Hinweis
Beachten Sie an dieser Stelle bereits, dass das BauGB in § 3 die Öffentlichkeitsbeteiligung zweistufig vorsieht. Nach der frühen Öffentlichkeitsbeteiligung (§ 3 Abs. 1 BauGB) schließt sich zu einem späteren Zeitpunkt die öffentliche Planauslegung nach § 3 Abs. 2 BauGB an.
Nach § 3 Abs. 1 BauGB sollen die Bürger über Ziele, Zwecke und Auswirkungen der Planung sowie über etwaige Planungsalternativen unterrichtet werden. Das Gesetz verlangt eine öffentliche, d.h. der Allgemeinheit zugängliche Unterrichtung. Es handelt sich hierbei nicht um eine bloße Präsentation und Information; an der Planung Interessierten muss Gelegenheit gegeben werden, sich zu äußern.[12] Auch beispielsweise Umweltverbände fallen unter die Regelung in § 3 BauGB, wie § 3 Abs. 3 BauGB mit dem Verweis auf das UmwRG bestätigt. Die weitere Ausgestaltung der vorzeitigen Bürgerbeteiligung überlässt das Gesetz der Gemeinde.
Von der Unterrichtung und Erörterung kann abgesehen werden, wenn nach § 3 Abs. 1 S. 3 Nr. 1 BauGB ein Bebauungsplan aufgestellt oder aufgehoben wird und sich dies nicht oder nur unerheblich auf das Plangebiet und seine Nachbargebiete auswirkt. Eine weitere Möglichkeit des Verzichts schafft § 3 Abs. 1 S. 3 Nr. 2 BauGB in Fällen, in denen die Unterrichtung und Erörterung bereits zuvor auf anderer Grundlage erfolgt ist.
Auch wenn die frühzeitige Bürgerbeteiligung zu einer wesentlichen Änderung des Planentwurfs führt, muss sie nicht nochmals durchgeführt werden. Es schließt sich in jedem Fall die öffentliche Auslegung nach § 3 Abs. 2 BauGB an, § 3 Abs. 1 S. 4 BauGB.
4. Frühzeitige Behördenbeteiligung
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Nach § 4 Abs. 1 BauGB sind diejenigen Behörden und Träger öffentlicher Belange entsprechend § 3 Abs. 1 S. 1 Hs. 1 BauGB am Verfahren der Bauleitplanung zu beteiligen, deren Aufgabenbereich durch die Planung berührt werden können.
JURIQ-Klausurtipp
Merken Sie sich, dass das Gesetz in § 4 BauGB nicht die Beteiligung sämtlicher denkbarer Träger öffentlicher Belange fordert, sondern nur für diejenigen eine Verfahrensbeteiligung vorgesehen ist, deren Aufgabenbereich konkretbetroffen ist. Nur das Übergehen solcher tatsächlich im Aufgabenbereich tangierter Träger öffentlicher Belange kann demnach auch einen möglichen Rechtsfehler der Planung darstellen.
Wie die vorzeitige Öffentlichkeitsbeteiligung nach § 3 Abs. 1 BauGB hat auch die frühzeitige Behördenbeteiligung den Sinn, der Gemeinde die Informationen zu beschaffen, die sie benötigt, um eine ordnungsgemäße Abwägungsentscheidung nach § 1 Abs. 7 BauGB treffen zu können. Auch die Vorschrift über die Beteiligung der Behörden und sonstigen Träger öffentlicher Belange ist daher letztlich im Lichte von § 2 Abs. 3 BauGB zu sehen. Um eine umfassende Abwägungsentscheidung nach § 1 Abs. 7 BauGB treffen zu können, muss die planende Gemeinde die Stellen am Verfahren beteiligen, deren Aufgabenbereiche durch die zu treffende Planung berührt werden.[13] Dies stellt § 4 BauGB in seiner zweistufigen Ausgestaltung sicher.
Für die zu beteiligenden Stellen gilt dabei der funktionelle Behördenbegriff.[14] Darunter fallen Stellen, denen die Wahrnehmung öffentlicher Belange übertragen worden ist.
Beispiel
Wasserwirtschaftsamt, Straßenbaubehörde, Naturschutzbehörde; Immissionsschutzabteilung am Landratsamt etc.
Auch die von einer Planungsabsicht betroffene Nachbargemeinde – diese muss nicht unmittelbar angrenzend sein – stellt einen möglichen von Planauswirkungen betroffenen Träger öffentlicher Belange dar.
JURIQ-Klausurtipp
Denken Sie daran, dass eine Nachbargemeinde unter den Begriff eines Trägers öffentlicher Belange im Sinne von § 4 BauGB zu fassen ist. Wird daher eine Nachbargemeinde einerseits durch eine Bauleitplanung hinreichend konkret betroffen und andererseits nicht am Verfahren beteiligt, ist ein Verstoß gegen die Bestimmung des § 4 Abs. 1 BauGB – vorzeitige Behördenbeteiligung – gegeben. Wie sich dieser auswirkt, lernen wir bei der Behandlung der §§ 214 ff. BauGB.
