In den großen Fleischrinder-Nationen wie USA, Argentinien und Australien waren die ersten Fleischrinder-Importe Zuchttiere der Rasse Hereford. Die Population dieser Rasse hat sich gut entwickelt, jedoch waren diese Tiere in den neuen Zuchtgebieten aufgrund der starken Sonneneinstrahlung sehr anfällig für Augeninfektionen und Sonnenbrand; die helle Pigmentierung der Augen und der Haut waren von Nachteil. Aberdeen Angus haben diese Probleme nicht, da sie eine dunkle Augenpigmentierung und schwarze Haut besitzen. Durch ihre Anpassungsfähigkeit waren und sind Aberdeen Angus prädestiniert für die extensiven Weidesysteme der Neuen Welt und produzieren dabei ein marmoriertes Fleisch bester Qualität.
Wenn man an intramuskuläres Fett und damit an die Fleischqualität denkt, sollten auch noch echte Hausrinderrassen aus den gemäßigten Gebieten Ostasiens erwähnt werden: Wagyu (Japan) und Hanwoo (Südkorea). Diese Rassen gehören nicht zu den größten Populationen der Welt, aber vor allem die Rasse Wagyu hat seit den 1990er-Jahren deutlich an Bedeutung gewonnen. Sie stammt aus Japan und wurde bis zum Ende des 19. Jahrhundert fast ausschließlich als Arbeitstier verwendet. Heute wird das Wagyufleisch wegen der extrem hohen intramuskulären Fetteinlagerung (bis zu 65 %) unter Fleischliebhabern sehr geschätzt. Eigenschaften wie Leichtkalbigkeit, Vitalität, gute Muttereigenschaften und Krankheitstoleranz machen die einfarbig schwarzen Tiere zu einer geeigneten Rinderrasse für extensive Weidesysteme (wobei die Erzielung bester Schlachtkörperqualität eine intensive Fütterung voraussetzt).
Bei der Rasse Wagyu gibt es verschiedene Linien. Hier seien die drei Hauptlinien erwähnt: Tajima, Shimane und Kedaka. Obwohl diese Tiere zur selben Rasse gehören, unterscheiden sie sich.
Die Tajima stammen aus einer sehr montanen Region Japans. Deshalb war es von Vorteil, dass diese Tiere kleiner waren, um dadurch auf engen und steilen Pfaden in den Bergen die Lasten besser transportieren zu können. Zu ihren Eigenschaften gehört aber auch, dass sie eine späte Zuchtreife haben und sich langsamer entwickeln. Die Tajimas sind diejenigen Wagyus, die Fleisch mit dem höchsten intramuskulären Fettgehalt produzieren können.
Die Kedaka- und Shimane-Linien stammen aus benachbarten Präfekturen der küstennahen, flachen Reisanbaugebiete. Da hier die Umwelteinflüsse andere sind, haben sich hier größere und schwere Tiere zum Transport der Lasten als vorteilhaft erwiesen. Des Weiteren haben sie eine gute Milchleistung, und ihr Fleisch hat eine gute Qualität mit intramuskulären Fettgehalten von bis zu 50 %.
Exemplarisch zeigt sich hier bei der Rasse Wagyu, dass Rinderrassen im Allgemeinen in den meisten Merkmalen heterozygot sind. Lediglich einige wenige qualitative Merkmale wie Farbe, Hornlosigkeit, Körperform etc. sind innerhalb der Rasse homozygot bzw. weitgehend homozygot. In vielen wirtschaftlich bedeutenden Eigenschaften sind die Unterschiede innerhalb der Rasse gleich groß oder größer als die Unterschiede zwischen den Rassen. Deshalb muss auch bei der Auswahl einer Rasse darauf geachtet werden, dass die gewählten Linien innerhalb der Rasse auch die gewünschten Veranlagungen haben, um ein bestimmtes Zuchtziel zu erreichen.
