Dabei richten wir uns mit diesem Werk insbesondere auch an Studierende mit Nebenfach Psychologie. Als Hauptfachstudierende mögen Ihnen daher die Informationen an der einen oder anderen Stelle sehr basal oder selbstverständlich vorkommen, da sie im Curriculum des Psychologiestudiums ihren festen Platz haben. Wir hoffen jedoch, auch Sie mit diesem Werk beim Anfertigen Ihrer Bachelorarbeit erfolgreich unterstützen zu können.
Dieses Buch führt Sie Schritt für Schritt durch die Phasen der Arbeit. Wir weisen Sie an geeigneten Stellen auf zusätzliche Materialien hin, die online verfügbar sind und die Sie dabei unterstützen, Ihr Wissen zu überprüfen, die Vorgehensweisen und Konventionen einzuüben, Ihre Schreibarbeit zu organisieren und Ihre Motivation zu stärken. Schauen Sie dort je nach Bedarf rein.
Nach diesem Kapitel …
… wissen Sie, welche Bandbreite an Forschungsthemen in der Psychologie denkbar sind.
… können Sie die wissenschaftliche Vorgehensweise in der Psychologie von der alltagspsychologischen Herangehensweise an Probleme unterscheiden.
… kennen Sie verschiedene Arten psychologischer Bachelorarbeiten.
… wissen Sie, wo Sie in diesem Buch und über weitere Quellen die wichtigsten Informationen für Ihre Bachelorarbeit finden.
… wissen Sie, wo Sie Unterstützung zur Planung, Durchführung und Organisation Ihrer Bachelorarbeit finden.
1.1 Psychologie als Wissenschaft
Couch?
Bei Psychologie denken die meisten Menschen sofort an kranke Menschen oder „Irre“;-). Die Psychologie wird als eine Art Medizin für geistige und seelische Störungen betrachtet und dabei darf in der Vorstellung auch die Couch als ultimatives Therapiegerät nicht fehlen. Doch Psychologie ist mehr:
Die Psychologie ist die Wissenschaft vom Verhalten, Denken und Erleben von Menschen. |
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Die Klinische Psychologie und Psychotherapie als Teildisziplin des Fachs ist dabei tatsächlich ein sehr großer Teilbereich, der innerhalb der Deutschen Gesellschaft für Psychologie (DGPs), der Vereinigung der in Forschung und Lehre tätigen Psychologinnen und Psychologen im deutschsprachigen Raum, die meisten Mitglieder hat.
Die Klinische Psychologie und Psychotherapie untersucht Ursachen und Bedingungen für Verhalten und Erleben, das außerhalb der Norm liegt und wie dieses durch therapeutische Maßnahmen und Interventionen günstig beeinflusst werden kann. |
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In der Summe weitaus größer ist jedoch die Anzahl der DGPs-Mitglieder, die sich in den anderen Teildisziplinen der Psychologie mit dem Verhalten, Denken und Erleben von Menschen beschäftigen. Die verschiedenen psychologischen Teildisziplinen zeigen sehr gut die große Bandbreite an Forschungsgebieten und -fragen auf, die in der Psychologie untersucht werden. Die Grundlagenfächer der Psychologie möchten dabei grundlegende Erkenntnisse gewinnen:
Grundlagenfächer
•Allgemeine Psychologie: Ziel ist, Erkenntnisse über grundlegende Prozesse der Wahrnehmung, Aufmerksamkeit, des Denkens, Sprechens, Lernens, Gedächtnisses, der Motivation und der Emotion zu gewinnen. Forschungsfragen, die in der Allgemeinen Psychologie untersucht werden, sind z. B. wie der Kontext die Gesichtererkennung beeinflusst (Meinhardt-Injac, Persike & Meinhardt, 2011).
•Biologische Psychologie und Neuropsychologie: Ziel dieses Grundlagenfachs ist es, die anatomischen, physiologischen und neuronalen Grundlagen und Bedingungen menschlichen Erlebens und Verhaltens zu untersuchen, also z. B. die Frage, welche Bereiche des Gehirns für bestimmte Aufgaben aktiv sind und wie das Gehirn bewegte Bilder verarbeitet (Berti, Haycock, Adler & Keshavarz, 2019).