Private Stellen können nur ausnahmsweise unter § 4 Abs. 1 BauGB zu fassen sein, wenn sie konkret mit der Wahrnehmung hoheitlicher Aufgaben und Befugnisse befasst worden sind (Beliehener).[15]
Hinweis
Führt die Äußerung der Träger öffentlicher Belange zu einer Planentwurfsergänzung oder -änderung, so wird nach § 4 Abs. 1 S. 2 BauGB das Verfahren dennoch mit der eigentlichen Beteiligung der Träger öffentlicher Belange nach § 4 Abs. 2 BauGB fortgesetzt.
Nach § 4a Abs. 2 BauGB begegnet es weiter keinen rechtlichen Bedenken, wenn die frühzeitige Öffentlichkeitsbeteiligung und die frühzeitige Behördenbeteiligung gleichzeitig durchgeführt werden.
5. Planentwurfs- und -auslegungsbeschluss
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Auf der Grundlage der frühzeitigen Beteiligung von Öffentlichkeit (§ 3 Abs. 1 BauGB) und Trägern öffentlicher Belange (§ 4 Abs. 1 BauGB) beschließt die Gemeinde im nächsten Planungsschritt über den Planentwurf und dessen Auslegung.
Dieser Offenlegungs- bzw. Auslegungsbeschlussist im BauGB gesetzlich nicht vorgesehen. Sein Fehlen kann daher auch keinen beachtlichen Verfahrensfehler darstellen.[16]
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Gegenstand der öffentlichen Auslegung gemäß § 3 Abs. 2 BauGB ist der aus der Sicht der Gemeinde auslegungsreife Planentwurf mit Begründung (§ 5 Abs. 5 bzw. 9 Abs. 8 BauGB). Wesentliches integrales Element der Begründung und damit ebenfalls auszulegen ist der Umweltbericht nach § 2 Abs. 4, § 2a BauGB.
Ort und Dauer der Auslegung sind nach § 3 Abs. 2 S. 2 BauGB mindestens eine Woche vorher ortsüblich mit dem Hinweis bekanntzugeben, dass Anregungen während der Auslegung vorgebracht werden können. Auf die erweiterte Pflicht der Gemeinde zur Internet-Bekanntmachung, § 4a Abs. 4 BauGB wird hingewiesen.
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Die Wochenfristin § 3 Abs. 2 S. 2 BauGB wird nach Art. 31 BayVwVfG i.V.m. § 187 Abs. 1 BGB berechnet, d.h. der Tag, an dem mit der Bekanntmachung begonnen wird, zählt nicht mit. Es handelt sich hierbei um eine Ereignisfrist.[17] Eine zu kurz erfolgte öffentliche Bekanntmachung kann nach der Rechtsprechung durch eine entsprechend verlängerte tatsächliche Auslegung nach § 3 Abs. 2 S. 1 BauGB geheilt werden.[18]
Die Form der Bekanntmachung beurteilt sich nach Landesrecht. Es gelten die Vorschriften über die Bekanntmachung kommunaler Satzungen entsprechend, Art. 26 Abs. 2 GO i.V.m. BekV.
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Inhaltlich muss die Bekanntmachung den Bauleitplan so bezeichnen, dass der interessierte Bürger den Anstoßerhält, sich über den Plan zu informieren und sich gegebenenfalls am Verfahren zu beteiligen (Anstoßfunktion). Dabei genügt eine (hinreichend geläufige) schlagwortartige Bezeichnung des Plangebiets.[19]
Beispiel
Bebauungsplan Nr. 13 „Hinter der Evangelischen Kirche“; Bebauungsplan „Am Metzgerwäldchen“
Nicht ausreichend, da nicht hinreichend konkretisiert ist der bloße Verweis auf Grundstücks-Flurnummern oder die bloße Nennung einer fortlaufenden Bebauungsplanziffer (Bebauungsplan Nr. 13, 14 …).[20]
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Keinen rechtlichen Bedenken begegnet es, wenn die Gemeinde in ihrer öffentlichen Bekanntmachung den Zusatz wählt, dass Bedenken und Anregungen nur schriftlich oder zur Niederschrift vorgetragen werden können und dass sie die vollständige Anschrift des Einwendungsführers und gegebenenfalls die Bezeichnung des Grundstücks zu enthalten hat. Da die Gemeinde nach § 3 Abs. 2 S. 4 BauGB die Einwendungen prüfen und das Ergebnis mitteilen muss, hat die Gemeinde ein Dokumentationsinteresse im Hinblick auf Einwendung und Einwendungsführer.[21]
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