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Eine Wettbewerbssituation entsteht typischerweise „unter der Bedingung von Knappheit“: Nicht alle Bewerber, die einen bestimmten tatsächlichen oder rechtlichen Vorteil anstreben, können unter den Gegebenheiten mit ihrem Begehren zum Zuge kommen; mit der Verwirklichung seines Zieles nimmt der erfolgreiche Bewerber Mitbewerbern die Chance, ihr gleichsinniges Ziel zu erreichen.[5] Im Sozial- und Rechtssystem des öffentlichen Dienstes wird es sich bei den knappen Gütern vornehmlich um freie und besetzbare Planstellen, aber auch um Dienstposten – d.h. um Ämter im konkret-funktionellen Sinne[6] – handeln; ebenso kann es aber z.B. um die umstrittene Zuweisung einer Wohnung gehen, über die die Dienststelle verfügt.[7]
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Sofern der in einer Wettbewerbssituation angelegte Konflikt zwischen mindestens zwei Konkurrenten nicht anderweit zu beheben ist und sofern die Verwaltung ihr Vorhaben nicht nachträglich aus sachlichen Gründen aufgibt, führt das Konfliktverhalten der Beteiligten unvermeidlich zur Notwendigkeit einer Auswahlentscheidung, nämlich einer Ernennungs- oder einer Verwendungsentscheidung[8] durch den Dienstherrn.
14
Von einer „ Ernennungsentscheidung“ soll die Rede sein, wenn die Rechtshandlung, die das Auswahlverfahren beendet, durch eine – statusrechtlich relevante – Ernennung[9] „rechtsverbindlich umgesetzt“[10] wird.
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Übersicht: Ernennungsentscheidungen
Ernennungsentscheidungen des Dienstherrn können veranlasst sein bei
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der Begründung eines Widerrufsbeamtenverhältnisses, |
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der Begründung eines Beamtenverhältnisses auf Probe oder der Umwandlung eines anderen Beamtenverhältnisses in ein solches auf Probe, sei es, dass die Probezeit „zur späteren Verwendung auf Lebenszeit“, sei es, dass sie „zur Übertragung eines Amtes mit leitender Funktion“ abgeleistet wird (vgl. auch § 10 Abs. 3 BBG, § 8 Abs. 3 BeamtStG), |
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der Begründung eines Proberichterverhältnisses (vgl. auch § 12 Abs. 1 DRiG), |
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der Begründung eines Beamtenverhältnisses auf Lebenszeit, |
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der Begründung eines Richterverhältnisses auf Lebenszeit, |
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der Begründung des Dienstverhältnisses eines Berufssoldaten oder eines Soldaten auf Zeit, |
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der Umwandlung des Dienstverhältnisses eines Soldaten auf Zeit in dasjenige eines Berufssoldaten oder umgekehrt oder |
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der Beförderung eines Beamten, eines Soldaten oder eines Richters. |
Hinweis:
Die Richter kraft Auftrags (vgl. §§ 8, 14 DRiG) sind beiseitegelassen, weil es Wettbewerbe um die Einstellung in dieses Rechtsverhältnis kaum geben wird.
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Wo der Grundsatz der Ämterstabilität[11] bzw. der Stabilität der rechtlichen Stellungvon vornherein und grundsätzlich nicht berührt ist, wo es mit anderen Worten um Konkurrenzen geht, die (nur) die Einweisung in einen bestimmten, gewöhnlich durch Dienstpostenbeschreibung konkretisierten Pflichtenkreis betreffen und deren – in welcher Form auch immer geschehende – Klärung und Lösung durch den Dienstherrn im Nachhinein wieder rückgängig gemacht werden kann, erscheint es – auch zur Vermeidung von Missverständnissen – sinnvoll, den Unterbegriff „ Verwendungsentscheidung“ zu wählen, so z.B. auch dann, wenn die Vergabe eines Beförderungsdienstpostens – und nicht schon diejenige eines Beförderungsamtes – umstritten ist.
[1]
Es ist zu beachten, dass die Worte „Wettbewerb“ bzw. „Konkurrenz“ bei der Darstellung der vorstehend unter B II 2 a) und b) zur Sprache gebrachten Anstrengungen verschiedener Dienstherren um die jeweilige Rekrutierung von Nachwuchs im Interesse begrifflicher Klarheit nicht verwendet sind. Siehe dazu auch die folgende Fußnote.
[2]
Von einem „Wettbewerb im öffentlichen Dienst“ im Sinne einer Konkurrenz zwischen mehreren Dienstnehmern auf der einen Seite und einem Dienstherrn auf der anderen Seite, wie er eigentlich Gegenstand dieses Buches sein soll, unterscheiden sich Fallgestaltungen, bei denen ein Dienstherr einem Dienstnehmer eine Nebentätigkeitsgenehmigung versagt oder eine solche widerruft, weil er im dienstlichen Interesse selbst in der betreffenden Angelegenheit tätig werden möchte (siehe dazu aber Kap. 11 Rn. 5).
