2. Kapitel Voraussetzungen für die Bildung von Pensionsrückstellungen in der Steuerbilanz (1. Prüfstufe)› E. „Nur-Pensionszusagen“› IV. BFH-Urteil vom 28.4.2010
IV. BFH-Urteil vom 28.4.2010
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Dieser Auffassung der Finanzverwaltung stellte sich der BFH mit Urteil vom 28.4.2010[8] entgegen. Er bestätigte die im Urteil vom 9.11.2005[9] vertretene Auffassung und hielt dabei gleichzeitig fest, dass dies entgegen der Verwaltungsauffassung[10] sei. In diesem Urteil unterscheidet der BFH sehr dezidiert und strukturiert die zwei Prüfstufen. Zunächst ist auf der 1. Stufe zu prüfen, ob gegen die Voraussetzungen des § 6a EStGverstoßen wird. Im Fall der Nur-Pension ist dies der Fall, wenn ein Verstoß gegen § 6a Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 Satz 4 i.V.m. Nr. 2 Halbsatz 2 EStG und die daraus abzuleitenden sog. Überversorgungsgrundsätze vorliegt, d.h. wenn künftige Steigerungen oder Minderungen der Pension am Bilanzstichtag berücksichtigt werden. In dem vom BFH zu beurteilenden Fall war der Versorgungsfall jedoch bereits eingetreten, weshalb eine Vorwegnahme künftiger Entwicklungen nicht mehr vorliegen konnte. Das bedeutet, dass in der Rentenbezugsphase kein Verstoß gegen § 6a EStGvorliegt und daher entsprechend Rückstellungen zu bilden sind.[11] Allerdings ist dann auf der 2. Stufe (verdeckte Gewinnausschüttung – Körperschaftsteuer) insoweit eine außerbilanzielle Korrektur vorzunehmen, als die Pensionszahlungen zu Minderungen des Unterschiedsbetrags nach § 4 Abs. 1 Satz 1 EStG i.V.m. § 8 Abs. 1 KStG geführt haben. In diesem Zusammenhang ist auch noch zu beachten, dass die Rückstellungen während der Rentenbezugsphase gewinnerhöhend aufgelöst werden und damit gegenläufig den als vGA anzusetzenden Unterschiedsbetrag nach § 4 Abs. 1 Satz 1 EStG i.V.m. § 8 Abs. 1 KStG mindern.
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Im Ergebnis ergibt sich nach Ansicht des BFH somit Folgendes: Eine „Nur-Pension“ führt grundsätzlich zur Überversorgung nach § 6a EStGmit der Folge, dass keine Pensionsrückstellungen in der Steuerbilanz zu bilden sind. Sind die Voraussetzungen des § 6a EStGerfüllt, wie das z.B. während der Rentenbezugsphase gegeben ist, erfolgt eine weitere Prüfung auf der 2. Stufe. Die entsprechende Korrektur würde dann außerbilanziell erfolgen.[12] Eine Ausnahme hiervon ist nur gegeben, wenn dem Versorgungsversprechen der Nur-Pension eine „echte“ Barlohnumwandlung zugrunde liegt und bspw. durch eine Rückdeckungsversicherung abgesichert ist. Darüber hinaus würde sich nach Ansicht des BFH ein gedachter fremder Dritter (sog. doppelter Fremdvergleich) auf eine solche Gestaltung (Nur-Pension aus „echter“ Barlohnumwandlung) nur einlassen, wenn er anderweitig über ausreichende laufende Einkünfte verfügt. Dazu führt der BFH dezidiert aus, dass dies auf der 1. und 2. Stufe gilt.[13] Die Finanzverwaltung folgte mit dem BMF-Schreiben vom 13.12.2012[14] der Rechtsprechung bezüglich der bilanzsteuerrechtlichen Beurteilung (1. Prüfstufe). Damit entfällt die Bildung von Pensionsrückstellungen in der Steuerbilanz für sog. Nur-Pensionen“, sofern sie nicht auf einer ernsthaft vereinbarten Entgeltumwandlungsvereinbarung beruhen. Das BMF-Schreiben vom 16.6.2008 (Nichtanwendungserlass) wurde aufgehoben.
2. Kapitel Voraussetzungen für die Bildung von Pensionsrückstellungen in der Steuerbilanz (1. Prüfstufe)› E. „Nur-Pensionszusagen“› V. Fazit
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Einerseits ist es zu begrüßen, dass durch das BMF-Schreiben zumindest auf der 1. Prüfstufe für Klarheit gesorgt wurde. Leider geht das Schreiben nicht auf die 2. Prüfstufe ein. U.E. ist jedoch – i.V.m. den Ausführungen des BFH im Urteil vom 28.4.2010 – die steuerliche Anerkennung einer Nur-Pension auf der 1. und 2. Prüfstufe gegeben, sofern es sich um „echte“ Barlohnumwandlung mit entsprechender Absicherung der Pension durch eine die Zusage vollständig abdeckende Rückdeckungsversicherung handelt und der Versorgungsberechtigte anderweitig über ausreichende laufende Einkünfte verfügt. Hinsichtlich der Definition einer „echten“ Barlohnumwandlung bleibt sicher ein entsprechender Ermessensspielraum. I.d.R. wird eine „echte“ Barlohnumwandlung nur gegeben sein, wenn über einen längeren Zeitraum bezahlte Aktivbezüge vollumfänglich in eine Pension in Form der beitragsorientierten Leistungszusage umgewandelt werden. Da sich die Finanzverwaltung jedoch nicht zur 2. Prüfstufe geäußert hat, empfiehlt es sich bei geplanter Vereinbarung einer Nur-Pension für einen Gesellschafter-Geschäftsführer, diesen Sachverhalt durch eine verbindliche Anfrage von der zuständigen Finanzverwaltung klären zu lassen, um entsprechende Rechtssicherheit zu erlangen.
