Hat der Rechtsuchende neben dem kleineren Barbetrag noch weiteres Vermögen, z. B. ein angemessenes Hausgrundstück, so ist ihm dennoch der Notgroschen zu belassen. 486Das Schonvermögen ist auch neben einem Altersvorsorgevermögens gem. § 90 Abs. 2 Nr. 2 SGB XII zu belassen. 487
Ist Vermögen zu verwerten, so fällt der erzielte Erlösnicht unter § 90 Abs. 2 Nr. 9 SGB XII, auch dann nicht, wenn dieser unterhalb des genannten Freibetrages liegt. 488
Ein den Schonbetrag gem. § 90 Abs. 2 Nr. 9 SGB XII übersteigendes Bausparguthabenist grundsätzlich zur Finanzierung der Prozesskosten einzusetzen. 489Gleiches gilt, wenn das Vermögen in angemessener Zeit durch Beleihung in liquide Mittel umsetzbar ist, auch wenn der Vertrag durch die Eltern des Rechtsuchenden „bedient“ wird, aber der Rechtsuchende Anspruchsinhaber ist. In diesem Fall wird es seinem Vermögen zugeordnet. 490Ebenfalls ist dieser einzusetzen, wenn hierin für die Leistung nach dem Todesfall Kinder als Berechtigte bestimmt worden sind. Der Leistungsanspruch entsteht erst mit dem Eintritt des Todes, § 331 Abs. 1 BGB, ein Anwartschaftsrecht entsteht vorliegend nicht. 491
Ein Einsatz kommt allerdings nicht in Betracht, wenn dem Rechtsuchenden die vorzeitige Kündigung des Vertrages nicht zuzumuten ist, weil er hierdurch unverhältnismäßig hohe Nachteile erleiden würde, wie z. B. der Verlust des Darlehensanspruchs mit geringem Zins, Verlust der Bearbeitungsgebühr, der Wohnungsbauprämie und der Arbeitnehmersparzulage, 492ggfs. ist aber zu prüfen, ob der Vertrag beliehen werden kann. Auch spielt es keine Rolle, ob sich aus einem höheren Betrag Zinserträge erzielen lassen, gerade auch bei einem sehr niedrigen Zinsniveau.
Des Weiteren ist das Bausparguthaben nicht einzusetzen, wenn der Rechtsuchende bereits ein Grundstück oder Haus gekauft hat, bevor er mit dem Anfall von Kosten rechnen konnte und er den Kaufpreis mit dem Bausparguthaben bezahlen muss, dieser also verbindlich in der Finanzierung des Bau- oder Erwerbsvorhabens berücksichtigt ist. 493Hat der Rechtsuchende jedoch Kenntnis von einem bevorstehenden kostspieligen Prozess, dann darf er sich nicht vorhandenem Vermögen, insbesondere Bausparguthaben, entledigen. 494
Die Verwertung eines Bausparvertrages, der aus vermögenswirksamen Leistungen finanziert wird, ist ebenfalls unzumutbar. 495
Eine aus Bausparguthaben gebildete Rücklage für die Durchführung von Reparaturarbeiten am Dach sowie zu Maßnahmen der Trockenlegung und Wärmedämmung am selbstbewohnten Familienheim ist grds. nicht einzusetzendes Vermögen. 496
Dies gilt auch dann, wenn die Partei nicht mehr frei über den Vertrag verfügen kann (z. B. kombinierter Tilgungs- und Bausparvertrag).
Der Bausparvertrag stellt ferner kein einzusetzendes Vermögen dar, wenn er zur Ablösung eines Zwischenfinanzierungsdarlehensbesteht und eine alsbaldige Ablösung bevorsteht. 497Ebenso soll es kein einzusetzendes Vermögen sein, wenn dieses zur Finanzierung eines zur Erwerbstätigkeit notwendigen Pkw eingesetzt wird. 498
Praxistipp:
Ob der Einsatz von Bausparguthaben zur Finanzierung der anfallenden Gebühren und Auslagen erfolgen muss, ist jeweils am konkreten Einzelfall zu prüfen und entsprechend abzuwägen. 499
Eine Härte ist vor allem dann zu bejahen, wenn eine angemessene Lebensführung oder die Aufrechterhaltung einer angemessenen Alterssicherung wesentlich erschwert würde.
Sollten Vermögenswerte in Ansehung eines bevorstehenden Rechtstreits vermindert werden, die sich nicht auf dem Erwerb von lebensnotwendigen Anschaffungen beziehen, so sind diese fiktiv dem vorhandenen Vermögen hinzuzurechnen. 500
82 b) Hausgrundstücke (§ 90 Abs. 2 Nr. 8 SGB XII).Dem Rechtsuchenden soll die eigene Wohnungoder das eigengenutzte Hauserhalten bleiben. Dies gilt auch für Wohnungseigentum und Miteigentumsanteile. Garten, Terrasse, eingelassener Pool sowie die Ausgestaltung dieser fallen hierunter.
