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3. Allgemeine Verfassungsbeschwerde zum BVerfG?
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Rechtsschutz in Form der allgemeinen Verfassungsbeschwerde (Art. 93 Abs. 1 Nr. 4a GG, §§ 90 ff. BVerfGG) können Gemeinden regelmäßig nicht in Anspruch nehmen, da sie sich als Träger der öffentlichen Verwaltung nicht auf Grundrechte berufen können. Eine Ausnahme hiervon gilt lediglich dann, wenn es um die Geltendmachung von Justizgrundrechten geht (Art. 101, 103 GG).
[1]
BVerfG Beschluss vom 27.11.1978 – 2 BvR 165/75; BVerfGE 50, 50-56.
[2]
Magen Die Garantie kommunaler Selbstverwaltung, JuS 2006, 404.
[3]
BVerfG Beschluss vom 23.11.1988 – 2 BvR 1619/83; BVerfGE 79, 127-161.
[4]
BVerfG Urteil vom 14.12.1990 – 7 C 37/89; BVerwGE 87, 228-236.
[5]
BeckOK KommR Baden-Württemberg/ Pflumm , 4. Ed. 1.11.2018, GemO § 1 Rn. 3–7.
[6]
BVerfG Beschluss vom 26.10.1994 – BvR 445/91; BVerfGE 91, 228-245.
[7]
Magen Die Garantie kommunaler Selbstverwaltung, JuS 2006, 404.
4. Teil Aufgaben der Gemeinde
Inhaltsverzeichnis
A. Weisungsfreie Aufgaben: Freiwillige Aufgaben und weisungsfreie Pflichtaufgaben
B. Weisungsaufgaben
C. Bundesauftragsangelegenheiten
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Die Aufgaben der Gemeinden werden gemäß § 2 GemO in freiwillige Aufgabenund Pflichtaufgabenunterteilt, je nachdem, ob die Gemeinde kraft staatlichem Hoheitsakt zu deren Erfüllung verpflichtet ist oder ob es ihr frei steht, sich deren anzunehmen.
Beispiel
Der Bau und der Betrieb eines örtlichen Heimatmuseums ist eine freiwillige Aufgabe der Gemeinde. Hingegen ist die Gemeinde gem. § 3 Abs. 1 Feuerwehrgesetz verpflichtet, eine Feuerwehr vorzuhalten („Jede Gemeinde hat auf ihre Kosten eine den örtlichen Verhältnissen entsprechende leistungsfähige Feuerwehr aufzustellen, auszurüsten und zu unterhalten.“).
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Lassen Sie sich durch die beiden unterschiedlichen Differenzierungsmethoden (freiwillige Aufgaben – Pflichtaufgaben bzw. weisungsfreie und weisungsgebundene Aufgaben) nicht verwirren. Machen Sie sich anhand des Schaubilds und den nachfolgenden Ausführungen die Unterschiede klar!
Innerhalb der Pflichtaufgaben differenziert § 2 Abs. 2 und 3 GemO weiter zwischen solchen, die weisungsfreiausgeführt werden können und solchen, bei denen auch die Art der Ausführung der staatlichen Weisung obliegt (sog. Weisungsaufgaben). Anknüpfend an die letztgenannte Differenzierung werden die Arten der gemeindlichen Aufgaben – etwa in § 118 GemO – auch in weisungsfreien Angelegenheiten(= freiwillige Aufgaben und weisungsfreie Pflichtaufgaben) und Weisungsangelegenheiten(= Pflichtaufgaben) eingeteilt.
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Möglichkeiten der Differenzierung gemeindlicher Aufgaben
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nach Freiwilligkeit der Übernahme |
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• |
nach Weisungsgebundenheit der Gemeinde |
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4. Teil Aufgaben der Gemeinde› A. Weisungsfreie Aufgaben: Freiwillige Aufgaben und weisungsfreie Pflichtaufgaben
A. Weisungsfreie Aufgaben: Freiwillige Aufgaben und weisungsfreie Pflichtaufgaben
4. Teil Aufgaben der Gemeinde› A. Weisungsfreie Aufgaben: Freiwillige Aufgaben und weisungsfreie Pflichtaufgaben› I. Freiwillige Aufgaben
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Freiwillige Aufgaben sind – der Name legt es bereits nahe – solche, zu deren Erfüllung die Gemeinde nicht verpflichtet ist, die sie also übernimmt, ohne dass hierzu eine gesetzliche Verpflichtung besteht. Die Übernahme freiwilliger Aufgaben ist den Gemeinden aufgrund der Selbstverwaltungsgarantie grundsätzlich bereits gestattet. Daher werden die freiwilligen Aufgaben und die Berechtigung zu deren Übernahme in § 2 GemO nicht extra benannt. Die Gemeinden haben insoweit ein sog. Aufgabenfindungsrecht. Begrenzt ist die Möglichkeit der Aufgabenfindung in mehrerlei Hinsicht. Zum einen kann die Gemeinde grundsätzlich nur auf ihrem Hoheitsgebiet tätig werden und sich insoweit nur Aufgaben der örtlichen Gemeinschaft annehmen. Zum anderen muss die Gemeinde bei der Übernahme von freiwilligen Aufgaben stets ihre finanzielle Leistungsfähigkeit im Blick haben. Ausdrücklich normiert ist diese Beschränkung in § 10 Abs. 2 GemO, der den Gemeinden „in den Grenzen ihrer Leistungsfähigkeit“ die Schaffung öffentlicher Einrichtungen (= freiwillige Aufgabe) erlaubt.