[1]
Vgl. BFH vom 18.12.1962, BStBl III 1963, 99.
[2]
Vgl. BFH vom 21.2.1974, BStBl II 1974, 363 und BFH vom 28.10.1987, BFH /NV 1989, 131.
[3]
Vgl. BFH vom 17.5.1995, GmbHR 1995, 906.
[4]
Vgl. BMF-Schreiben vom 28.1.2005, BetrAV 2005, 161.
[5]
Vgl. BFH vom 9.11.2005, BStBl II 2008, 523.
[6]
Vgl. BMF-Schreiben vom 3.11.2004, BStBl I 2004, 1045.
[7]
Vgl. BMF-Schreiben vom 16.6.2008, BStBl I 2008, 621.
[8]
Vgl. BFH vom 28.4.2010, DB 2010, 1617.
[9]
Vgl. BFH vom 9.11.2005, BStBl II 2008, 523.
[10]
Vgl. BMF-Schreiben vom 16.6.2008, BStBl I 2008, 621.
[11]
Vgl. BFH vom 28.4.2010, DB 2010, 1617, Rn. 23.
[12]
Vgl. BFH vom 28.4.2010, DB 2010, 1617; Rn. 53.
[13]
Vgl. BFH vom 28.4.2010, DB 2010, 1617; Rn. 23 i.V.m. Rn. 53.
[14]
Vgl. BMF-Schreiben vom 13.12.2012, BStBl I 2013, 35.
3. Kapitel Rechtliche Stellung des Gesellschafter-Geschäftsführers
3. Kapitel Rechtliche Stellung des Gesellschafter-Geschäftsführers
A. Sozialversicherungsrechtliche Stellung161 – 174
I. Geschäftsführer mit einer Kapitalbeteiligung von mindestens 50 % oder gesellschaftsvertragliche Sperrminorität162 – 164
II. Geschäftsführer mit einer Kapitalbeteiligung unter 50 % (ohne gesellschaftsvertragliche Sperrminorität) oder ohne Kapitalbeteiligung (Fremdgeschäftsführer)165 – 171
III. Zusammenfassung172 – 174
B. Arbeitsrechtliche Stellung175 – 196
C. Steuerrechtliche Stellung197 – 217
I. Allgemeines197 – 203
II. Steuerliche Beherrschung204 – 217
D. Privatrechtliche Insolvenzsicherung durch rechtssichere Verpfändung218 – 250
I. Allgemeines218, 219
II. Privatrechtliche Lösung zur Insolvenzsicherung220 – 230
1. Verpfändungsmodell in der Insolvenz226
2. Insolvenzverfahren vor Pfandreife227, 228
3. Insolvenzverfahren nach Pfandreife229, 230
III. Voraussetzungen für eine wirksame Verpfändung231 – 242
1. Wirksames Zustandekommen der Pensionszusage232
2. Wirksamer Abschluss der Rückdeckungsversicherung233
3. Zivilrechtlich wirksame Verpfändungsbestellung234
4. Genaue Bezeichnung des Pfandgläubigers und des Versorgungsschuldners235
5. Genaue Bezeichnung der Pensionszusage236
6. Genaue Bezeichnung des Sicherungsgegenstands237
7. Bezeichnung der nachrangigen Pfändungsgläubiger (bei Hinterbliebenenzusagen) mit Hinweis auf die Rangfolge238
8. Unterschrift des Versorgungsschuldners239
9. Unterschrift der Pfandgläubiger240
10. Anzeige der (wirksamen) Verpfändungsvereinbarung an den Versicherer241
11. Sonstiges242
IV. Spezielles – Steuerunschädliche Widerrufsvorbehalte243 – 250
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Wie im 2. Kapiteldargestellt, ist der Ausweis von Pensionsrückstellungen in der Steuerbilanz nur dann möglich, wenn die allgemeinen Voraussetzungen des § 6a EStGerfüllt sind. Diese erste Prüfstufe gilt sowohl für Pensionszusagen an fremde Dritte (auch Fremdgeschäftsführer) als auch für Pensionsvereinbarungen, die mit Gesellschafter-Geschäftsführern getroffen wurden. Darüber hinaus ist bei Gesellschafter-Geschäftsführern (nicht bei Fremdgeschäftsführern) in einem zweiten Schritt zu prüfen, ob die erteilte Pensionszusage betrieblich oder gesellschaftlich veranlasst ist. Die betriebliche oder gesellschaftliche Veranlassung wird von der Rechtsprechung und der Finanzverwaltung an bestimmten Kriterien festgemacht.
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