[3]
BVerwG NVwZ 2003, 1397 (juris Rn. 13).
[4]
BVerwGE 111, 318 (juris Rn. 13), u.a. unter Bezugnahme auf BVerwG DVBl. 1994, 112 (juris Rn. 12).
[5]
Luhmann S. 521 ff. Vgl. auch BVerwGE 138, 102 (juris Rn. 23): Jede Benachteiligung oder Bevorzugung eines Bewerbers wirke sich auf die Erfolgsaussichten der Mitbewerber aus.
[6]
Schnellenbach/Bodanowitz BeamtR § 3 Rn. 10 f.
[7]
Siehe dazu 12. Kap. Rn. 1 ff.Ergänzender Hinweis zu 11. Kap. Rn. 5 ff.: Hier werden auch bestimmte Konkurrenzen zwischen Dienstherrn und Beamten mitberücksichtigt.
[8]
Die Terminologie folgt dem Vorbild des § 3 Abs. 2 SG.
[9]
Schnellenbach/Bodanowitz BeamtR § 3 Rn. 1 ff.
[10]
Vgl. BVerwGE 138, 102 (juris Rn. 26). Zum wesentlichen Inhalt dieser höchstrichterlichen Entscheidung siehe Anhang 3 Rn. 4 ff.
[11]
Vgl. auch insoweit BVerwGE 138, 102 (juris Rn. 30) m.w.N. sowie Anhang 3 Rn. 1.
1. Kapitel Einführung› C. Elemente eines Wettbewerbs im öffentlichen Dienst› II. Auswahlziel
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Jede Auswahl hat sich grundsätzlich an Zielvorstellungen auszurichten und – erwünschte oder unerwünschte – Nebenfolgen zu bedenken. Für Auswahlentscheidungenim öffentlichen Dienst muss das öffentliche Interessean der jeweils bestmöglichen Stellenbesetzung richtungweisend sein.[1] ,[2] Aspekte einer effektiven Personalentwicklung können dementsprechend auch nur bei Beachtung dieses Rahmens – in den Grenzen des verfassungsrechtlich Zulässigen – in den Kreis der Erwägungen einbezogen werden (siehe dazu z.B. §§ 46, 47 BLV). Das Anliegen, Bewerbern, insbesondere mit Rücksicht auf die Fürsorge- und Schutzpflicht des Dienstherrn (§ 78 BBG, § 45 BeamtStG), soweit dienst- und haushaltsrechtlich möglich, berufliche Förderung angedeihen zu lassen, ist der höchstrichterlichen Rechtsprechung[3] zufolge zwar berücksichtigungsfähig, jedoch allenfalls nachrangig.
[1]
BVerwGE 138, 102 (juris 21). Vgl. auch BVerwG v. 13.7.2015 – 1 WB 12/15 – NZWehrr 2015, 257 (juris Rn. 23): „Die Normen des Beamtenrechts, die Ausschreibungen vorsehen (§ 8 BBG, § 4 BLV) gelten nicht für Soldaten. Art. 33 Abs. 2 GG und § 3 Abs. 1 SG, die für die Besetzung höherwertiger Dienstposten gelten, lassen das Verfahren offen, mittels dessen der materielle Grundsatz der Bestenauslese umgesetzt wird; das für Soldaten praktizierte Verfahren einer durch die personalentscheidenden Stellen von Amts wegen durchgeführten Bestenauslese ist dabei als solches rechtlich nicht zu beanstanden.“
[2]
Hier kann es sich fragen, ob das öffentliche Interesse an einer baldmöglichen Stellenbesetzung mit dem aus fachlicher Sicht bestgeeigneten, jedoch zurzeit in einem Ermittlungsverfahren etwa dem Vorwurf einer fahrlässigen Körperverletzung ausgesetzten Beförderungsbewerber es rechtfertigen bzw. zulassen kann, die Beförderung eben jenes Bewerbers nächstens vorzunehmen, statt sie zunächst zurückzustellen (vgl. dazu BlnBbgOVG v. 29.1.2018 – OVG 4 S 41.17 – juris Rn. 42 mit Hinweis auf Schnellenbach/Bodanowitz BeamtR § 3 Rn. 68), ferner, ob und inwieweit ein Konkurrent die Beförderung eines Mitbewerbers – ungeachtet der Annahme des Dienstherrn, dass das gegen den Mitbewerber laufende Ermittlungsverfahren keinen Hinderungsgrund darstelle – überhaupt mit der (unter Umständen auch anmaßenden) Begründung problematisieren kann, dass der ausgewählte Bewerber „persönlich ungeeignet“ sei.
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