Die Aufzucht der Kälber beginnt mit der erfolgreichen Geburt und hat einen entscheidenden Einfluss auf die Gesundheit sowie Leistungsfähigkeit von Zucht- und Mastrindern. Sie stellt eine wichtige, jedoch oft vernachlässigte Säule der Rindermast und Mutterkuhhaltung dar. In der Milchviehhaltung wird eine mutterlose Aufzucht mit Vollmilch- oder Milchpulvertränke von zwei bis drei Monaten, in der Fleischrinderhaltung eine Aufzucht durch die Mutter über eine zumeist sechs- bis zehnmonatige Säugeperiode durchgeführt. Eine sorgfältig durchgeführte Aufzucht erbringt gut entwickelte, gesunde, frohwüchsige und widerstandsfähige Jungtiere. Zudem werden bereits in der Jugendentwicklung die Grundlagen zur Bildung der wertvollen Fleischanteile am späteren Schlachtkörper gelegt. Sowohl zu intensive als auch zu extensive Aufzuchtfütterung kann erhebliche Nachteile für die spätere Nutzung der Tiere mit sich bringen. Durch eine zu intensive Aufzucht kommt es im Körper schon früh zu Fetteinlagerungen, welche die Zuchttauglichkeit einschränken. Ein Ergebnis daraus sind häufig Konzeptions- und Geburtsschwierigkeiten und als Folge eine verkürzte Nutzungsdauer. Bei einer extensiven Aufzucht wird die Geschlechts- und Zuchtreife verlangsamt und das Erstkalbealter erhöht. Wird die reduzierte Lebendmasse bei der ersten Belegung nicht berücksichtigt, kommt es zu Geburtsproblemen und zu unterentwickelten Kühen. Masttiere können ihr Leistungspotenzial nicht ausschöpfen. Für eine erfolgreiche Aufzucht ist eine ausreichende Energie- und Proteinversorgung essenziell.
In der Fütterung wird unterschieden zwischen Grund-, Saft- und Kraftfutter. Grundfutter wird zumeist auf dem eigenen Betrieb erzeugt. Dazu zählen Weide, Gras, Heu, Stroh und Silagen. Diese Futtermittel sichern dem Rind genügend Struktur im Futter und damit eine wiederkäuergerechte Ernährung. Der Großteil des Energie- und Proteinbedarfs kann aus dem Grundfutter gedeckt werden.
Eine Zwischenstellung nehmen die Saftfutter ein, die im Energiegehalt zwischen den beiden anderen Kategorien einzuordnen sind. Hierzu zählen z. B. Kartoffeln, Möhren, Biertreber und Pressschnitzel.
Kraftfutter ist im Vergleich energetisch deutlich höher konzentriert. Dazu gehören Pflanzensamen von Getreide, Mais, Erbse oder Ackerbohne. Des Weiteren werden Nebenprodukte aus der Nahrungsmittelproduktion wie Melasse, Soja-, Sonnenblumen- und Raps-Extraktionsschrot verwendet, da diese überwiegend nur vom Wiederkäuer verwertet werden können. Zum Kraftfutter zählen auch Mischfuttermittel, die aus mehreren Komponenten zusammengesetzt sind und von der Futtermittelindustrie hergestellt werden.
In der Mutterkuhhaltung wird zu Beginn ein Großteil der Nährstoffe über die Milch der Mutter, abhängig von der Milchleistung der jeweiligen Rasse, bereitgestellt. Die Kälber können je nach Angebot Weide, Gras, Heu und Silage bei der Mutter mitfressen. Abhängig von der Milchleistung können sie zusätzlich Kraftfutter erhalten. Bei diesem Verfahren haben die Tiere im Herdenverbund mehrere Monate bis ganzjährig Weidegang und können ihre natürliche Verhaltensweise ausleben. Im Winter werden die Rinder in Stallungen mit Stroheinstreu gehalten, da die Haltung auf Stroh positive Effekte auf die Gesundheit und das Wohlbefinden hat.
„Wer ein gutes Stück Rindfleisch genießen möchte, sollte neben dem Genusswert des Fleisches einer artgerechten Haltung der Tiere nicht minder viel Aufmerksamkeit schenken.“
Bei der mutterlosen Aufzucht wird von Beginn an Heu und Kraftfutter angeboten. Dadurch, dass das Kalb schon früh unabhängig von Milch ernährt wird, muss es hochwertige Kraftfuttermischungen erhalten. Diese Kälber werden, wenn sie nicht für die Bestandsergänzung benötigt werden, meist in intensiven Mastsystemen genutzt und erhalten Rationen mit hohen Kraftfutteranteilen, wobei der Grundfutteranteil vor allem zur Aufrechterhaltung der physiologischen Pansenfunktion dient. Bei diesem Verfahren soll in relativ kurzer Zeit ein hohes Schlachtgewicht erreicht werden. In Europa nutzt man in diesem System vor allem Fleckvieh, Milchrind-/Fleischrindkreuzungen und die französischen Rassen, um schwere, relativ magere Schlachtkörper zu produzieren. Dieses möglichst schnell erzeugte Fleisch hat einen geringeren Genusswert.
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