Demgegenüber vermittelt sich das akustische Produktdesign (PD 4) als unmittelbarere Wahrnehmung, z. B. bei dem Öffnen einer Verpackung.
Dem gustatorischen Produktdesign (PD 5) kommt insbesondere bei der Gestaltung von Lebensmittelprodukten eine herausragende Bedeutung zu.
Produktangebot (PA): Position innerhalb des Produktsortiments (PA 1): Sortimentstiefe und Sortimentsbreite bestimmen die Position des Produktes innerhalb des Produktsortiments. Die Produktposition ergibt sich aus der Relation des Produktes zu den anderen Produktangeboten des Unternehmens.
Die Wettbewerbsposition (PA 2) bestimmt sich aus der Position des Produktangebots in Relation zu den Produktangeboten der Wettbewerber. Sie kann auf relativ einfache Weise mit der BCG-Matrix erhoben und dargestellt werden (Wikipedia 2019).
Die Preiswürdigkeit (PA 3) eines Produktes kann mit der van-Westendorp-Methode zuverlässig auf der Grundlage von vier Fragestellungen ermittelt werden, die von Kunden und Nicht-Kunden beantwortet werden.
Das Parameter der Kaufwahrscheinlichkeit ist die summarische Ausprägung der Stimulanz Dimension in einem Wert. Auf der Grundlage einer 11er-Skala wird das exakte Potential der Stimulanz Dimension bestimmt.
Abb. 28: Die Stimulanz Dimension
Um komplexe Probleme zu lösen, reichen das Wissen und die Intuition weniger Personen und Fachrichtungen heute nicht mehr aus. Deshalb ist die Leistungsfähigkeit von multidisziplinären Teams bedeutsam, die hinsichtlich ihres Berufs, ihrer Nationalität und ihrer kulturellen Zugehörigkeit unterschiedlich sind. Diese Vielfalt führt zu ungewöhnlicheren und innovativeren Lösungen.
Ein Team, das heterogen zusammengesetzt ist, benötigt eine definierte Vorgehensweise. Deshalb besteht Design Thinking aus einem klar strukturierten Prozess, der aus den folgenden sechs Phasen besteht: verstehen, beobachten, definieren, Ideen finden, Prototypen entwickeln, testen (HPI Academy 2019). Für diese strukturierte Arbeit benötigt das heterogen zusammengesetzte Team eine kreative Umgebung, die diesen Prozess unterstützt und die Kreativität, Offenheit und Kommunikation in der Gruppe fördert.
Design Thinking ist somit eine Möglichkeit, Marken und Produkte agil und ganzheitlich zu betrachten, dabei unterschiedliche Perspektiven einzunehmen und Empathie für Nutzer und Kunden aufzubauen.
Auf der Grundlage des St. Galler Managementmodells ist »eine Unternehmung niemals Selbstzweck, sondern sie erbringt ihre Geschäftstätigkeit, die einen gesellschaftlichen Nutzen stiften muss, in aktiver Interaktion mit verschiedenen Anspruchsgruppen« (Rüegg-Stürm 2005, S. 74 ff). Anspruchsgruppen gliedern sich in interne und externe Anspruchsgruppen. Eine nachhaltige und erfolgreiche Unternehmensführung berücksichtigt die Interessen der Anspruchsgruppen bei ihren Marken- und Produktentscheidungen.
Eigentümer, Management, Mitarbeiter und Kapitaleigentümer verfolgen in erster Linie Kapitalinteressen wie Einkommen, Gewinn, Verzinsung des investierten Kapitals und Vermögensbildung. Aber auch nicht-monetäre Ziele wie Autonomie, Macht, Einfluss, Gestaltung, Sinnstiftung und Selbstverwirklichung stellen relevante Ansprüche dieser Gruppen dar. Einstellungen, Wertungen und Einschätzungen der internen Anspruchsgruppen werden als Selbstwahrnehmung bei der Like Dimension und bei der Relevanz Dimension erfasst.
