Malte Brinkmann - Die Wiederkehr des Übens

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Üben ist eine Praxis, die einen produktiven, verstehenden und kritischen Zugang zu Kultur und zu demokratischen Gemeinschaften ermöglicht. Das Buch unternimmt daher eine Rehabilitierung des Übens als leibliche und geistige, wiederholende und kreative Praxis, mit der ein grundlegendes Verhältnis zu sich, zu Anderen und zur Welt konstituiert wird. Üben und Übung werden in ihren zentralen Strukturen vorgestellt und erfahrungs-, bildungs-, sozial- sowie erziehungstheoretisch ausgewiesen. Dabei wird gezeigt, dass Praxen wie Bewegen, Verstehen, Urteilen, Kritisieren und Unterrichten ein- und ausgeübt werden. Im Üben wird zudem das Verhältnis der Übenden zu sich (trans-)formiert. Leibliche, motorische, geistige, meditative, schulische und didaktische Übungen werden systematisch unterschieden und in ihren unterschiedlichen pädagogischen Feldern analysiert.

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In der Moderne verliert das Üben als Selbstsorge seine ehemals bedeutsame Stellung im pädagogischen Ternar. Üben wird auf methodische, technische und mechanische Funktionen reduziert. Der neuzeitliche Dualismus von Geist (res cogitans) und Körper (res extensa) manifestiert sich in der Trennung von geistigen Übungen (der Urteilskraft, Vernunft) einerseits und leiblichen, motorischen Übungen andererseits, die nun weitgehend getrennt ausgeführt und behandelt werden. Pädagogisch und didaktisch manifestiert sich der neuzeitliche Dualismus in der Unterrichtslehre der Philanthropisten im 18. Jahrhundert über den Herbartianismus des 19. Jahrhunderts bis heute. Übung wird als sekundäre Lernform der Verarbeitung bzw. der Festigung bestimmt, die der Einsicht, dem Verstehen und Erklären nachgeordnet ist. So findet sich bis heute die Übung am Ende der meisten Lehr- und Unterrichtsstunden, nach Einstieg, Erarbeitung und Anwendung ( картинка 129 Kap. 7).

Die Übungstechnologien der »Schwarzen Pädagogik« im 19. Jahrhundert sollen durch Drill, mechanisches Pauken und stumpfes Automatisieren disziplinieren und normieren (vgl. Rutschky 1984). Reformpädagogische Methodik lockert die Übungsmethoden auf und differenziert sie erheblich, kann aber nicht verhindern, dass Übungen in der Schule im Abseits stehen, meist als Nachbeschäftigung zuhause in Form von Hausaufgaben. Reformpädagogik hat entgegen der landläufigen Meinung, hier handele es sich um eine natürliche, kindgerechte Pädagogik (Oelkers 2005), einen machtförmigen, normalisierenden Einschlag. Ich werde auf diese romantisch-religiösen und zugleich rassistischen und positivistischen Tendenzen am Beispiel der Pädagogik Montessoris in Kapitel 8.1.1 eingehen (vgl. Brinkmann 2013a). Allen Reformbemühungen zum Trotz gilt auch heute noch die Reduktion des Übens auf eine Disziplinartechnik: Übungen zielen auf den Leib, ob durch Automatisierung und Stillsitzen oder in der sozialpädagogischen, »indirekten« und reflektierenden Disziplinierung im »Trainingsraum« (vgl. Bröcher 2005, Jornitz 2005). Übungen sind probate Mittel, über den »Körper«, über den »Geist« oder über die vernünftige Selbstbeherrschung, die gesellschaftliche Ordnung und die sozialen Normen »einzuleiben« ( картинка 130 Kap. 5.3).

Geistige Übungen findet man in der neuzeitlichen Philosophie. Die philosophische Meditation als geistige Übung wird die bestimmende Form. Meditieren als philosophische Praxis äußert sich nicht nur in Texten, etwa in den »Meditationen« von Descartes (1985) oder Husserl (1992). Husserls Phänomenologie kann beispielsweise als eine »einzige, unablässige Meditation« (Fink 2004b, S. 207) über Tage, Wochen und Jahre gelesen werden, die sich in Tausenden von stenographischen Forschungsmanuskripten niederschlägt (vgl. ebd., S. 220). Meditieren zeigt sich hier als ein radikales »Sich-auf-sich-selbst-stellen«, als eine existenzielle Lebensform, die sich in einer Denkleidenschaft und einem habituellen Stil äußert (vgl. Fink 2004a, S. 81). Philosophische Meditationen nehmen das alte Thema der prosoché, der Aufmerksamkeit sich selbst gegenüber, auf und treiben es bis an die Grenzen der Reflexion und des Ich voran ( картинка 131 Kap. 6). 8

In den Meditationen von René Descartes und in der »ethischen Asketik« Kants wird Übung als eine Operation der Urteilskraft (Kant 1977a, KrV B 172) gesehen, mit der die Regeln und Gesetze der Vernunft in Können umgesetzt werden. Nietzsche versucht mit dem Projekt der Stil- und Formgebung durch leiblich-geistige Askesen den Dualismus von Körper und Geist zu überwinden. Die kulturellen Praktiken der körperlichen Übungen (sportliche Athletik), der musikalischen Übungen (Instrumentalisten, Virtuosen), der gezielten Übungen in spezifischen Leistungsdomänen (z. B. Schach), der geistigen Übungen der intellektuellen Disziplinen sowie geistige und geistliche Meditationsformen (Zazen) bilden heute spezialisierte und differenzierte Formen beachtlicher Expertenschaft aus.

