22
Die „Erfordernisse des militärischen Dienstes“ werden durch die Rspr. i.d.R. als Sicherung der „Funktionsfähigkeit der Bundeswehr“und der „Erfüllung der ihr gestellten Verteidigungsaufgabe“ verstanden.[42] Dies soll schon dann vorliegen, wenn eine Maßnahme geeignet ist, die Erfüllung der Aufgaben der Bw zu gewährleisten.[43]
b) „Gesetzlich begründete Pflichten“
23
Gesetzl. Pflichten des Soldaten finden sich primär in den §§ 7 ff ., aber auch in anderen (Wehr-)Gesetzen, z.B. in der WDO. Die gesetzl. begründeten Pflichten des § 6 Satz 2korrespondieren mit den Pflichten des Soldaten, deren schuldhafte Verletzung ein Dienstvergehendarstellt ( § 23 Abs. 1).[44]
Ohne eine gesetzl. Grundlage darf nicht in ein Grundrecht eingegriffen werden (Art. 19 Abs. 1 Satz 1 GG); eine bloße Dienstvorschrift, die nicht zumindest auf § 7zurückzuführen ist, genügtdieser Anforderung nicht, und zwar unabhängig von der Schwere des Eingriffs.[45]
Gesetzl. begründete Einschränkungen einzelner Grundrechte oder grundrechtsgleicher Rechte für Soldaten werden bei den nachfolgenden Einzelvorschriften kommentiert.[46]
5. Einzelne Grundrechtseinschränkungen
24
Von Einschränkungen ihrer Rechte sind Soldaten insbes. betroffen hins.
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der Freiheit der Meinungsäußerung(Art. 5 Abs. 1 Satz 1, 1. Halbsatz GG) durch die Pflicht zum treuen Dienen ( § 7) und zum Eintreten für die FdGO ( § 8), zur Zurückhaltung bei Äußerungen als Vorg. ( § 10 Abs. 6), zur Kameradschaft( § 12), zur Verschwiegenheit( § 14), durch Verbote bei politischer Betätigung( § 15 Abs. 1, 2 und 4), durch die Pflicht zur Disziplinund zu achtungswürdigem Verhalten ( § 17 Abs. 1und 2) sowie durch die Pflicht, sich als Offz oder Uffz auch nach dem Ausscheiden aus dem Wehrdienst nicht gegen die FdGO zu betätigen (§ 17 Abs. 3, § 23 Abs. 2 Nr. 2), |
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des Rechts auf Freizügigkeit(Art. 11 Abs. 1 GG) durch die Pflicht, in einer Gemeinschaftsunterkunft zu wohnen ( § 18), |
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des Petitionsrechts(Art. 17 GG), soweit es ansonsten das Recht gewährt, Beschwerden in Gemeinschaft mit anderen vorzubringen (§ 1 Abs. 4 WBO), |
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der Versammlungsfreiheit(Art. 8 GG) durch die Pflicht zum Eintreten für die FdGO ( § 8), durch Verbote bei polit. Betätigung ( § 15 Abs. 1und 2), Pflichten zur Disziplinwahrung und zu achtungswürdigem Verhalten als Soldat ( § 17 Abs. 1und 2) und im Übrigen auch durch die Pflicht zum treuen Dienen ( § 7), |
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des Rechts auf körperliche Unversehrtheit(Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG) durch die Pflicht zur Duldung von Maßnahmen zur Gesunderhaltung (§ 17 Abs. 4), |
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der Freiheit der Person(Art. 2 Abs. 2 Satz 2 GG), sofern Freiheitsentzug nach der WDO oder dem WStG hinzunehmen ist. |
[1]
BT-Drs. II/1700.
[2]
Sten. Ber. 5781 (A).
[3]
BT-Drs. II/2140, 4. Zur Kritik gegenüber diesen Überlegungen vgl. Rittau , SG, 78.
[4]
Vgl. zur Kritik von Walz am Wortlaut der Vorschrift die 2. Aufl. mit Hinweis auf Rittau , SG, 78.
[5]
Vgl. BDHE 4, 171 f.
[6]
Vgl. Peine in: Mertens/Papier, HGR, § 65 Rn. 24 m.w.N.
[7]
Vgl. BVerfGE 33, 1. Rechtshistorisch stellt Kokott , in: Sachs, GG, Art. 17a Rn. 3, fest, dass Art. 17a GG (zunächst) eine „Relativierung der Lehre vom besonderen Gewaltverhältnis“ darstellt(e); a.A. Loschelder in: Isensee/Kirchhof, HbdStR, § 202, Rn. 37, der in Art. 17a GG nur eine unergiebige Institutionalisierung der Verhältnisse sieht, die dem Distanzschema folgt, ohne das Näheverhältnis ins Außenrecht transponieren zu wollen.
[8]
BVerwGE 43, 48 (53); BVerwG (EA) 2 WD 1.08 Rn. 33 = BVerwGE 132, 179, bezogen auf Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG. Ebenso (allg.) Bornemann , RuP, 14; Lingens , NZWehrr 1993, 200. Im Ergebnis ebenso Stauf I, § 6 SG Rn. 2.
