Malte Brinkmann - Die Wiederkehr des Übens

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Üben ist eine Praxis, die einen produktiven, verstehenden und kritischen Zugang zu Kultur und zu demokratischen Gemeinschaften ermöglicht. Das Buch unternimmt daher eine Rehabilitierung des Übens als leibliche und geistige, wiederholende und kreative Praxis, mit der ein grundlegendes Verhältnis zu sich, zu Anderen und zur Welt konstituiert wird. Üben und Übung werden in ihren zentralen Strukturen vorgestellt und erfahrungs-, bildungs-, sozial- sowie erziehungstheoretisch ausgewiesen. Dabei wird gezeigt, dass Praxen wie Bewegen, Verstehen, Urteilen, Kritisieren und Unterrichten ein- und ausgeübt werden. Im Üben wird zudem das Verhältnis der Übenden zu sich (trans-)formiert. Leibliche, motorische, geistige, meditative, schulische und didaktische Übungen werden systematisch unterschieden und in ihren unterschiedlichen pädagogischen Feldern analysiert.

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Im antiken Griechenland gilt: Reines Wissen (episteme) oder schiere Kunstfertigkeit (techne) ohne Übung ist ebenso sinn- und nutzlos wie Übung ohne Wissen und Kunstfertigkeit. Die praktischen Übungen sind mit den Praktiken des Wissens verzahnt und werden als Selbstsorge und Lebenskunst gepflegt. Nicht die Unterwerfung unter ein moralisches Gesetz oder eine soziale Norm, sondern der tüchtige und tugendhafte Lebenswandel (arete) ist Ziel der Übung. Tugend gilt in der Antike nicht als Zustand der Reinheit (wie im Christentum), auch nicht als kognitiv zu erreichende moralische oder ethische Kompetenz, sondern als ein Verhältnis zu sich selbst, das eine Praxis ist und auf ein Können bzw. ein Selbst-Können zielt. In der griechischen Terminologie heißt dieses Selbst-Verhältnis und Selbst-Können Selbstsorge (epimeleia heautou). Sie macht Übungen notwendig, die mit einer Aufmerksamkeit und Achtsamkeit für sich selbst und für Andere einhergehen (vgl. Foucault 1990a, S. 97). Foucault nennt drei Praktiken (pratiques) oder Übungen 6 der Selbstsorge: »(…) in der Diätetik als Kunst des Verhältnisses des Individuums zu seinem Körper; in der Ökonomik als Kunst des Verhaltens des Mannes als Oberhaupt der Familie; in der Erotik als Kunst des wechselseitigen Benehmens des Mannes und des Knaben in der Liebesbeziehung« (ebd., S. 123). Dazu gehören Tugenden wie Mäßigung (sophrosyne) und Selbstbeherrschung (enkrateia). Zu einem gelingenden Leben (eudaimonia) tragen nach Aristoteles im Wesentlichen Übungen bei, weil nur eine wiederholte Handlung Tugend zur Haltung (ethos) werden lässt:

»Denn das, was wir tun müssen, nachdem wir es gelernt haben, das lernen wir, indem wir es tun. So wird man durch Bauen ein Baumeister und durch Zitherspielen ein Zitherspieler. Ebenso werden wir durch gerechtes Handeln gerecht (…)«. (Aristoteles 1985, S. 1103a f.)

Üben als Sorge um sich hat also eine ethische Dimension. Diese kann nur praktisch, d. h. in konkreten Tätigkeiten wiederholend eingeübt und ausgeübt werden. Sie manifestiert sich in einem ethischen Handeln, das sich zu einer Haltung (griech.: ethos) verdichtet. Etwas üben und können korreliert also mit einem Verhältnis des Übenden zu sich selbst. Ich werde in den Kapiteln 8.4 und 8.5 diese durch Üben zu kultivierende Haltung am Beispiel der Kritik und des professionellen Ethos von Lehrpersonen genauer darstellen. Hier gewinnt das Phänomen dann seine ethische Dimension durch Ausprägung von Haltungen wie Treue, Redlichkeit (»Üb immer Treu und Redlichkeit«) oder Kritik (»Kritik üben«). Üben und Übung zielen also nicht nur auf eine Sache, die geübt wird und im frühen und wiederholten Üben besser gekonnt werden soll. Sie zielen nicht allein auf die Aneignung einer Technik, mit der die Sache geübt wird. Üben und Übung zielen auch auf den Übenden selbst, auf seine Haltungen und Einstellungen, die sich in seinem Handeln zeigen können ( картинка 122 Kap. 6.3).

