inlike ist mehr als ein Marktforschungstool. Es ist agil und kann iterativ in laufende Markt- und Produktentwicklungsprozesse eingesetzt werden. inlike ist hart in der Bewertung; denn mehr als 90 % der Marken- und Produktideen scheitern bereits im Entwicklungsprozess – also vor der Markteinführung.
Um das Thema der digitalen Markenführung und Produktentwicklung tiefer zu erläutern, werden zunächst die Prinzipien der Agilität, der Ganzheitlichkeit und der Modellierung betrachtet.
Anschließend werden im Rahmen der Darstellung des agilen Marken- und Produktmodells inlike drei Dimensionen entwickelt, die für die digitale Markenführung und Produktentwicklung von besonderer Bedeutung sind: die Like Dimension, die Relevanz Dimension und die Stimulanz Dimension.
Besonders betont wird das Prinzip der Agilität durch die Integration der Innovationsmethode Design Thinking, die ein eigenständiges Element des Modells darstellt. Last but not least erfolgt auf der Grundlage des St. Galler Managementmodells die Abbildung der Anspruchsgruppen einer Unternehmung, die von zentraler Bedeutung für die erfolgreiche digitale Markenführung und Produktentwicklung sind (Rügg-Stürm 2005, S. 10).
2.6.1.1 Prinzip der Agilität
Für das digitale Marken- und Produktmanagement gewinnt die Agilität aufgrund der sich schneller verändernden Märkte und Einstellungen der Menschen eine zunehmende Bedeutung. Bruce und Jeromin fordern daher eine »angemessene, zielgerichtete und schnelle Reaktion auf die sich verändernden Marktsituationen« (Bruce/Jeromin 2016). Agilität ist bei vielen Unternehmen ein sehr relevantes Thema und »verspricht bei Anwendung signifikante Erfolgswirkungen« (Thomaschewski 2019, S. 15). Gleichwohl ist festzustellen, dass das Gedankenkonstrukt der Agilität von Unschärfe geprägt ist und sich einer logischen Folgerichtigkeit eher entzieht. Dies ist auch dem Begriff der Agilität immanent, denn die Wortbedeutung beinhaltet Dimensionen der Flexibilität und der Beweglichkeit.
Digitalisierte Märkte verlangen danach, Markenführung mit agilen Methoden zu verändern:
• Design Thinking ist ein ganzheitlich ausgerichteter Ansatz, der »Nutzerwünsche und -bedürfnisse sowie nutzenorientiertes Erfinden« (HPI Academy 2019) in den Mittelpunkt stellt. Für die agile Betrachtung ist hier insbesondere die Dualität von Selbstwahrnehmung und Fremdwahrnehmung förderlich, die auch bei der Strategie des Blauen Ozeans eine besondere Ausprägung erfährt.
• Die Blue Ocean Strategy konzentriert sich auf die Schaffung neuer Märkte durch die kreative Beschäftigung mit strategischen Konturen, die mit Kunden und Nichtkunden entwickelt werden (Kim 2005, S. 22 ff).
• Die Methode des Business Model Canvas zeigt wesentliche Bausteine von Geschäftsmodellen und bietet wirkungsvolle Tools, mit denen Geschäftsprozesse, Marken und Produkte agil entwickelt oder erneuert werden können (Osterwalder 2011, S. 20 ff).
Die genannten Methoden schaffen die Basis für die Ausgestaltung eines agilen Kreativraumes.
2.6.1.2 Prinzip der Ganzheitlichkeit
Der Aspekt der Ganzheitlichkeit kann in unterschiedlichen Kontexten betrachtet werden und zahlreiche Impulse für die agile Markenführung und das Produktmanagement entfalten.
So sieht das ganzheitlich ausgerichtete St. Galler Management-Modell die »Unternehmung als komplexes System« (Rüegg-Stürm 2016, S. 65), das als eine »geordnete Ganzheit von Elementen« verstanden werden kann. Diese wird folgenden Grundkategorien zugeordnet: Umweltsphäre, Anspruchsgruppen, Interaktionsthemen, Ordnungsmomente, Prozesse und Entwicklungsmodi (Rüegg-Stürm 2016, S. 69).