Diese Expertisierung in Sachen Übung lässt sich exemplarisch am Violinisten, Artisten und Kunstschwimmer Carl Hermann Unthan zeigen. Unthan, armlos geboren, hatte durch Übung erreicht, dass er ohne fremde Hilfe selbstständig für sich sorgen konnte. Er konnte zudem virtuos Violine spielen und erlangte Ende des 19. Jahrhunderts einige Berühmtheit. Unthan war einer jener Artisten, die der Philosoph Peter Sloterdijk exemplarisch als »homo repetivivus« und »homo artista« anführt (vgl. Sloterdijk 2009, S. 24).

Abb 7 Carl Hermann Unthan Fußkünstler Lobe 1868 S 438 Nach Sloterdijk - фото 132

Abb. 7: Carl Hermann Unthan – Fußkünstler (Lobe, 1868, S. 438).

Nach Sloterdijk zeigt sich an und mit Unthan eine kulturgeschichtliche Tendenz, mit der sich eine »Renaissance« (ebd., S. 264) der Übung und eine Säkularisierung und »Entspiritualisierung der Askesen« (ebd., S. 150) verbindet. Diese verkörpern »Akrobaten des Körpers und Geistes« wie Rilke, Kafka, Cioran, aber auch der neoklassische Athletismus der olympischen Bewegung Coubertins und nicht zuletzt die aufkommende »Krüppelbewegung«, mit der Unthan verbunden war. Diese profanen Praktiken belegen einerseits die ganze Produktivität und Effektivität des Übens. Andererseits wird die »Wiederkehr des Übens« zu einem Kennzeichen der säkularen, westlichen Moderne, in der der Perfektionsgedanke des Einübens, Ausübens und Sich-Übens mit einem ökonomischen, politischen und biopolitischen Paradigma der Optimierung zusammengeschaltet wird (vgl. Brinkmann 2010). Ich werde später zeigen, wie im Üben einerseits eine Selbstbekräftigung und Individualisierung stattfindet, die andererseits auch eine Subjektivierung und Unterwerfung unter äußere Normen zur Folge hat. Im Modus eines »freiwilligen Gehorsams« (Foucault) verschränken sich im Üben Macht, Wissen und Selbst ( картинка 133 Kap. 5.3), sodass das übende Subjekt normalisiert wird und sich gerade darin Freiheits- und Spielräume eröffnen, die Leistungen wie jene von Unthan möglich machen.

2.1 Wiederkehr der Übung?

In der letzten Dekade zeichnet sich auch im öffentlichen und wissenschaftlichen Diskurs eine Wiederkehr der Übung ab. In der Soziologie, Philosophie, Psychologie und den Erziehungswissenschaften rückt das Üben vermehrt in den Fokus. Sloterdijk (2009) betont, wie am Beispiel Unthans dargestellt, den Perfektionismus der Übung. Der Fokus liegt bei ihm darauf, etwas nicht nur zu können, sondern etwas willentlich immer besser zu können und damit die Möglichkeit zu haben, sein Leben zu ändern und zu verbessern. Er betrachtet unterschiedliche Bereiche wie Religion, Wissenschaft, Kunst, Sport und Pädagogik. Seine These lautet, dass sich spätestens mit der »anthropotechnische(n) Wende« (ebd., S. 139) um 1900 eine Rehabilitierung der alteuropäischen Askese ereignete, die sich in den Akrobaten des Körpers (olympische Bewegung, Sportlerinnen und Sportler) und des Geistes (Schriftstellerinnen und Schriftsteller) ankündigt. Diese gelangen durch Übung zu bis dahin ungeahnten Leistungen, die jeweils von nachgeborenen Expertinnen und Experten immer wieder übertroffen werden. Mit dem Aufruf »Du musst dein Leben ändern!« verbindet sich so die Hoffnung auf eine gesteigerte kulturelle Evolution. Sloterdijks Vorhaben, die Übung von den christlichen Buß-Praktiken zu lösen und die produktiven Bezüge zwischen Askese und Übung in Selbstsorge und Selbstperfektionierung zu betonen, ist nur zu begrüßen. Allerdings ist in seiner perfektionszentrierten Darstellung eine Sicht auf Übende jenseits von Leistungs- und Outputorientierung nicht gegeben (vgl. Brinkmann 2010).

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