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An die öffentliche Bekanntmachung schließt sich die öffentliche Auslegungnach § 3 Abs. 2 S. 1 BauGB an.
Die Monatsfrist für die öffentliche Auslegung ist nach Art. 31 BayVwVfG i.V.m. § 187 Abs. 2 BGB zu berechnen, d.h. anders als bei der öffentlichen Bekanntmachung zählt bei der Auslegung selbst der erste Tag der Auslegung zur Frist hinzu. Es handelt sich hierbei um eine so genannte Ablauffrist.[22] Eine Überschreitung dieser Monatsfrist aus § 3 Abs. 2 S. 1 BauGB ist anders als deren Unterschreitung grundsätzlich unschädlich, da es sich um eine Mindestfrist handelt.[23]
Prägen Sie sich den Unterschied zwischen Ereignis- und Ablauffristen genau ein. Sie benötigen diese Begrifflichkeiten nicht nur im Baurecht, sondern generell im Bereich gesetzlicher Fristbestimmungen. Lernen Sie an dieser Stelle nicht nur baurechtsspezifisch!
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Beginn und Auslegungsende müssen sich der Bekanntmachung entnehmen lassen. Dem wird nach der Rechtsprechung entsprochen, wenn nur der Fristbeginn („Ein Monat ab dem…) datumsmäßig benannt, nicht aber das Ende der Auslegung exakt datumsmäßig bezeichnet wird. Insoweit genügt die ohne Schwierigkeiten sich ergebende Fristberechnung.[24]
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Von der Auslegung an sich ist der Zeitraum zu unterscheiden, in dem die Öffentlichkeit tatsächlich Gelegenheit hat, den ausgelegten Plan einzusehen. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts genügt es, wenn der Plan während der für den Publikumsverkehr bestimmten Zeiten ausliegt. Ein Bereithalten während der gesamten Dienststunden der Gemeindeverwaltung ist nicht erforderlich.[25]
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Während der Auslegung kann sich jedermann zum Planentwurf äußern. Eine konkrete Planbetroffenheit ist nicht vorausgesetzt.[26]
Die während der öffentlichen Auslegung vorgebrachten Anregungen und das Ergebnis muss die Gemeinde mitteilen, § 3 Abs. 2 S. 4 Hs. 2 BauGB. Da § 3 Abs. 2 S. 1 BauGB keine Ausschlussfrist normiert, kann die Gemeinde auch verspätet vorgebrachte Einwendungen und Anregungen prüfen. Es ist ihr aber nach § 3 Abs. 2 S. 2 Hs. 2 BauGB auch unbenommen, diese mit Hinweis auf die Verspätung unberücksichtigt zu lassen.
JURIQ-Klausurtipp
Beachten Sie an dieser Stelle die gedankliche Verbindung von § 3 Abs. 2 BauGB zum Normenkontrollverfahren, § 47 VwGO. Beachten Sie weiter, dass die ursprünglich in § 47 Abs. 2a VwGO geregelte Präklusion in Folge der Entscheidung des EuGH vom 15.10.2015 (Rs. C-137/14)[27] entfallen ist. Lediglich im Bereich des UmwRG besteht diese in § 7 Abs. 3 UmwRG unter den dort genannten Voraussetzungen fort.
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Da der Betroffene letztlich am im Weiteren bekannt gemachten Bauleitplan erkennen kann, wie die Gemeinde mit seinen Anregungen und Bedenken verfahren ist, bleibt eine unterlassene Ergebnismitteilung nach § 3 Abs. 2 S. 4 Hs. 2 BauGB folgenlos. Eine explizite Mitteilung des Prüfungsergebnisses vor dem abschließenden Satzungsbeschluss ist damit nicht erforderlich.[28]
Hinweis
Wird der Entwurf des Bauleitplans nach der Auslegung aufgrund von Anregungen o. ä. geändert oder ergänzt, so ist er nach § 4a Abs. 3 S. 1 BauGB erneut auszulegen und die Stellungnahmen erneut einzuholen.
7. Stellungnahmen der Träger öffentlicher Belange
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Auf die frühe Behördenbeteiligung nach § 4 Abs. 1 BauGB folgt im Weiteren das Verfahren der eigentlichen Behördenbeteiligung nach § 4 Abs. 2 BauGB. Auch das Verfahren der eigentlichen Behördenbeteiligung beschränkt sich nach § 4 Abs. 2 S. 1 BauGB auf die Behörden und Träger öffentlicher Belange, deren Aufgabenbereich durch die Planung berührt ist.
Denken Sie an dieser Stelle auch nochmals daran, dass auch eine von den Auswirkungen der Planung betroffene Nachbargemeinde ein Träger öffentlicher Belange im Sinne von § 4 Abs. 1 und 2 BauGB ist.
JURIQ-Klausurtipp
Prägen Sie sich an dieser Stelle gut ein, dass sowohl die Beteiligung der Öffentlichkeit in § 3 als auch die Beteiligung der Träger öffentlicher Belange in § 4 BauGB zweistufig ausgestaltet ist. Einer frühzeitigen Beteiligung schließt sich stets das eigentliche Beteiligungsverfahren in §§ 3 Abs. 2, 4 Abs. 2 BauGB an.
