Aufgewachsen bin ich in einem Wirtshaus, in dem es immer alles zur freien Verfügung gab: Eis, Kuchen und fast jeden Tag Fleisch … In den Ferien, wenn im Wirtshaus und später im Hotel Hochsaison war, waren wir immer bei meinen Großeltern in Schergengrub. Meinem Bruder war nach zwei Tagen schon stinklangweilig, da er sich nach dem Trubel der Gastronomie zurücksehnte. Ich dagegen genoss die ruhige Zeit auf dem Bauernhof ohne Gäste, dafür mit vielen Tieren, und irgendwie hatte ich damals schon das Gefühl, hier schlagen die Uhren ein bisschen langsamer. Ziemlich früh war also klar, dass mein Bruder mal das Wirtshaus übernehmen möchte – und mein Wunschberuf war damals Bauer.
Nach meiner Kochausbildung hatte ich öfter einmal mit dem Gedanken gespielt, mich mit einem kleinen, feinen Restaurant im alten Kuhstall selbstständig zu machen. Wir machten mit unserer Familie einmal Urlaub beim Stanglwirt in Going am Wilden Kaiser, und da habe ich zum ersten Mal das Konzept Landwirtschaft mit Gastronomie gesehen und dachte: Vielleicht mache ich auch mal so was!
Nach vielen Jahren als Freelancer in der Eventgastronomie und im Catering hatte ich mich mit meiner Frau 2005 dazu entschlossen, den Hof zu übernehmen. Wir haben begonnen, Schafe zu züchten, und Topgastronomen wie Stefan Marquard, Martin Baudrexel und Otto Koch mit Biolammfleisch aus Schergengrub beliefert. Später haben wir uns für die Zucht von Wagyurindern auf ökologischer Basis entschieden.
Im Jahr 2014 reifte in uns der Gedanke, das über 300 Jahre alte Bauernhaus grundlegend zu sanieren. Obwohl ich den Traum eines eigenen Restaurants eigentlich schon lange verworfen hatte, haben wir in dem alten Kuhstall eine Kochschule, ein Restaurant und eine Wagyu-Manufaktur gebaut. Der ursprüngliche Name für diesen kulinarischen Tummelplatz war „MeatingPoint“ – als kleines Wortspiel aus Meat, also Fleisch, und Point für Treffpunkt. Später brachte mich meine Frau darauf, das Ganze STOI zu nennen, also das bayerische Wort für Stall. Das finde ich immer noch grandios, denn es ist bayerisch, hört sich japanisch an und könnte auch ein internationales Fine Dining Restaurant in Sydney, Tokio oder San Francisco sein!
Im STOI machen wir unsere Events, laden auch gerne Gastköche ein, wie Roland Trettl, Harald Wohlfahrt, Thomas Bühner, Tim Mälzer und viele mehr, und machen natürlich auch unsere Kurse, vom Wurstkurs über Dry-Age-Seminare bis hin zu BBQ- und Steak-Workshops. 2019 wurden wir vom Rolling Pin als bestes Gastronomiekonzept Deutschlands ausgezeichnet. Der Best-of-the-Best Award 2019 für den kulinarischen Hotspot Nr. 1 in Deutschland, verliehen von Chef-Sache , ging ebenfalls nach Schergengrub. 2020 wurde ich auf Platz 27 der 100 Best Chefs Germany gewählt.
Wir haben im Lauf der letzten Jahre eine eigene Kochstilistik entwickelt, natürlich nach dem Nose-to-Tail-Prinzip, aber auch mit vielen japanischen Einflüssen, manchmal auch nach dem Prinzip „Weniger ist mehr“, aber immer mit absolutem Respekt vor dem Lebensmittel, vor allem Fleisch.
PS: Im STOI gibt es leider keine veganen Gerichte. 
„Für uns dient die Rinderzucht nicht der Herstellung eines Produkts, sondern sie ist eine Symbiose aus Tier, Natur und Mensch.“
Ich betreibe mit meiner Frau eine ökologische Landwirtschaft. Wir züchten Wagyurinder, Angusrinder und die Kreuzungen daraus. Wir sind Mitglied im Bayerischen Bauernverband, im Bayerischen Fleischrinderverband und im Wagyuverband Deutschland.