Aristoteles führt den Zusammenhang von Ethos, Moral und Handlung (pragma) in seiner Rhetorik genauer aus (vgl. Aristoteles 1999). Ethos bezeichnet in diesem Zusammenhang die Glaubwürdigkeit einer Person, die Übereinstimmung von Worten und Charakter (sog. Selbstwirksamkeitsüberzeugungen, vgl. Habel 2006, S. 75). Aristoteles stellt ethos in den Zusammenhang mit pathos und logos. Logos bezieht sich auf das vernünftige Argument, auf die Sach- und Problemebene. Pathos bezieht sich auf die zu erreichende produktive Einstimmung der Adressaten, auf ihre Emotionen und ihre Aufmerksamkeit, d. h. auf die Teilnehmerinnen- und Teilnehmer-Orientierung, welche auf Responsivität, Achtsamkeit und Pathos (Ergriffensein) basiert. Ethos ist das vermittelnde Dritte im Sinne einer stellungnehmenden, positionierenden Entscheidungs- oder Verständigungsfähigkeit (vgl. Hügli 2006). Diese moralische Entscheidungs- und Verständigungsfähigkeit bezeichnet Aristoteles als phronesis, eine verständige bzw. praktische Klugheit, die als Mit-Anderen-zu-Rate-gehen, als Hin-und-herüberlegen und als gemeinschaftliches, soziales und politisches Urteilen und Beraten bestimmt wird (vgl. Fink 1970b, S. 206 ff.; картинка 123 Kap. 8.4). Phronesis ist weder nur angeboren (physis) noch nur reines Wissen (mathesis), sondern beruht auf Erfahrung (empeireia) und Handeln (praxis). Phronesis ist gekonnt und wird geübt. Phronesis kann als ein gemeinschaftliches Urteilen bestimmt werden, das auf eine praktische Lebensklugheit zielt. Sie vermittelt Theorie und Praxis, Wissen und Können ( картинка 124 Kap. 8.5 ).

Der Grundsatz der Lebenskunst und der Selbstsorge, dass das gelingende Leben der praktischen Übung bedarf, behält in der römischen Kaiserzeit, aber auch im Mittelalter Geltung. Nietzsche, Rabbow, Foucault und Hadot betonen die Kontinuität der Selbstpraktiken. Diese erhalten allerdings im Christentum einen anderen Schwerpunkt. Der Hauptwandel liegt darin, dass das Ziel der Selbstsorge nunmehr in einer jenseitigen Transzendenz statt in diesseitiger Selbstbeherrschung der Sinnlichkeit liegt. Die christliche Subjektivierung der oder des Übenden im Zeichen einer Askese der Keuschheit, die Foucault exemplarisch bei Cassian und Augustinus untersucht, nimmt die Form eines »geistigen Kampfes« mit der »Macht des Anderen, dem Widersacher« an (Foucault 1990a, S. 32). Dieser ist gebunden an die »Verpflichtung, die Wahrheit über sich selbst zu suchen und zu sagen«, was »zu einer unendlichen Objektivierung seiner selbst durch sich selbst führt« (ebd., S. 37). 7

