202
Die Texte sind unpersönlich gehalten, die erste Person wird vermieden. Sondervoten sind nicht vorgesehen,[276] sie sind eine Besonderheit des BVerfG.
203
Die möglichst genaue Bezugnahme auf die verwendeten Normen ist wichtig. Zitiert wird höchstrichterliche, aber auch sonstige Rechtsprechung und einschlägiges Schrifttum.
204
Der Rechtsvergleich spielt dabei keine hervorgehobene Rolle. Urteile des EuGH und des EGMR werden aber, falls einschlägig, heute genauso selbstverständlich zitiert wie Entscheidungen des BVerfG. Über das Europarecht ergeben sich dabei auch ohne unmittelbaren Rechtsvergleich mittelbar Kommunikationsverbindungen zwischen den Verwaltungsprozessordnungen der Mitgliedstaaten. Mitgliedstaatliche Erfahrungen fließen in das Europarecht ein und wirken von da aus wieder zurück in die Mitgliedstaaten.
205
Als Grundlage für die gerichtliche Entscheidung kommt dem Erörterungstermin[277] (§ 87 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 VwGO) bzw. der mündlichen Verhandlung in der Praxis eine wichtige Bedeutung zu. Wesentliches Merkmal des insoweit am Diskurs und Austausch orientierten verwaltungsgerichtlichen Verfahrens in Deutschland sind die Sachverhaltsaufbereitung durch das Gericht im Kontakt mit den Beteiligten sowie das Rechtsgespräch mit den Beteiligten unter Erörterung der Sach- und Rechtslage.
206
Die Vollstreckung verwaltungsgerichtlicher Urteile ist in den §§ 167 bis 172 VwGO geregelt und richtet sich im Übrigen nach den Regeln der ZPO.[278]
207
Urteile und Entscheidungen der Gerichte sind heute in aller Regel gut elektronisch verfügbar. In der Praxis wird dabei überwiegend mit dem quasi-staatlichen juris -System gearbeitet.[279] Daneben stehen zunehmend auch andere, kommerzielle Datenbankangebote zur Verfügung, die u.a. auch Gerichtsentscheidungen der Verwaltungsgerichte verfügbar machen.[280] Die Entscheidungen des BVerwG werden in einer amtlichen Sammlung (BVerwGE) beim Carl Heymanns Verlag herausgegeben. Auch für die Entscheidungen der OVGs bzw. VGHs bestehen amtliche Sammlungen. Zunehmend bauen die Justizverwaltungen der Länder eigene Datenbanken auf, die frei zugänglich sind.
208
Die Entscheidungen der Gerichte werden heute im Übrigen über deren jeweilige Internetseiten in unterschiedlichem Umfang verfügbar gemacht, vereinzelt auch auf Englisch.[281]
c) Wirkungen von Entscheidungen
209
§ 121 Nr. 1 VwGO sieht vor, dass rechtskräftige Urteile die Beteiligten und ihre Rechtsnachfolger binden,[282] soweit über den Streitgegenstand entschieden worden ist (materielle Rechtskraft). Dies setzt die formelle Rechtskraft der Entscheidungen voraus, d.h. den förmlichen Abschluss eines konkreten Verfahrens, das ab formeller Rechtskraft als beendet angesehen werden kann. Die Entscheidung kann dann mit Rechtsmitteln nicht mehr angegriffen werden, sie ist nicht mehr abänderbar. Außer Betracht bleiben dabei die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nach § 60 VwGO und die eng begrenzte Möglichkeit der Wiederaufnahme des Verfahrens im Falle gravierender Fehler nach § 153 VwGO.[283] Auch die Möglichkeit, vor dem BVerfG eine Verfassungsbeschwerde zu erheben, hindert den Eintritt der formellen Rechtskraft nicht.
210
Urteile und Gerichtsbescheide des VG können durch das OVG bzw. den VGH im Wege der Berufung überprüft werden, Urteile des OVG bzw. VGH wiederum durch das BVerwG mit der Revision. In Einzelfällen kann vom VG aus direkt Revision zum BVerwG eingelegt werden (Sprungrevision, § 134 VwGO). Gegen Beschlüsse besteht das Rechtsmittel der Beschwerde. Die Rechtsmittel nach der VwGO sind fristgebunden (Monatsfrist bei Berufung und Revision, zwei Wochen bei Beschwerde).