Kunden, Nicht-Kunden, Lieferanten, Konkurrenz, Gesellschaft bilden die externen Anspruchsgruppen, die sehr unterschiedliche Ziele verfolgen. So stehen bei Kunden die Produktleistungs- und Preisdimensionen in Vordergrund, während Ansprüche von Nicht-Kunden für die Entwicklung und Weiterentwicklung neuer Angebote nutzbringend sein können. Konkurrenten können ebenso wie Nicht-Kunden wichtige Impulse für die Weiterentwicklung der Unternehmung hervorbringen. Lieferanten beanspruchen hingegen stabile Vertragsbeziehungen und nachhaltige Konditionen. Gesellschaft und Staat stellen rechtliche und steuerliche Ansprüche. Die Einschätzungen der externen Anspruchsgruppen bilden die Fremdwahrnehmung bei der Like Dimension und bei der Relevanz Dimension.
Abb. 29: inlike – Das Gesamtmodell mit internen und externen Anspruchsgruppen
2.6.3 Anwendung des agilen Marken- und Produktmodells inlike
Wie ich bereits eingangs ausgeführt habe, kann das agile Marken- und Produktmodell inlike am besten seine Wirkung entfalten, wenn es parallel im Marken- und Produktentwicklungsprozess eingesetzt wird.
Das agile Marken- und Produktmodell inlike greift in besonderer Weise kommunikative und interaktive Bewertungs- und Äußerungsformen digitaler Zielgruppen auf.
Von besonderer Bedeutung für die agile Führung von Marken und Produkten sind die Like Dimension und das Parameter der Kaufwahrscheinlichkeit der Stimulanz Dimension. Like Dimension und Kaufwahrscheinlichkeit werden jeweils in 11er-Skalen differenziert abgebildet und ermöglichen ein schnelles und realistisches Bild, das die wesentliche Position von Marke und Produkt - auch im Wettbewerbsumfeld - beleuchtet.
Mit dem agilen Marken- und Produktmodell können Marken und Produkte ganzheitlich geführt werden. Hierbei kann das Modell sowohl auf die jeweils spezifische Architektur von Dachmarken und Produktmarken als auch auf die unterschiedlichen Produkttypen von Konsumgütern und Dienstleistungen angepasst werden.
Für eine tiefergehende Betrachtung können sowohl externe Sichten von Kunden und Nicht-Kunden (Fremdwahrnehmung) als auch interne Unternehmenssichten (Selbstwahrnehmung) erhoben werden. Aus der Differenz beider Sichten können wertvolle Hinweise und Fragestellungen für die agile Führung von Marke und Produkt abgeleitet und konstruktive und kreative Impulse für die Weiterentwicklung gewonnen werden.
Das agile Marken- und Produktmodell vermittelt wesentliche Bilder von den Marken und Produkten einer Unternehmung und / oder den Marken und Produktangeboten von Wettbewerbern und ist damit smart gestaltet, einfach anzuwenden und weist einen erfolgversprechenden Weg für eine nachhaltige und wertorientierte Unternehmensführung.
Entscheidender Vorteil des agilen Marken- und Produktmodells inlike ist es, Fehl-Investitionen zu vermeiden, wenn nur solche Marken und Produkte eingeführt werden, die höchste Werte (+4 und +5) bei Like-, Relevanz- und Stimulanz Dimensionen erzielen. Bei dem Parameter der Kaufwahrscheinlichkeit betrachten wir nur die Werte der 90 %-KWS sowie der 100 %-KWS.
Abschließend möchte ich noch zeigen, welche wirtschaftlichen Relationen zwischen Marken- und Produktqualität und der Gewinnung von Neukunden (Cost per Acquisition, CpA) sich ergeben können. Am Beispiel von Produkteinführungen eines bestimmten Dienstleistungssektors konnten wir CpA zwischen 35 € bis 875 € feststellen.
Abb. 30: inlike – Kundengewinnungskosten (CpA) in Abhängigkeit zur Produktqualität von Dienstleistungsprodukten
Adjouri, N.: Die Marke als Botschafter – Markenidentität bestimmen und entwickeln, Springer Gabler, Wiesbaden 2002
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