Die eigentliche Beteiligung der Träger öffentlicher Belange kann dabei nach § 4a Abs. 2 BauGB zeitgleich mit der Auslegung des Bauleitplans nach § 3 Abs. 2 BauGB vorgenommen werden.
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Wird ein Träger öffentlicher Belange, dessen Aufgabenbereich offenkundig berührt ist, nicht am Verfahren beteiligt, verstößt die Planung sowohl gegen § 4 Abs. 1 BauGB als auch gegen die eigentliche Behördenbeteiligung nach § 4 Abs. 2 BauGB. In den §§ 214 ff. BauGB werden wir die Folgen derartiger Verstöße kennenlernen.
Beispiel
Bei einer Planung für einen Bebauungsplan in einem möglichen Hochwassergebiet wird das Wasserwirtschaftsamt von der planenden Gemeinde nicht am Verfahren beteiligt. Da die Beteiligung vom Aufgabengebiet naheliegend erscheint, liegt ein Verstoß gegen die Vorschriften der §§ 4 Abs. 1 und 2 BauGB vor. Darüber hinaus ist bereits an dieser Stelle an ein mögliches Abwägungsdefizit nach § 2 Abs. 3 BauGB zu denken.
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Die in ihrem Aufgabenbereich berührten Träger öffentlicher Belange haben dabei nach § 4 Abs. 2 S. 2 Hs. 1 BauGB ihre Stellungnahmen innerhalb eines Monats abzugeben, wobei diese Frist nach § 4 Abs. 2 S. 2 Hs. 2 BauGB bei Vorliegen eines wichtigen Grundes angemessen verlängert werden kann. An dieser Stelle gilt es nun im Hinblick auf die Monatsfrist (Ereignisfrist[29]) in § 4 Abs. 2 S. 2 Hs. 2 BauGB die Präklusionsvorschriftin § 4a Abs. 6 S. 1 BauGB zu beachten.
Kommentieren Sie sich den § 4a Abs. 6 BauGB zu § 4 Abs. 2 BauGB, damit Sie die inhaltliche Verknüpfung von Fristlauf und Präklusion nachvollziehen können.
Die in § 4a Abs. 6 S. 1 BauGB geschaffene Präklusionswirkung bedeutet, dass die Gemeinde verspätet eingegangene Stellungnahmen der Träger öffentlicher Belange in einer späteren Abwägungsentscheidung nicht zu berücksichtigen braucht.[30]
Von diesem Grundsatz schafft das Gesetz wiederum in § 4a Abs. 6 S. 1 BauGB eine Ausnahme. Sofern die Gemeinde den Inhalt der verspäteten Stellungnahme kannte bzw. hätte kennen müssen und die verspätete Stellungnahme für den Inhalt des Bauleitplans von Relevanz ist, darf die Gemeinde keine Präklusion annehmen, mit der Folge, dass die Stellungnahme in diesem Fall zwingende Berücksichtigungfinden muss.[31] Berücksichtigt die Gemeinde in dieser Situation die Stellungnahme mit dem bloßen Hinweis auf deren Verspätung nicht, liegt ein Verstoß gegen die Vorschrift des § 4a Abs. 6 BauGB vor. Darüber hinaus müssen Sie an einen (formellen bzw. materiellen) Abwägungsmangel denken.
Beispiel
Wenn im oben genannten Beispiel das Wasserwirtschaftsamt zwar an der Bauleitplanung beteiligt wird, seine Stellungnahme aber verspätet bei der Gemeinde eingeht, werden die grundsätzlichen Bestimmungen in § 4 Abs. 1 und 2 BauGB beachtet. Die Nichtberücksichtigung der Stellungnahme beurteilt sich abschließend nach § 4a Abs. 6 BauGB, d.h. die Gemeinde kann die Stellungnahme im weiteren Verfahrensablauf nur dann unberücksichtigt lassen, wenn sie deren Inhalt nicht kannte bzw. nicht kennen musste (sie sich der Gemeinde als beachtlich aufdrängte) und die wasserwirtschaftlichen Belange für die Planung ohne Relevanz sind.
JURIQ-Klausurtipp
Verwechseln Sie an dieser Stelle bitte nicht die Fälle der völligen Nichtberücksichtigung eines Trägers öffentlicher Belange, dessen Aufgabenbereich berührt ist, und den Fall der Nichtberücksichtigung einer verspätet erhobenen Stellungnahme des Trägers öffentlicher Belange. Wird der Träger öffentlicher Belange gar nicht beteiligt, liegt ein Verstoß gegen § 4 Abs. 1 und § 4 Abs. 2 BauGB vor (ergänzend ist weiter an ein Abwägungsdefizit zu denken). Wird der Träger zwar beteiligt, es bleibt im Folgenden aber seine Stellungnahme unberücksichtigt, so verstößt die Gemeinde möglicherweise gegen § 4a Abs. 6 BauGB bzw. das Gebot gerechter Abwägung.
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