Ein ganzheitlich ausgerichtetes Marken- und Produktmanagement versucht, die Identität eines Unternehmens unter Beteiligung aller Anspruchsgruppen (Stakeholder) und deren Interaktionsthemen zu entwickeln. Identität entsteht hierbei aus der gegenseitigen Beeinflussung von Selbstwahrnehmung der internen Anspruchsgruppen (Eigentümer, Management, Mitarbeiter, Kapitalgeber) und der Fremdwahrnehmung der externen Anspruchsgruppen (Kunden, Nicht-Kunden, Lieferanten, Konkurrenz, Staat und Gesellschaft).
2.6.1.3 Prinzip der Modellierung
Es existieren zahlreiche Modelle der Markenführung. Das Markenlexikon führt allein 66 Markenmodelle zur Markenpositionierung, Markensteuerung und Markenbewertung auf (Markenlexikon 2019). Von besonderem Interesse für die agile Markenführung sind Modelle, die neben einer reinen Beschreibung der Markenstrategie auch die Aspekte dynamisch sich verändernder Märkte sowie die tieferen Persönlichkeitsschichten der Zielgruppen abbilden.
Das Brand Holosphere Model der Brand Academy Hamburg ist in die Ebenen Identy Sphere, Market Sphere und Positioning Sphere gegliedert. Die Identy Sphere bildet »den mehrdimensionalen Kern (…) und muss langfristig verwendbar sein« (Dunker 2018, S. 65). Die Market Sphere wird aus der Zielgruppenorientierung und der Wettbewerbsorientierung gebildet. Auf der Grundlage von Identy Sphere und Market Sphere kann die Positioning Sphere erarbeitet werden, die sich durch eine wesentlich höhere Anpassungsfähigkeit auszeichnet.
In ihrem Modell zur Erfassung der Markenidentität postulieren Sasserath/Munzinger, dass sich »die Identität einer Marke (…) aus den globalen unveränderlichen Core Werten und den dynamischen Agilen Werten« konstituiert (Sasserath 2019).
Im &EQUITY-Markenmodell werden Marke und Produkt ganzheitlich gesehen. Das kognitive Schema bildet die Welt der Markenkommunikation über emotionale Identifikationsangebote ab und ist nur via Kommunikation vermittelbar. Das sensorische Schema wird von der Welt der Produkte gespeist, ist konkret sinnlich erfahrbar und stellt das funktionale Nutzenangebot der Marke dar (Krüger 2019).
Mit der Limbic Map der Gruppe Nymphenburg wird der Emotionsraum des Menschen anhand der Dimensionen Dominanz, Balance und Stimulanz aufgezeigt und vermessen. Menschliche Motive, Werte und Wünsche lassen sich auf diese Weise darstellen und in Relation zueinander bringen (Nymphenburg 2019).
Die Wirkungsforschung des Rheingold Instituts widmet sich unbewussten Verarbeitungsprozessen, die sich in tieferen Persönlichkeitsschichten verbergen und die mittels morphologischer Tiefeninterviews sichtbar gemacht werden können (Rheingold 2019). Hierdurch kann eine »psychische Wirklichkeit« erhoben werden, die das eigentliche Handeln von Menschen bestimmt.
Für die Steuerung einer ganzheitlich ausgerichteten Markenidentität hat Esch das Markensteuerrad entwickelt, das aus den folgenden vier Elementen besteht: Markennutzen, Markentonalität, Markenbild und Markenattribute (Esch 2016, S. 56 ff).
Bruce und Jeromin haben mit dem Brand-Market-Connector ein Modell zur Markenpositionierung erarbeitet, welches eine wesentlich geringere Komplexität als die bisher etablierten Modelle aufweist (Bruce 2016, S. 61 ff).
Die hier genannten Modelle bilden die Grundlage für die Relevanz-Dimension und Stimulanz-Dimension des agilen Marken- und Produktmodells inlike.
2.6.2 Das agile Marken- und Produktmodell inlike
Das agile Marken- und Produktmodell inlike ist ganzheitlich ausgerichtet und versucht wesentliche Elemente der genannten Marken- und Unternehmensmodelle in einem agilen und ganzheitlich ausgerichteten Modell abzubilden. Es betont zudem die Interdependenz von Marke und Produkt. Das agile Marken- und Produktmodell verbindet auf dieser Grundlage agile und strategische Methoden und schafft einen neuen Kreations- und Denkraum. Folgende Dimensionen werden in dem agilen Marken- und Produktmodell inlike betrachtet:
• Kern des agilen Marken- und Produktmodells ist die Like Dimension, mit der die emotive Position von Marke und Produkt von den Anspruchsgruppen bestimmt wird.
Читать дальше