Auch die Größe der Wohnflächekann Anhaltspunkt für die Angemessenheit sein. Die Größe der Wohnfläche kann dabei das wichtigste objektivierbares Kriterium sein. 520Aufgrund des gestiegenen Wohnkomforts sollte der Begriff „angemessen“ beim der Wohnfläche zwar nicht zu eng ausgelegt werden. 521Ein bescheidenes, selbst genutztes Familienheim dürfte aber in aller Regel als angemessen anzusehen sein. 522
Genaue Anhaltspunkte für die Angemessenheit der Wohnungsgröße fehlen jedoch in § 90 Abs. 2 Nr. 8 SGB XII. Daher wird überwiegend 523die angemessene Wohngröße noch von den Regelungen der Bezugsgrößen des früheren Zweiten Wohnungsbaugesetzes 524hergeleitet (§ 39 Abs. 1 WoBauG II aF.). § 90 Abs. 2 Nr. 8 SGB XII verweist zwar nicht mehr auf diese Regelung, jedoch dienen die hierin enthaltenen Werte aus Gründen der Gleichbehandlung nach wie vor als Orientierung.
Die Gegenauffassung 525nimmt die gem. § 10 WoFG in Verbindung mit den landesrechtlichen Bestimmungen 526getroffenen, jedoch nicht einheitlichen, Werte als Bemessungsgrundlage. Die maximale angemessene Größefür 1 Person liegt hierbei zwischen 45 und 50 m², für 2 Personen bei 60 m² bzw. wird pro weitere Person weitere 15 m² an Wohnungsfläche zugrunde gelegt. Es wird hierbei auch eine Überschreitung von bis zu 5 m² als zulässig erachtet. Das OLG Hamm 527hat die in § 18 Abs. 2 WFNG NRW 528genannten Werte zugrunde gelegt (50 m² Wohnfläche für alleinstehende Person; Haushalt mit zwei haushaltsangehörigen Personen = 65 m² Wohnfläche; für jede weitere haushaltsangehörige Person weitere 15 m²; weitere 15 m² bei Vorliegen besonderer persönlicher oder beruflicher Bedürfnisse).
85 Als angemessen können daher nach der h. M. folgende Wohnflächen – auch unter Berücksichtigung der Anzahl der hierin wohnenden Personen – herangezogen werden:
– bei einer Eigentumswohnung: bis ca. 120 m² Wohnfläche; 529
– bei einem Familienheim(bis zu 4 Personen) mit einer Wohnung: bis zu 130 m²; 530
– bei Wohnen in zwei Wohnungen innerhalb eines Familienheims: bis zu 200 m² (wobei keine der einzelnen Wohnungen größer als 130 m² sein darf).
Darüber hinaus gibt es eine Vielzahl von Einzelentscheidungen. Bewohnt der Rechtsuchende ein Haus allein, so ist eine angemessene Wohnfläche mit höchstens 70 m² zu berücksichtigen. 531Bewohnt er eine zu Wohnzwecken umgebaute Scheune, so wurde die angemessene Wohnfläche mit 82,53 m² berücksichtigt. 532Dagegen ist ein Wohnhaus mit Wohnraum von mehr als 160 m² für einen 2-Personen-Haushalt als Vermögen einzusetzen. 533Ein Haus mit ca. 200 m² Wohnfläche für einen Zweipersonenhaushalt überschreitet die Angemessenheitsgrenze deutlich. 534Ein Einfamilienhaus mit einer Wohnfläche von 140 m² und einem 590 m² großen Grundstück ist kein kleines Hausgrundstück mehr; 535ebenso ein allein bewohntes Einfamilienhaus mit 146 m² Wohnfläche. 536Überschreitet eine selbstgenutzte Eigentumswohnung, die der Rechtsuchende allein bewohnt, eine Wohnfläche von mehr als 80 m², so fällt diese nicht mehr unter das Schonvermögen. 537
Die Ausübung eines Berufs oder Gewerbes im eigenen Hausdes Rechtsuchenden rechtfertigt eine Überschreitung der Wohnflächengrenzen. 538Die Geschäftstätigkeit darf dabei nicht überwiegen.