211
Gegen Entscheidungen des BVerwG stehen keine Rechtsmittel zur Verfügung. Die hier noch mögliche Verfassungsbeschwerde zum BVerfG ist kein Rechtsmittel, sondern ein außerordentlicher Rechtsbehelf.
212
Die VwGO sieht als Rechtsmittel gegen Urteile die Berufung nach §§ 124 ff. VwGO vor, wenn sie von dem VG oder dem OVG zugelassen wird. Die Berufung ist nach § 124 Abs. 2 VwGO nur unter bestimmten, dort aufgezählten Gründen zuzulassen: wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen; wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist; wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat; wenn das Urteil von einer Entscheidung des OVG, des BVerwG, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des BVerfG abweicht und auf dieser Abweichung beruht, oder wenn es um einen Verfahrensmangel geht, auf dem die Entscheidung beruhen kann.
213
Die Revision nach §§ 132 ff. VwGO ermöglicht es, das BVerwG mit der Sache zu befassen. Gegen das Urteil des OVG (§ 49 Nr. 1 VwGO) und gegen Beschlüsse nach § 47 Abs. 5 Satz 1 VwGO steht den Beteiligten die Revision an das BVerwG zu, wenn das OVG, oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung das BVerwG, sie zugelassen hat. Die Revision ist nur unter bestimmten in § 132 VwGO genannten Gründen zuzulassen, u.a. wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat, oder wenn das Urteil von einer Entscheidung des BVerwG, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des BVerfG abweicht, oder wenn es um einen Verfahrensmangel geht, auf dem die Entscheidung beruhen kann. Die Revision kann im Übrigen nur darauf gestützt werden, dass das angefochtene Urteil auf der Verletzung von Bundesrecht oder einer Vorschrift des VwVfG eines Landes, die ihrem Wortlaut nach mit dem VwVfG des Bundes übereinstimmt, beruht. Dies ermöglicht eine Konsolidierung auseinanderlaufender Interpretationen.[284] Das BVerwG ist im Grundsatz an die in dem angefochtenen Urteil getroffenen tatsächlichen Feststellungen gebunden.
214
Ein Urteil ist stets als auf der Verletzung von Bundesrecht beruhend anzusehen, wenn absolute Revisionsgründe bestehen (§ 138 VwGO). Als solche Gründe nennt die VwGO, dass das erkennende Gericht nicht vorschriftsmäßig besetzt war; dass bei der Entscheidung ein Richter mitgewirkt hat, der von der Ausübung des Richteramts kraft Gesetzes ausgeschlossen oder wegen Besorgnis der Befangenheit mit Erfolg abgelehnt war; dass einem Beteiligten das rechtliche Gehör versagt war; dass ein Beteiligter im Verfahren nicht nach Vorschrift des Gesetzes vertreten war, außer wenn er der Prozessführung ausdrücklich oder stillschweigend zugestimmt hat; dass das Urteil auf eine mündliche Verhandlung ergangen ist, bei der die Vorschriften über die Öffentlichkeit des Verfahrens verletzt worden sind oder und schließlich dass die Entscheidung nicht mit Gründen versehen ist.
215
Die Beschwerde nach §§ 146 ff. VwGO steht insbesondere gegen Beschlüsse des VG zur Verfügung, Beschlüsse des OVG bzw. VGH sind in aller Regel nicht anfechtbar. Prozessleitende Verfügungen, Aufklärungsanordnungen, Beschlüsse über eine Vertagung oder die Bestimmung einer Frist, Beweisbeschlüsse, Beschlüsse über die Ablehnung von Beweisanträgen, Beschlüsse über Verbindung und Trennung von Verfahren und Ansprüchen und über die Ablehnung von Gerichtspersonen können nicht mit der Beschwerde angefochten werden (§ 146 Abs. 2 VwGO).
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