Der Zweck liegt hier in dem Schutz des Familienheims, wobei sich der Schutz nur auf selbstgenutzte Objekteerstreckt. Der bedürftigen Partei soll der Mittelpunkt ihres bisherigen sozialen Lebens erhalten bleiben und sie davor bewahren, ein schon vorhandenes privilegiertes Eigenheim zur Finanzierung der Kosten veräußern zu müssen. 501Sofern der Rechtsuchende das Hausgrundstück in absehbarer Zeit ohnehin veräußern will, zählt dieses grundsätzlich zu seinem einzusetzenden Vermögen. 502
Neben bebauten Grundstücken zählen als Hausgrundstück auch Häuser aufgrund Erbbaurechten, Eigentumswohnungen 503und andere Dauerwohnrechte sowie der Wohnwagen eines Schaustellers. 504
83 Sonstiges Immobilienvermögenfällt nicht unter den Schutzzweck des Schonvermögens und ist zu verwerten. 505Vermietetes, nicht selbstgenutztes Grundeigentum gehört daher nicht zum Schonvermögen i. S. d. § 90 Abs. 2 Nr. 8 SGB XII und ist für die Prozesskosten einzusetzen. 506Eine vermietete Eigentumswohnungist ebenfalls einzusetzen. 507
Unbebaute Grundstücke, landwirtschaftliche Flächen, Bauplätze, Waldgrundstücke sind kein Schonvermögen. Landwirtschaftliche Grundstücke, die für einen landwirtschaftlichen Betrieb benötigt werden, können dagegen unter das Schonvermögen fallen. 508
Zu beachten ist in diesem Zusammenhang jedoch § 90 Abs. 2 Nr. 3 SGB XII: Soll das Immobilienvermögen (z. B. der Bauplatz) zu späteren Wohnzwecken Menschen mit erheblichen Teilhabeeinschränkungen, Blinder oder Pflegebedürftigerdienen, und würde dieser Zweck durch den Einsatz oder die Verwertung des Vermögens gefährdet werden, ist es ebenfalls geschützt. Der bloße Einwand des Rechtsuchenden, er benötige ein Flurstück zur Schaffung von angemessenem Wohnraum, steht einer Verwertung nicht entgegen. 509
Auch sind Mehrfamilien- oder Geschäftshäuser(z. B. ein Drei-Familien-Haus) nicht unter den Schutzzweck einzuordnen. 510Ggfs. ist hier vor einer Verwertung auch die Möglichkeit zu prüfen, ob Wohnungseigentum gebildet werden kann und die nicht von dem in § 90 Abs. 2 Nr. 8 SGB XII genannten Personenkreis bewohnten und angemessenen Wohnungen können dann verwertet werden. 511Gleiches gilt für Eigentum, welches nur als bloße Kapitalanlagedient und nicht selbst bewohnt wird. 512
Ein Zwei-Familien-Haus, in dem eine Wohnung mit einem Wohnrecht z. B. der Eltern belastet ist, fällt jedoch in das Schonvermögen. 513Das Immobilienvermögen ist daher in diesen Fällen weder zu verwerten noch zu beleihen.
Gibt der Rechtsuchende die Eigennutzungsabsichtüber das noch selbst bewohnte Hausanwesen auf, so entfallen die Schutzwirkungen. 514
Ein Hausanwesen/Ferienhaus/Wochenendhaus im Auslandist kein Schonvermögen. 515Kann es nicht veräußert werden, ist eine Vermietung in Betracht zu ziehen.
Grundsätzlich ist auch der Miteigentumsanteilan einem nicht selbst bewohnten Hausgrundstück einzusetzen. 516Hierbei ist jedoch der Aspekt einer zeitnahen und möglichen Verwertungsmöglichkeit zu beachten, sh. Rn. 86a.
84Bewertungsfaktoren:
Ob das Immobilienvermögen angemessen ist und zum Schonvermögen gehört, richtet sich nach personenbezogenen und sach- und wertbezogenen Kriterien. 517Die Zumutbarkeitist dabei immer eingehend zu prüfen, 518allgemeine Obergrenzen gibt es nicht.
Bewertungsfaktoren für eine Angemessenheitkönnen dabei z. B. die Anzahl der Bewohner, besondere Bedürfnisse der Bewohner, Grundstücksgröße, Innenausstattung, Zuschnitt der Wohnung, Lage etc. sein. 519
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