Bei weniger als 4 Personen kann pro Personein Abzug bis zu 20 m²erfolgen, 539für jede weitere Person erhöht sich der Wohnbedarf um 20 m². 540Für zwei Personen sind 90 m² angemessen. 541Eine Eigentumswohnung mit einer Wohnfläche von insgesamt 121 m² ist bei einem dreiköpfigenHaushalt nicht mehr angemessen. 542
Auch der Verkehrswertbzw. der Wert der Immobilie eines eigengenutzten Hausgrundstücks kann für die Frage, ob ein solches als angemessen i. S. d. § 90 Abs. 2 Nr. 8 SGB XII anzusehen ist, eine Bezugsgröße von erheblichem Wert darstellen. 543
Man kann sich dabei an vorhandenen Wertgutachten, örtlichen Bodenrichtwerten oder durchschnittlichen Baukostenorientieren. Ein Haus im Wert von 128.000,00 EURO mit 100 m² Wohnfläche, bewohnt von einer Person, ist z. B. als Vermögen einzusetzen. 544Ebenso bewegt sich weder eine Grundstücksgröße von 543 m² noch ein Verkehrswert in Höhe von 178.000,00 EURO für eine Person in einem angemessenen Bereich. 545
Bei einem Grundstück mit einer Größe von 763 m² und einer Wohnfläche von 170 m² handelt es sich nicht mehr um ein angemessenes Hausgrundstück im Sinne des § 90 Abs. 2 Nr. 8 SGB XII. 546
Bezüglich der Berechnung der Anzahl der Personenkann man sich an sozialhilferechtlichen Bestimmungen orientieren. Hiernach werden neben dem Rechtsuchenden die nach § 19 Abs. 1 bis 3 SGB XIIeinsatzpflichtigen Personen (der nicht getrenntlebende Ehegatte/Lebenspartner und Eltern) sowie der Partner in ehe- oder lebenspartnerschaftsähnlichen Gemeinschaften geschützt.
Darüber hinaus lassen sich hierunter auch die „ Angehörigen“ i. S. d. § 16 Abs. 5 SGB Xverstehen. Dies sind z. B. Geschwister, Onkel und Tanten, Neffen und Nichten, Schwägerinnen und Schwager, aber auch Pflegekinder und Pflegeeltern. Daher sind hier auch nicht unterhaltsberechtigte Personen wie volljährige Kinder mitzurechnen. § 90 Abs. 2 Nr. 8 SGB XII spricht nur von Angehörigen, nicht von unterhaltsberechtigten Angehörigen. Bezüglich dieser Angehörigen ist dann im Rahmen der Einkommensermittlung des Rechtsuchenden ein erhöhter Anspruch auf eine angemessene Miete und Nebenkostenbeteiligung zu berücksichtigen. 547
In Bezug auf die Grundstücksgrößeerscheinen angemessen:
– ein Reihenhausbis zu einer Grundstücksgröße von 250 m²;
– eine Doppelhaushälfteund Reihenendhausbis zu 350 m²;
– ein frei stehendes Hausbis zu 500 m².
Die bebaute Grundfläche und die Größe des Grundstücks dürfen so beschaffen sein, dass die oben genannten Grenzen für eine angemessene Wohnfläche ausreichend sind. 548Dies gilt auch für den Garten und die Terrasse. 549Ein Schwimmbad oder Partyraum gehören nicht zum üblichen Standard, eine zusätzliche Garage ist dagegen unschädlich. 550
86Fällt die Immobilie unter das Schonvermögen, so scheidet eine Verwertung und Beleihung aus. 551Fällt diese nicht unter das Schonvermögen, ist sie zur Finanzierung der Kosten grundsätzlich einsetzbar. Zu prüfen ist jedoch, ob eine Beleihungoder Verwertungder Immobilie auch zumutbarerscheint. Hierbei muss eine Gesamtbetrachtung der Einzelfallumständeerfolgen. 552
86aVoraussetzung der zumutbaren Verwertung ist es, dass diese zunächst überhaupt möglich erscheint und diese auch zeitnah durchführbar ist. In diesem Zusammenhang ist daher immer die Überlegung anzustellen, dass eine Veräußerung einer Immobilie inklusive der Abwicklung – sei es ein Hausanwesen oder ein Miteigentumsanteil – in der Regel eine gewisse Zeit in Anspruch nimmt. 553Eine solche doch mitunter komplexe Gestaltung erscheint daher kaum zeitnah genug, um im Einklang mit der begehrten Beratungshilfe zu stehen. Es ist weiter zu prüfen, ob unter diesem Gesichtspunkt auch ein angemessenes Verhältnis zur beabsichtigten Rechtswahrnehmung vorliegt. Allein die Tatsache, dass eine Verwertung nicht kurzfristig erfolgen kann, führt ohne weitere Prüfung nicht zur Unzumutbarkeit. 554Ein 120 Jahre altes und belastetes Wohnanwesen ist z. B. nicht kurzfristig verwertbar. 555
Gerade die Veräußerung von Miteigentumsanteilennimmt aufgrund der notwendigen Zustimmung anderer Miteigentümer naturgemäß eine gewisse Zeitdauer in Anspruch. Es ist gerade im Rahmen der Beratungshilfe fraglich, ob hier überhaupt eine zeitnahe Verwertung möglich und zumutbar ist. 556Wenn eine rasche Veräußerung ausscheidet, ist eine Verwertung daher hier nicht zumutbar. Eine Teilungsversteigerung scheidet damit vorliegend aus, da diese einige Zeit in Anspruch nimmt. 557
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