Neben der Herdbuchzucht haben wir unsere Rinder vor allem zu einem Zweck: zur Gewinnung von Fleisch. Unser oberster Ansatz ist der ethisch korrekte Umgang mit diesen wunderbaren Nutztieren. Für uns dient die Rinderzucht nicht der Herstellung eines Produkts, sondern ist eine Symbiose aus Tier, Natur und Mensch. Uns geht es nicht primär um Marbling und Tenderness, sondern um das absolute Wohlergehen unserer Tiere. Wir sind ein reiner Grünlandbetrieb mit Mutterkuhhaltung und ganzjährigem Weideaustrieb und besitzen die EU-Bio-Zertifizierung. Wir enthornen unsere Tiere nicht, machen keine Embryonentransfers, sie bekommen keine präventiven Antibiotika und werden nicht mit gentechnisch verändertem Futter gefüttert. Wir halten sie in einem Offenstall auf Stroheinstreu. Unsere Tiere sind vom ersten Moment der Kalbung bis zu ihrer letzten Sekunde vor der Schlachtung bei uns auf dem Hof, und wir haben jeden Schritt selbst in der Hand.
Ich habe irgendwann für mich beschlossen, dass das Wort Leben sowohl im Lebensmittel als auch beim Lebewesen die alleroberste Priorität hat. Eigentlich muss ein Rind nur all das spüren können, was essenziell ist: Wind, Wasser, Erde, frische Luft. Das ist meine Vorstellung von Nutztierhaltung, und diese ist nicht sonderlich aufwendig.
Eigentlich sind wir die faulsten Bauern, die es gibt, weil wir uns so wenig wie möglich in die Prozesse einmischen. 
Seit zehn Jahren mache ich nun schon Kochkurse zum Thema Fleisch, BBQ, From Nose to Tail etc., und jedes Mal kommt von den Teilnehmern dieselbe Frage: „Hey Lucki, wie macht man eigentlich das perfekte Steak?“
Ich antworte dann meistens darauf: Wenn man das in einem Satz erklären könnte, würden wir nicht den ganzen Tag für einen Kochkurs benötigen, sondern einfach ein Stück Fleisch würzen, von beiden Seiten anbraten und auf die perfekte Kerntemperatur garen.
Um aber die richtige Antwort auf diese Frage zu geben, muss ich viel, viel weiter ausholen. Wenn ich über Fleisch rede, rede ich nie von einem Produkt, sondern immer von einem LEBENsmittel. Das perfekte Stück Fleisch oder das perfekte Steak ist ein Zusammenspiel vieler einzelner Faktoren.
Ich bezeichne es immer als das Beef-Getriebe. Ähnlich wie bei einem Getriebe müssen viele kleine Zahnrädchen ineinandergreifen. Von A bis Z, also von Aufzucht bis Zubereitung, muss alles stimmen, und dann erhält man das perfekte Steak. Zu diesen Zahnrädchen gehören:
Aufzucht, Rasse, Genetik, Fütterung, Kastration, Alter, Geschlecht, Tötung, Zerlegung, Lagerung, Reifung, Zubereitung
Wenn nur einer dieser Punkte nicht perfekt ist, ist es wie beim Getriebe: Der Motor läuft nicht rund. Ich habe mich in den letzten 15 Jahren intensiv mit der Fleischrinderzucht beschäftigt und war Pionier der ökologischen Wagyu-Rinderzucht in Europa. Im Lauf dieser Zeit habe ich viele absolute Experten kennengelernt, mit denen ich heute sehr eng zusammenarbeite und die mir zu guten Freunden geworden sind.
Jeder von ihnen hat einen Beitrag für dieses Getriebe aus seinem Spezialgebiet verfasst:
Dr. Benjamin Junck: |
Rasse, Genetik & Aufzucht |
Dr. Bruno Siegmund: |
Geschlecht, Kastration und Auswirkung auf die Fleischqualität |
Lea Trampenau: |
Schlachtung und Tod |
David Pietralla: |
Woraus besteht ein Steak? |
Ronny Paulusch: |
Fleischreifung |
Florian Knecht: |
BBQ und andere Grillvarianten |
Ludwig Maurer: |
ZZZ – Zucht, Zerlegung und Zubereitung |
Mit dem Wissen dieser Experten, oder besser gesagt: den „Lucky Seven“, ist es viel einfacher, die Frage nach dem perfekten Steak zu klären und zu verstehen, wie wichtig die einzelnen Zahnräder sind. 
Читать дальше