•Differentielle Psychologie, Persönlichkeitspsychologie und psychologische Diagnostik: Diese Teildisziplin untersucht die individuellen Unterschiede und inwieweit diese durch relativ überdauernde Merkmale der Persönlichkeit erklärt werden können. Eine wichtige Frage ist dabei, wie diese Unterschiede gemessen werden können, wie kann z. B. ein Konstrukt wie Intelligenz oder Gewissenhaftigkeit messbar gemacht werden? Forschungsarbeiten aus dieser Teildisziplin untersuchen beispielsweise den Zusammenhang von Persönlichkeitsmerkmalen, Lernverhalten und Erfolg in Schule und Hochschule (z. B. Imhof & Spaeth-Hilbert, 2013; Spinath, Eckert & Steinmayr, 2014; Theobald, Bellhäuser & Imhof, 2018).
•Entwicklungspsychologie: Im Fokus stehen in dieser Teildisziplin Veränderungsprozesse über die Lebensspanne, also von der Zeugung bis zum Tod und wie sich in der Entwicklung das Erleben, Verhalten und Denken von Menschen verändern. Ein Beispiel für eine Forschungsfrage aus diesem Gebiet ist, wie Säuglinge lernen, Gesichter zu unterscheiden (Altvater-Mackensen, Jessen & Grossmann, 2017) oder ob bzw. wie sich die Wahrnehmung von Gesichtern über die Lebensspanne ändert (Meinhardt-Injac, Boutet, Persike, Meinhardt & Imhof, 2017).
•Sozialpsychologie: Diese psychologische Teildisziplin untersucht, wie das Verhalten, Erleben und Urteilen von Menschen durch den sozialen Kontext beeinflusst wird. Aus dieser Perspektive wird beispielsweise untersucht, wie Gruppen effektiv zusammenarbeiten (Borsch, 2005).
psychologische Anwendungsfächer
Die Anwendungsfächer der Psychologie nutzen die Erkenntnisse der Grundlagenfächer in spezifischen Kontexten:
•Arbeits-, Organisations- und Wirtschaftspsychologie: Dieses Anwendungsfach untersucht die Wechselbeziehungen zwischen Arbeits- und Organisationsbedingungen und menschlichem Erleben und Verhalten.
•Gesundheitspsychologie: Diese relativ junge psychologische Teildisziplin untersucht, welche Einflussfaktoren es auf die körperliche und seelische Gesundheit gibt. Eine aktuelle Frage aus diesem Bereich ist beispielsweise, inwieweit und wodurch Lehrerinnen und Lehrer Stressbelastung erleben und wie sie damit im Vergleich zu anderen Berufsgruppen dastehen (Schult, Münzer-Schrobildgen & Sparfeldt, 2014).
•Klinische Psychologie und Psychotherapie: Diese Teildisziplin haben wir ja oben bereits kurz beschrieben – meist denken Menschen vor allem an die Klinische Psychologie, wenn sie den Begriff Psychologie hören. Aktuell sind aber auch Themen wie Internet- oder Smartphone-Sucht (Duke & Montag, 2017).
•Medienpsychologie: Diese Teildisziplin untersucht menschliches Erleben und Verhalten im Zusammenhang mit der Nutzung von Medien. Eine aktuelle Forschungsfrage aus diesem Teilgebiet befasst sich mit der Effektivität von virtuellen Lernumgebungen (Makransky, Terkildsen & Mayer, 2019). Hilbert und Terrero (2012) untersuchten, wie gut Studierende aus Vorlesungsaufzeichnungen im Vergleich zur Präsenzvorlesung lernen können.
•Pädagogische Psychologie: Im Fokus dieser Teildisziplin stehen Kompetenzen, Fertigkeiten, Überzeugungssysteme und Werthaltungen, die durch pädagogische Maßnahmen beeinflusst werden können. Es geht also um das Lehren und Lernen im weitesten Sinne. Die Autorinnen dieses Buchs ordnen sich dieser Teildisziplin zu, weshalb auch viele Beispiele aus der Pädagogischen Psychologie kommen. Ein aktuell diskutiertes Thema in dieser Teildisziplin ist z. B., ob psychologische Kriterien für die Zusammenstellung von Lerngruppen Vorteile bringen (Bellhäuser, Konert, Müller & Röpke, 2018).
•Rechtspsychologie: In dieser Teildsiziplin der Psychologie wird die Anwendung psychologischer Theorien, Methoden und Erkenntnisse auf Fragestellungen, die sich aus der Ge-staltung und Anwendung des Rechts ergeben, untersucht (Goeckenjan & Oeberst, 2016).
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