[9]
Loschelder , aaO., Rn. 1; Peine , aaO., Rn. 1.
[10]
Vgl. Kielmannsegg , aaO. S. 235.
[11]
Vgl. Badura in: Maunz/Dürig, GG, Art. 33 Rn. 61 zu Beamten.
[12]
Vgl. BVerfG, Urt. v. 15.12.1999 – 1 BvR 653/96, NJW 2000 S. 1021-1026.
[13]
So SchAPL, SG, § 6 Rn. 4.
[14]
Vgl. Loschelder, aaO. 46 ff; Peine, aaO., Rn. 40 ff.
[15]
Vgl. Peine , aaO., Rn. 10 m.w.N.
[16]
BVerfG, Beschl. v. 21.12.1977 – 1 BvL 1/75, BVerfGE 47, 46 (79); Loschelder , aaO., Rn. 63 m.w.N.
[17]
Loschelder , aaO. Rn. 68 m.w.N.
[18]
Zutreffend Peine , aaO., Rn. 6.
[19]
BVerfGE 28, 36 [48]; 28, 55 [63]; 44, 197 [202].
[20]
BVerfGE 44, 197 [203]; BVerwGE 86, 321.
[21]
S auch GKÖD I Yk, § 6 Rn. 3. Der Verhältnismäßigkeitsgrds. gilt auch für die Gesetzgebung. Allerdings ist der Gesetzgeber nicht Adressat des § 6.
[22]
Vgl. z.B. BVerfGE 44, 197 (202); BVerfG NZWehrr 1992, 205 (206); BVerwG NZWehrr 1972, 221; BVerwGE 76, 267 = NZWehrr 1985, 113 (114); BVerwGE 83, 60 = NZWehrr 1986, 161 (162); BVerwG NZWehrr 1989, 80 (81); Widmaier , in: Fs für Fürst, 410.
[23]
Vgl. Jarass , in: Jarass/Pieroth, GG, Art. 17a Rn. 7; Kokott , in: Sachs, GG, Art. 17a Rn. 10.
[24]
Das SG ist zweifelsohne ein solches G (BVerwGE 43, 48 [52]; BVerwG [EA] 2 WD 1.08 Rn. 33 = BVerwGE 132, 179).
[25]
Kokott , in: Sachs, GG, Art. 17a Rn. 6.
[26]
Jarass , in: Jarass/Pieroth, GG, Art. 17a Rn. 1 m.w.N.
[27]
Insoweit wird auch hier das Leitbild v. „Staatsbürgers in Uniform“ ausgedrückt.
[28]
Kokott , in: Sachs, GG, Art. 17a Rn. 10; Jarass , in: Jarass/Pieroth, GG, Art. 17a Rn. 1.
[29]
BVerwGE 43, 48.
[30]
So auch Jarass , in: Jarass/Pieroth, GG, Art. 17a Rn. 6. Kokott , in: Sachs, GG, Art. 17a Rn. 13 nimmt ein Zitiergebot an, da Soldaten intensivere Eingriffe hinzunehmen hätten u. die allg. Ausnahme daher nicht gelten könne. Neutral insoweit SchAPL, SG, § 6 Rn. 7, die auf die Rspr. zum nicht greifenden Zitiergebot hinweisen.
[31]
BVerfGE 28, 282; BVerfGE 44, 197.
[32]
Außerhalb eines Wehrdienstverhältnisses ist dies kein Fall des § 6, weil die Best. nur Soldaten betrifft.
[33]
Der Begriff geht auf Beermann zurück, der in den 50er Jahren des letzten Jh. wehrpolit. Berater der SPD war. Vgl. Lexikon Innere Führung, 226.
[34]
Vgl. z.B. BVerwGE 83, 60 = NZWehrr 1986, 161 (162); BVerwG NZWehrr 2006, 209 (211); GKÖD I Yk, § 6 Rn. 1; Stauf I, § 6 SG Rn. 1; Widmaier , in: Fs für Fürst, 410, jew. m.w.N.
[35]
ZDv A-2600/1 Nr. 402.
[36]
Vgl. Walz , NZWehrr 1984, 133; ders. , Rechtliche Grundlagen der Konzeption der Inneren Führung, in: Innere Führung im Meinungsstreit, hrsg. von Rümmer, 1984, 22.
[37]
Vgl. z.B. BVerwGE 76, 363 = NZWehrr 1985, 242; BVerwG NZWehrr 1987, 210; BVerwG NZWehrr 1996, 75; BVerwGE 113, 311 = NZWehrr 1999, 169. Der Beschl. des BVerwG NZWehrr 2006, 209, stellt insoweit eine Ausnahme dar. Vgl. auch BGH NJW 2009, 1360 (1364).
[38]
Vgl. BVerwG, Beschl. v. 17.12.2013 – 1 WRB 2/12 und 3/12, BVerwGE 149, 1-17, Rn. 58.
[39]
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