Schon im römischen Hellenismus rücken als Ziel der übenden Selbstsorge Selbsterkenntnis und Wahrheit an die Stelle von Erfahrung und Handeln. Das Christentum treibt die Tendenz der Verinnerlichung und Individualisierung im Zeichen der Keuschheit, des versprochenen Heils und des kirchlichen Gehorsams weiter voran. Praktische Übungen werden in den Mönchsorden und in den kirchlichen Institutionen an ein persönliches Abhängigkeits- und Gehorsamsverhältnis sowie an das Beichtritual gekoppelt. Sie sind nun Praktiken der Entzifferung des geheimen und verborgenen, »sündigen« Ich. Religiöse Übungen (Exerzitien) haben das Ziel, dass der Übende in ein Verhältnis zu Gott treten soll. Sie sollen Selbstüberwindung und Selbstordnung ermöglichen. Zugleich zeigt sich in der »pastoralen Machtform« (Foucault) eine Ambivalenz zwischen Freiheit und Unterwerfung bzw. zwischen Selbstsorge und Fürsorge, die die eigentümliche Produktivität der Exerzitien ausmacht ( картинка 125 Kap. 5.3). Ich werde anhand der »Geistlichen Übungen« von Ignatius von Loyola zeigen, dass das nach innen gerichtete Ziel der Selbstsorge als Selbstüberwindung didaktisch auf eine ganze Reihe von »äußerlichen« Einzelzielen heruntergebrochen und durch ein System von Veranschaulichungen, Inszenierungen und Hilfen unterstützt wird, die eine stufenweise Progression ermöglichen sollen. Bei Ignatius findet sich über die antike Tradition der praktischen Übung und der Rhetorik hinaus eine Fülle von ästhetischen Übungsformen, die auf die »Anwendung der Sinne« (von Loyola 2006) zielen. Sie geben auch für heutige Leser sehr interessante und produktive Hinweise für eine Übung der Imagination bzw. Phantasie ( картинка 126 Kap 8.2; vgl. Brinkmann 2014c).

Sowohl die ästhetisch-sinnliche als auch die praktisch-ethische Dimension der Übung geht in der Neuzeit weitgehend verloren. Der harmonische und kosmologische Zusammenhang zwischen Denken bzw. Wissen, Handeln und Wollen, der die Antike und das Mittelalter bestimmte, ist in der Neuzeit zerbrochen. Für die neuzeitliche Pädagogik stellt das eine Chance dar, weil nun weniger autoritative Vorgaben Üben, Lernen und Erziehung leiten. Im öffentlichen Bildungssystem können familiäre Sozialisation, althergebrachte Tradition und gesellschaftliche Konvention überwunden und erweitert werden. Kritik wird zum wichtigen Organ moderner und wissenschaftlicher Diskurse – eine Praxis, die ebenfalls geübt werden muss ( картинка 127 Kap. 8.4). Säkularisierung und Verwissenschaftlichung stellen für die moderne Pädagogik aber auch eine große Herausforderung dar. Neuzeitliche Pädagogik ist nun mit einer doppelten Kontingenz konfrontiert. Sowohl die individuelle Biographie als auch der künftige Beruf der Kinder ist unbestimmt und offen. Das öffentliche Bildungssystem hat nun die Aufgabe, jedem Einzelnen Möglichkeiten zu bieten, um seine individuellen Anlagen, Perspektiven und Schwerpunktsetzungen verwirklichen zu können. Es versucht mit dem Anspruch auf Allgemeinbildung und Bildungsgerechtigkeit gesellschaftliche Ungleichheit abzubauen und zu kompensieren. Es erzeugt aber zwangsläufig auch neue Ungleichheiten. Weil es nun keine allgemeinverbindlichen Werte mehr gibt, sondern nur noch Orientierungspunkte, die gesellschaftlich und wissenschaftlich strittig sind, werden ethische und moralische Fragen auch zum Streitfall in der Pädagogik. Unsicher werden daher auch die Ziele, Normen und Praxen der Erziehung. An die Stelle von Harmonie und Eindeutigkeit treten Differenz, Unterschied, Pluralität und Kontingenz ( картинка 128 Kap. 4). Das Vermittlungshandeln der Pädagoginnen und Pädagogen kann sich nicht mehr auf die Vermittlung von vermeintlich eindeutigen und allgemeingültigen Werten beziehen, sondern muss in einer reflexiven Wendung die Wertbildung bzw. Ethosbildung unter Bedingungen von Pluralität und Differenz zum Thema machen. Alle Versuche, im Sinne einer Werteerziehung auf vermeintlich vorgegebene Identitäten zurückzugreifen (heißen sie »Volk«, »Heimat«, »Gott«, »Allah« oder »Sozialismus«), führen in plurale Bestimmungen. Die Pädagogik als Vermittlungshandlung hat damit die Aufgabe, auch plurale und differente Begründungslogiken von Werten in ihren Unterschieden zu thematisieren. Sie hat in die Pluralisierung von Wissens- und Begründungsformen einzuführen, was nur auf dem Weg der Übung von Urteilen geht (vgl. Benner 2012, 2019).

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