber gestritten und er wirkte so geschlaucht von allem. Ich wollte ihm helfen.«
Joel wirkte verwirrt. »Ihr habt euch gestritten… aber du wolltest helfen?«
Was war das hier, ein Verhör? »Hör mal, ich werde schnell wütend…« Er sah das Aufflackern in Joels Augen und hoffte, dass es keine verdammte Belustigung war. »Aber ich kann mich genauso schnell wieder beruhigen, wenn ich muss. Er hat sich Sorgen darum gemacht, auf dieser blöden Veranstaltung zu erscheinen. Ich habe gesagt, ich würde an seiner Stelle gehen.«
Joel nickte langsam, als würde ihm allmählich etwas klar. »Nur um ihm zu helfen?«
»Ja. Na ja. Gut. Ich hatte noch ein anderes Motiv.« Sein Gegenüber zuckte wieder zurück. Er konnte doch nicht glauben, dass Matt sich über den Tisch lehnen und ihm eine reinhauen würde. Matt wusste, dass er grimmig wirken konnte, aber eigentlich hatte er in seinem Leben noch nie jemanden geschlagen. »Ich dachte, ich könnte einige der anderen Eigentümer treffen und um Unterstützung bitten.«
»Um die Übernahme zu verhindern?«, meinte Joel trocken.
Matt sparte sich die Antwort. Sie wussten beide, wie das gelaufen war.
»War das alles, worauf du es abgesehen hattest?«
»Äh. Ja. Warum? Worauf willst du hinaus?« Matts Zunge fühlte sich plump in seinem Mund an. Dieses Meeting war von Anfang an eine schlechte Idee gewesen und das Wiedersehen mit Joel Sterling machte alles noch hundertmal schlimmer. Also ging er von der Verteidigung zum Angriff über, wie er es oft tat. »Wie auch immer, was ist mit dir?«
»Mit mir?« Joel wirkte so verblüfft, als hätte Matt ihn geschlagen. »Ich wusste auch nicht, wer du bist.«
»Nicht einmal ein Fitzelchen Schadenfreude dabei, meine Familie ausgetrickst zu haben?«
»Was?« Joel ballte die Hände auf der Tischfläche zu Fäusten. »Wie gesagt, ich wusste nicht, dass du zu Barth's gehörst, und selbst wenn ich es gewusst hätte, es war alles rein geschäftlich. Keine Schadenfreude.«
Er sagte das so, als hätte er derart kindisches Verhalten mindestens ein Jahrhundert hinter sich gelassen, und warum hatte Matt das eigentlich nicht? Matt schüttelte den Kopf, in dem sich ein Strudel aus Ärger und, zu seiner Überraschung, Schmerz gebildet hatte. »Dieser ganze Mist, den du in der Bar von dir gegeben hast, wie sehr du die Branche liebst und was sie dir alles bedeutet.«
»Das war die Wahrheit!« Joels Miene war zornig. »Versuch nicht, deinen Stolz zu wahren, indem du mich angreifst.«
»Stolz? Scheiße, Mann, du hast ja keine Ahnung! Ihr habt euch einfach genommen, was ihr wolltet, ohne euch um diejenigen zu scheren, die vielleicht eine andere Vision vom Leben haben.«
»Wenn du einen Moment lang zu schreien aufhören und an die finanziellen Praktiken der heutigen Geschäftswelt denken würdest…«
»Von dir brauche ich keine Lektion darin, was wichtig ist! Ich erwarte nicht, dass du das verstehst.«
»Gleichfalls!«, rief Joel praktisch.
Beide stockten. Das Echo ihrer erhobenen Stimmen schien im Raum nachzuhallen. Matt hatte sich ebenfalls über den Tisch gelehnt, die Handflächen fest auf das polierte Holz gedrückt und die Knöchel beinahe weiß.
Joel atmete schwer. Für einen so ruhigen, selbstsicheren Mann wirkte er erschüttert. Aber seine Miene war hart. »Ich bin nicht Starsmith. Ich bin ein Angestellter, nicht die Firma selbst.«
Matt schnaubte. »Du bist ihre Marionette. Du bist ihr Sprachrohr. Ihr williger Diener!«
Joel erblasste. »Wie kannst du es wagen…«
»Weil ich es kann«, schoss Matt zurück. »Weil ihr keine Macht über mich oder meine Familie habt. Jetzt nicht mehr und nie wieder.« Er schob seinen Stuhl zurück, um aufzustehen.
»Warte!« Joel schlug mit der Hand auf die dicke Mappe neben sich. Der scharfe Knall ließ Matt innehalten. »Hier geht es nicht um uns. Es geht darum, warum Addam dich ursprünglich angerufen hat.«
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