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Darüber hinaus darf sich eine Gemeinde nur dann freiwilligen Aufgaben zuwenden, wenn zuvor die Erfüllung der ihr obliegenden Pflichtaufgaben gewährleistet ist. Weil die freiwilligen Aufgaben im Rahmen der Selbstverwaltungsgarantie kraft freier Willensentscheidung übernommen werden können, handelt es sich bei ihnen stets um Selbstverwaltungsangelegenheiten und nicht um staatliche Aufgaben.
Beispiel
Beispiele für freiwillige Aufgabenbereiche der Gemeinden sind Jugendhaus, Gemeindehalle, Theater, Museum, Freibad, öffentliche Einrichtungen der Daseinsvorsorge, Städtepartnerschaften etc.
4. Teil Aufgaben der Gemeinde› A. Weisungsfreie Aufgaben: Freiwillige Aufgaben und weisungsfreie Pflichtaufgaben› II. Weisungsfreie Pflichtaufgaben
II. Weisungsfreie Pflichtaufgaben
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Nach der Legaldefinition des § 2 Abs. 2 GemO sind Pflichtaufgaben solche, zu deren Erfüllung die Gemeinden durch Gesetz verpflichtet sind. Ist den Gemeinden dabei freigestellt, auf welche Art und Weise sie die Aufgaben erledigen, spricht man von weisungsfreien Pflichtaufgaben.
Beispiel
Zu den weisungsfreien Pflichtaufgaben zählen etwa
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die Straßenbaulast, §§ 9, 44 StrG; |
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die Beleuchtung und das Räumen der Straßen, § 41 StrG; |
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die Errichtung und der Betrieb von Schulen, § 48 SchulG; |
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die Aufstellung von Bauleitplänen, § 1 Abs. 3 BauGB. |
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Gerade wie die freiwilligen Aufgaben werden auch die weisungsfreien Pflichtaufgaben in eigener Verantwortung der Gemeinde ausgeführt. Auch bei ihnen handelt es sich demnach um Selbstverwaltungsangelegenheiten.
Hinweis
Rechtliche Auswirkungen hat die Charakterisierung einer Aufgabe als weisungsfreie Aufgabe für die Frage der gemeindlichen Aufsicht. § 118 Abs. 1 GemO beschränkt die Aufsicht über weisungsfreie Aufgaben auf die Rechtsaufsicht ( Rn. 321 ff.). Überprüft werden kann nur die Rechtmäßigkeit, nicht aber die Zweckmäßigkeit der Aufgabenerfüllung.
Entscheidend ist die Klassifizierung der Aufgabe auch für die Bestimmung der zuständigen Widerspruchsbehörde: Große Kreisstädte und Stadtkreise sind betreffend den weisungsfreien Aufgaben Widerspruchsbehörde nach § 73 Abs. 1 Nr. 3 VwGO i.V.m. § 17 AGVwGO, da sie gem. § 119 GemO nicht der Rechtsaufsicht des Landratsamts unterstehen (zur Unterscheidung von kreisangehörigen Gemeinden, Großen Kreisstädten und Stadtkreisen, Rn. 10 ff.).
4. Teil Aufgaben der Gemeinde› B. Weisungsaufgaben
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Haben die Gemeinden bei der Erfüllung der ihnen kraft Gesetzes zugewiesenen Pflichtaufgaben keinen Spielraum, wie sie diese Aufgaben erledigen, spricht man von weisungsgebundenen Pflichtaufgaben oder kurz von Weisungsaufgaben, § 2 Abs. 3 GemO.
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